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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Hochzeit-Gedichte.
So würd' ers wasser nicht wie siedend von sich schicken/
Kein meerschwein leihet dem Arion seinen rücken/
Das/ wie sein gantz geschlecht/ nicht auch zu lieben weiß.
Noch mehr/ die wellen selbst umarmen strand und klippen/
Sechs stunden küßt die fluth der ufer feuchte lippen/
Sechs stunden schläfft die ebb' in hohler ströme schooß.
Die silberne Dian drückt selbst die grünen brüste
Des schilffichten Neptuns/ wann sie der see gerüste
Zweymahl in tag und nacht macht klein und wieder groß.
Der himmel gleichesfals muß sich zur liebe schicken/
Er lässet sie mit gold auff blauen atlaß sticken/
Von Phöbus sonnen-rad biß auf sein kleinstes kind/
Es liebet sonn und mond/ es lieben alle sternen/
Endymion läst es zusamt der Daphne lernen/
Daß auch die irrenden im lieben standhafft sind.
Des nordens kalter bär hat ehmahls selbst gebrennet/
Die leyer zeuget noch/ wies Orpheus fuß gerennet
Um sein' Euricide/ selbst in Avernus nacht.
Des thier-kreiß zweytes bild hält noch die brunst verstecket/
Die eifersucht hat in Jnnonens brust erwecket/
Als um Europen sich ihr mann zum stier gemacht.
Wie liebet Titan nicht der erden alte glieder?
Er machet alle jahr zu seiner braut sie wieder/
Wann er die berg' erwärmt biß in der thäler grufft.
Der himmel lächelt zwar mit mehr als Argus augen;
Doch wenn die lied ihm will der kräffte marck aussaugen/
So seuffzt sein klagend mund mit donner durch die lufft.
Diß stellet uns zwar vor ein schönes bild der liebe/
Doch kan ein kluger geist liebreichre liebes-triebe
Am farben-reichen rock beblümter gärten sehn/
Da mischet die natur/ wie Amor/ schnee und flammen/
Da fügt sie blaß und roth/ artzney und gifft zusammen/
Da läst sie nesseln-brand beym öhl der liljen stehn.
Daß in gekröntem haupt auch liebes-triebe wohnen/
Beweist das purpur-kleid der stoltzen käyser-kronen/
Die aber darum nicht von thränen-tropffen leer.
Die
Hochzeit-Gedichte.
So wuͤrd’ ers waſſer nicht wie ſiedend von ſich ſchicken/
Kein meerſchwein leihet dem Arion ſeinen ruͤcken/
Das/ wie ſein gantz geſchlecht/ nicht auch zu lieben weiß.
Noch mehr/ die wellen ſelbſt umarmen ſtrand und klippen/
Sechs ſtunden kuͤßt die fluth der ufer feuchte lippen/
Sechs ſtunden ſchlaͤfft die ebb’ in hohler ſtroͤme ſchooß.
Die ſilberne Dian druͤckt ſelbſt die gruͤnen bruͤſte
Des ſchilffichten Neptuns/ wann ſie der ſee geruͤſte
Zweymahl in tag und nacht macht klein und wieder groß.
Der himmel gleichesfals muß ſich zur liebe ſchicken/
Er laͤſſet ſie mit gold auff blauen atlaß ſticken/
Von Phoͤbus ſonnen-rad biß auf ſein kleinſtes kind/
Es liebet ſonn und mond/ es lieben alle ſternen/
Endymion laͤſt es zuſamt der Daphne lernen/
Daß auch die irrenden im lieben ſtandhafft ſind.
Des nordens kalter baͤr hat ehmahls ſelbſt gebrennet/
Die leyer zeuget noch/ wies Orpheus fuß gerennet
Um ſein’ Euricide/ ſelbſt in Avernus nacht.
Des thier-kreiß zweytes bild haͤlt noch die brunſt verſtecket/
Die eiferſucht hat in Jnnonens bruſt erwecket/
Als um Europen ſich ihr mann zum ſtier gemacht.
Wie liebet Titan nicht der erden alte glieder?
Er machet alle jahr zu ſeiner braut ſie wieder/
Wann er die berg' erwaͤrmt biß in der thaͤler grufft.
Der himmel laͤchelt zwar mit mehr als Argus augen;
Doch wenn die lied ihm will der kraͤffte marck ausſaugen/
So ſeuffzt ſein klagend mund mit donner durch die lufft.
Diß ſtellet uns zwar vor ein ſchoͤnes bild der liebe/
Doch kan ein kluger geiſt liebreichre liebes-triebe
Am farben-reichen rock bebluͤmter gaͤrten ſehn/
Da miſchet die natur/ wie Amor/ ſchnee und flammen/
Da fuͤgt ſie blaß und roth/ artzney und gifft zuſammen/
Da laͤſt ſie neſſeln-brand beym oͤhl der liljen ſtehn.
Daß in gekroͤntem haupt auch liebes-triebe wohnen/
Beweiſt das purpur-kleid der ſtoltzen kaͤyſer-kronen/
Die aber darum nicht von thraͤnen-tropffen leer.
Die
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[159/0175] Hochzeit-Gedichte. So wuͤrd’ ers waſſer nicht wie ſiedend von ſich ſchicken/ Kein meerſchwein leihet dem Arion ſeinen ruͤcken/ Das/ wie ſein gantz geſchlecht/ nicht auch zu lieben weiß. Noch mehr/ die wellen ſelbſt umarmen ſtrand und klippen/ Sechs ſtunden kuͤßt die fluth der ufer feuchte lippen/ Sechs ſtunden ſchlaͤfft die ebb’ in hohler ſtroͤme ſchooß. Die ſilberne Dian druͤckt ſelbſt die gruͤnen bruͤſte Des ſchilffichten Neptuns/ wann ſie der ſee geruͤſte Zweymahl in tag und nacht macht klein und wieder groß. Der himmel gleichesfals muß ſich zur liebe ſchicken/ Er laͤſſet ſie mit gold auff blauen atlaß ſticken/ Von Phoͤbus ſonnen-rad biß auf ſein kleinſtes kind/ Es liebet ſonn und mond/ es lieben alle ſternen/ Endymion laͤſt es zuſamt der Daphne lernen/ Daß auch die irrenden im lieben ſtandhafft ſind. Des nordens kalter baͤr hat ehmahls ſelbſt gebrennet/ Die leyer zeuget noch/ wies Orpheus fuß gerennet Um ſein’ Euricide/ ſelbſt in Avernus nacht. Des thier-kreiß zweytes bild haͤlt noch die brunſt verſtecket/ Die eiferſucht hat in Jnnonens bruſt erwecket/ Als um Europen ſich ihr mann zum ſtier gemacht. Wie liebet Titan nicht der erden alte glieder? Er machet alle jahr zu ſeiner braut ſie wieder/ Wann er die berg' erwaͤrmt biß in der thaͤler grufft. Der himmel laͤchelt zwar mit mehr als Argus augen; Doch wenn die lied ihm will der kraͤffte marck ausſaugen/ So ſeuffzt ſein klagend mund mit donner durch die lufft. Diß ſtellet uns zwar vor ein ſchoͤnes bild der liebe/ Doch kan ein kluger geiſt liebreichre liebes-triebe Am farben-reichen rock bebluͤmter gaͤrten ſehn/ Da miſchet die natur/ wie Amor/ ſchnee und flammen/ Da fuͤgt ſie blaß und roth/ artzney und gifft zuſammen/ Da laͤſt ſie neſſeln-brand beym oͤhl der liljen ſtehn. Daß in gekroͤntem haupt auch liebes-triebe wohnen/ Beweiſt das purpur-kleid der ſtoltzen kaͤyſer-kronen/ Die aber darum nicht von thraͤnen-tropffen leer. Die

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/175>, abgerufen am 09.11.2024.