Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Vermischte Gedichte. 8. Nun dieses wollen wir so treibenUnd uns so lieben unvermerckt Und immer bey dem läugnen bleiben/ Biß unser blödigkeit sich stärckt; Das aber kan so offt geschehen/ So offt wir uns alleine sehen. 9. Verschwiegenheit in liebes-sachenJst eine recht bewährte kunst. Wir wollens fein behutsam machen Und gantz nicht äussern unsre brunst. Jst ein verliebter nur verschwiegen/ Kan er die klügsten auch betriegen. Sechstinne. WEr sagt/ daß unser ruhm nicht göldne fessel schencket/Wett-streit der haare/ augen/ wangen/ lippen/ halß und brüste. H. M. Haare. Wenn sie ein linder west um beyde brüste schwencket/ Entkerckert frey und loß? hier wird ein geist umschrencket Mit steter dienstbarkeit/ der vor sich weggelencket Von band und ketten hat. Ein ewig nectar träncket Der haare liebes[-]reitz/ der nur auf lust gedencket. Augen. WO unser flammen quell nicht heisse strahlen schencket/Und den entbrandten blitz in hertz und seele schwencket/ So wird kein sterblich mensch mit huld und gunst umschräncket/ Hat unser leitstern nicht der liebe glut gelencket/ So wird sie gantz und gar in thränen-fluth erträncket; Wer ist der iemahls liebt/ und unser nicht gedencket? Wan-
Vermiſchte Gedichte. 8. Nun dieſes wollen wir ſo treibenUnd uns ſo lieben unvermerckt Und immer bey dem laͤugnen bleiben/ Biß unſer bloͤdigkeit ſich ſtaͤrckt; Das aber kan ſo offt geſchehen/ So offt wir uns alleine ſehen. 9. Verſchwiegenheit in liebes-ſachenJſt eine recht bewaͤhrte kunſt. Wir wollens fein behutſam machen Und gantz nicht aͤuſſern unſre brunſt. Jſt ein verliebter nur verſchwiegen/ Kan er die kluͤgſten auch betriegen. Sechſtinne. WEr ſagt/ daß unſer ruhm nicht goͤldne feſſel ſchencket/Wett-ſtreit der haare/ augen/ wangen/ lippen/ halß und bruͤſte. H. M. Haare. Wenn ſie ein linder weſt um beyde bruͤſte ſchwencket/ Entkerckert frey und loß? hier wird ein geiſt umſchrencket Mit ſteter dienſtbarkeit/ der vor ſich weggelencket Von band und ketten hat. Ein ewig nectar traͤncket Der haare liebes[-]reitz/ der nur auf luſt gedencket. Augen. WO unſer flammen quell nicht heiſſe ſtrahlen ſchencket/Und den entbrandten blitz in hertz und ſeele ſchwencket/ So wiꝛd kein ſteꝛblich menſch mit huld und gunſt umſchꝛaͤncket/ Hat unſer leitſtern nicht der liebe glut gelencket/ So wird ſie gantz und gar in thraͤnen-fluth ertraͤncket; Wer iſt der iemahls liebt/ und unſer nicht gedencket? Wan-
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Vermiſchte Gedichte.
8.
Nun dieſes wollen wir ſo treiben
Und uns ſo lieben unvermerckt
Und immer bey dem laͤugnen bleiben/
Biß unſer bloͤdigkeit ſich ſtaͤrckt;
Das aber kan ſo offt geſchehen/
So offt wir uns alleine ſehen.
9.
Verſchwiegenheit in liebes-ſachen
Jſt eine recht bewaͤhrte kunſt.
Wir wollens fein behutſam machen
Und gantz nicht aͤuſſern unſre brunſt.
Jſt ein verliebter nur verſchwiegen/
Kan er die kluͤgſten auch betriegen.
Sechſtinne.
Wett-ſtreit der haare/ augen/ wangen/ lippen/
halß und bruͤſte.
H. M.
Haare.
WEr ſagt/ daß unſer ruhm nicht goͤldne feſſel ſchencket/
Wenn ſie ein linder weſt um beyde bruͤſte ſchwencket/
Entkerckert frey und loß? hier wird ein geiſt umſchrencket
Mit ſteter dienſtbarkeit/ der vor ſich weggelencket
Von band und ketten hat. Ein ewig nectar traͤncket
Der haare liebes-reitz/ der nur auf luſt gedencket.
Augen.
WO unſer flammen quell nicht heiſſe ſtrahlen ſchencket/
Und den entbrandten blitz in hertz und ſeele ſchwencket/
So wiꝛd kein ſteꝛblich menſch mit huld und gunſt umſchꝛaͤncket/
Hat unſer leitſtern nicht der liebe glut gelencket/
So wird ſie gantz und gar in thraͤnen-fluth ertraͤncket;
Wer iſt der iemahls liebt/ und unſer nicht gedencket?
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