Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochzeit-Gedichte.
Die stets gekrönte frucht der körnichten granaten
Läst an dem scharlach-schmuck der theuren blum' errathen/
Daß könige zu führn/ der liebe nicht zu schwer.
Was das verliebte Rom der heiligkeit geweihet/
Jst in dem purpur-hut von liebe nicht befreyet/
Diß stellets Cardinals blut-rothe blume für.
Und hat der adel gleich ein recht durch ritter-spohren/
So ist die liebe doch bey bauren nicht verlohren/
Weil bauer-rosen auch sind eine garten-zier.
Daß sie die gantze welt beherrscht in ihren gräntzen
Zeigt sie mit blumen an/ der schnee-ball-baum läst gläntzen
Des kalten nordens bild; der braunen Jris flor
Die Susa mitgetheilt/ mit dem was dunckles decket
Den schwartzen tulipan/ lehrt wie sie angestecket
Jm heissen Africa den halb-verbrandten Mohr.
Sie herrscht beym riesen-volck und bey dem heer der zwergen/
Die griechisch Aloe/ die gleich den stoltzen bergen/
Jhr haupt zum himmel streckt/ zeigt jenes klärlich an.
Die braune niedrigkeit der Mertzen-veilgen zeuget/
Daß/ weil die liebe sich auch zu den zwergen neiget/
Die eifersucht auch nicht davon entfernt seyn kan.
Die spielend' Orchis die bald menschen-bilder träget/
Bald thiere/ vögel/ ja bald ungeziefer heget
Jn ihrer fremden blum/ thut allen augen kund/
Daß nicht allein der mensch den trieb der liebe spüret/
Besondern/ daß worinn ein lebens-geist sich rühret/
Sey alles insgesamt gefast in diesen bund.
Die eigenschafften selbst der all-erfüllnden flammen
Stehn auff der garten feld in blumen-schrifft beysammen:
Die rothe rose weis't entzündter hertzen brand/
Die winden mancherley/ der ephen samt den kletten
Sind gleich in ihrer art den fesseln und den ketten/
Damit die schlaue lieb umschlinget hertz und hand.
Der himmel-schlüssel dient die kräfften anzuzeigen/
Weil durch die lieb' allein der himmel zu ersteigen.
Daß alle welt sie ehrt/ zeigt sich im ehren preiß.
Wie
Hochzeit-Gedichte.
Die ſtets gekroͤnte frucht der koͤrnichten granaten
Laͤſt an dem ſcharlach-ſchmuck der theuren blum’ errathen/
Daß koͤnige zu fuͤhrn/ der liebe nicht zu ſchwer.
Was das verliebte Rom der heiligkeit geweihet/
Jſt in dem purpur-hut von liebe nicht befreyet/
Diß ſtellets Cardinals blut-rothe blume fuͤr.
Und hat der adel gleich ein recht durch ritter-ſpohren/
So iſt die liebe doch bey bauren nicht verlohren/
Weil bauer-roſen auch ſind eine garten-zier.
Daß ſie die gantze welt beherrſcht in ihren graͤntzen
Zeigt ſie mit blumen an/ der ſchnee-ball-baum laͤſt glaͤntzen
Des kalten nordens bild; der braunen Jris flor
Die Suſa mitgetheilt/ mit dem was dunckles decket
Den ſchwartzen tulipan/ lehrt wie ſie angeſtecket
Jm heiſſen Africa den halb-verbrandten Mohr.
Sie herrſcht beym rieſen-volck und bey dem heer der zwergen/
Die griechiſch Aloe/ die gleich den ſtoltzen bergen/
Jhr haupt zum himmel ſtreckt/ zeigt jenes klaͤrlich an.
Die braune niedrigkeit der Mertzen-veilgen zeuget/
Daß/ weil die liebe ſich auch zu den zwergen neiget/
Die eiferſucht auch nicht davon entfernt ſeyn kan.
Die ſpielend’ Orchis die bald menſchen-bilder traͤget/
Bald thiere/ voͤgel/ ja bald ungeziefer heget
Jn ihrer fremden blum/ thut allen augen kund/
Daß nicht allein der menſch den trieb der liebe ſpuͤret/
Beſondern/ daß worinn ein lebens-geiſt ſich ruͤhret/
Sey alles insgeſamt gefaſt in dieſen bund.
Die eigenſchafften ſelbſt der all-erfuͤllnden flammen
Stehn auff der garten feld in blumen-ſchrifft beyſammen:
Die rothe roſe weiſ’t entzuͤndter hertzen brand/
Die winden mancherley/ der ephen ſamt den kletten
Sind gleich in ihrer art den feſſeln und den ketten/
Damit die ſchlaue lieb umſchlinget hertz und hand.
Der himmel-ſchluͤſſel dient die kraͤfften anzuzeigen/
Weil durch die lieb’ allein der himmel zu erſteigen.
Daß alle welt ſie ehrt/ zeigt ſich im ehren preiß.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0176" n="160"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Die &#x017F;tets gekro&#x0364;nte frucht der ko&#x0364;rnichten granaten</l><lb/>
          <l>La&#x0364;&#x017F;t an dem &#x017F;charlach-&#x017F;chmuck der theuren blum&#x2019; errathen/</l><lb/>
          <l>Daß ko&#x0364;nige zu fu&#x0364;hrn/ der liebe nicht zu &#x017F;chwer.</l><lb/>
          <l>Was das verliebte Rom der heiligkeit geweihet/</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t in dem purpur-hut von liebe nicht befreyet/</l><lb/>
          <l>Diß &#x017F;tellets Cardinals blut-rothe blume fu&#x0364;r.</l><lb/>
          <l>Und hat der adel gleich ein recht durch ritter-&#x017F;pohren/</l><lb/>
          <l>So i&#x017F;t die liebe doch bey bauren nicht verlohren/</l><lb/>
          <l>Weil bauer-ro&#x017F;en auch &#x017F;ind eine garten-zier.</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie die gantze welt beherr&#x017F;cht in ihren gra&#x0364;ntzen</l><lb/>
          <l>Zeigt &#x017F;ie mit blumen an/ der &#x017F;chnee-ball-baum la&#x0364;&#x017F;t gla&#x0364;ntzen</l><lb/>
          <l>Des kalten nordens bild; der braunen Jris flor</l><lb/>
          <l>Die Su&#x017F;a mitgetheilt/ mit dem was dunckles decket</l><lb/>
          <l>Den &#x017F;chwartzen tulipan/ lehrt wie &#x017F;ie ange&#x017F;tecket</l><lb/>
          <l>Jm hei&#x017F;&#x017F;en Africa den halb-verbrandten Mohr.</l><lb/>
          <l>Sie herr&#x017F;cht beym rie&#x017F;en-volck und bey dem heer der zwergen/</l><lb/>
          <l>Die griechi&#x017F;ch Aloe/ die gleich den &#x017F;toltzen bergen/</l><lb/>
          <l>Jhr haupt zum himmel &#x017F;treckt/ zeigt jenes kla&#x0364;rlich an.</l><lb/>
          <l>Die braune niedrigkeit der Mertzen-veilgen zeuget/</l><lb/>
          <l>Daß/ weil die liebe &#x017F;ich auch zu den zwergen neiget/</l><lb/>
          <l>Die eifer&#x017F;ucht auch nicht davon entfernt &#x017F;eyn kan.</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;pielend&#x2019; Orchis die bald men&#x017F;chen-bilder tra&#x0364;get/</l><lb/>
          <l>Bald thiere/ vo&#x0364;gel/ ja bald ungeziefer heget</l><lb/>
          <l>Jn ihrer fremden blum/ thut allen augen kund/</l><lb/>
          <l>Daß nicht allein der men&#x017F;ch den trieb der liebe &#x017F;pu&#x0364;ret/</l><lb/>
          <l>Be&#x017F;ondern/ daß worinn ein lebens-gei&#x017F;t &#x017F;ich ru&#x0364;hret/</l><lb/>
          <l>Sey alles insge&#x017F;amt gefa&#x017F;t in die&#x017F;en bund.</l><lb/>
          <l>Die eigen&#x017F;chafften &#x017F;elb&#x017F;t der all-erfu&#x0364;llnden flammen</l><lb/>
          <l>Stehn auff der garten feld in blumen-&#x017F;chrifft bey&#x017F;ammen:</l><lb/>
          <l>Die rothe ro&#x017F;e wei&#x017F;&#x2019;t entzu&#x0364;ndter hertzen brand/</l><lb/>
          <l>Die winden mancherley/ der ephen &#x017F;amt den kletten</l><lb/>
          <l>Sind gleich in ihrer art den fe&#x017F;&#x017F;eln und den ketten/</l><lb/>
          <l>Damit die &#x017F;chlaue lieb um&#x017F;chlinget hertz und hand.</l><lb/>
          <l>Der himmel-&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el dient die kra&#x0364;fften anzuzeigen/</l><lb/>
          <l>Weil durch die lieb&#x2019; allein der himmel zu er&#x017F;teigen.</l><lb/>
          <l>Daß alle welt &#x017F;ie ehrt/ zeigt &#x017F;ich im ehren preiß.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0176] Hochzeit-Gedichte. Die ſtets gekroͤnte frucht der koͤrnichten granaten Laͤſt an dem ſcharlach-ſchmuck der theuren blum’ errathen/ Daß koͤnige zu fuͤhrn/ der liebe nicht zu ſchwer. Was das verliebte Rom der heiligkeit geweihet/ Jſt in dem purpur-hut von liebe nicht befreyet/ Diß ſtellets Cardinals blut-rothe blume fuͤr. Und hat der adel gleich ein recht durch ritter-ſpohren/ So iſt die liebe doch bey bauren nicht verlohren/ Weil bauer-roſen auch ſind eine garten-zier. Daß ſie die gantze welt beherrſcht in ihren graͤntzen Zeigt ſie mit blumen an/ der ſchnee-ball-baum laͤſt glaͤntzen Des kalten nordens bild; der braunen Jris flor Die Suſa mitgetheilt/ mit dem was dunckles decket Den ſchwartzen tulipan/ lehrt wie ſie angeſtecket Jm heiſſen Africa den halb-verbrandten Mohr. Sie herrſcht beym rieſen-volck und bey dem heer der zwergen/ Die griechiſch Aloe/ die gleich den ſtoltzen bergen/ Jhr haupt zum himmel ſtreckt/ zeigt jenes klaͤrlich an. Die braune niedrigkeit der Mertzen-veilgen zeuget/ Daß/ weil die liebe ſich auch zu den zwergen neiget/ Die eiferſucht auch nicht davon entfernt ſeyn kan. Die ſpielend’ Orchis die bald menſchen-bilder traͤget/ Bald thiere/ voͤgel/ ja bald ungeziefer heget Jn ihrer fremden blum/ thut allen augen kund/ Daß nicht allein der menſch den trieb der liebe ſpuͤret/ Beſondern/ daß worinn ein lebens-geiſt ſich ruͤhret/ Sey alles insgeſamt gefaſt in dieſen bund. Die eigenſchafften ſelbſt der all-erfuͤllnden flammen Stehn auff der garten feld in blumen-ſchrifft beyſammen: Die rothe roſe weiſ’t entzuͤndter hertzen brand/ Die winden mancherley/ der ephen ſamt den kletten Sind gleich in ihrer art den feſſeln und den ketten/ Damit die ſchlaue lieb umſchlinget hertz und hand. Der himmel-ſchluͤſſel dient die kraͤfften anzuzeigen/ Weil durch die lieb’ allein der himmel zu erſteigen. Daß alle welt ſie ehrt/ zeigt ſich im ehren preiß. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/176
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/176>, abgerufen am 09.11.2024.