Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Galante Gedichte. Verursacht daß man stirbt/ und machet daß man lebt.Jhr schönsten augen seyds/ die ich hier will beschreiben/ Nah darff ich nicht bey euch/ weit kan ich auch nicht bleiben. Der tag der ist mir nacht/ wenn ich euch schaue nicht/ Seh ich euch/ werd ich blind/ weiß nicht wie mir geschicht. Doch dult ich dieses gern/ und will viel lieber leiden/ Als weit entfernet seyn/ und eure schönheit meiden. Ein eintzig blick von euch vergnüget mich viel mehr/ Als strahlen die von sonn und sternen kommen her. Auff einen schönen hals. ES war der Lysis von verwunderung entzücket/* * v. L. Es war ihm seel und finn nicht anders als bestricket: Er wuste selbst nicht recht/ wie und was ihm geschehn/ Jndem er unverhofft was sonders hatt' ersehn. Er dachte hin und her/ und kont es nicht ergründen/ Er kunte nicht bey sich den rechten schlüssel finden; Die weisse lilien verlohren ihren preiß Bey diesem wunder-werck; der schnee schien nicht mehr weiß. So kalt als dieser war/ so grosse hitz' es machte/ Es red't und schwieg zugleich/ es schien als wenn es lachte/ Jetzt bildet es ihm vor das runde himmels-zelt/ Bald bildet er ihm ein die kugel dieser welt. Als nun in solchem stand war nahe zu ihm kommen Der kleine liebes-gott/ eh ers in acht genommen/ Sprach er ihm also zu: nicht wunder Lysis dich Ob diesem was du siehst; gar viel die haben sich Verlohren an dem ort/ den du anietzt beschauet/ Wenn sie zu kühn gewest/ und sich zu weit getrauet. Diß ist der liebe thron/ der schönheit auffenthalt/ Die wohnung aller lust/ die süsseste gewalt/ Die sinn/ gemüth und hertz in ihre bande bringet/ Die alles menschliche besieget und bezwinget/ Der ort/ wo nichts als nur vergnügung ist bewust/ Der
Galante Gedichte. Verurſacht daß man ſtirbt/ und machet daß man lebt.Jhr ſchoͤnſten augen ſeyds/ die ich hier will beſchreiben/ Nah darff ich nicht bey euch/ weit kan ich auch nicht bleiben. Der tag der iſt mir nacht/ wenn ich euch ſchaue nicht/ Seh ich euch/ werd ich blind/ weiß nicht wie mir geſchicht. Doch dult ich dieſes gern/ und will viel lieber leiden/ Als weit entfernet ſeyn/ und eure ſchoͤnheit meiden. Ein eintzig blick von euch vergnuͤget mich viel mehr/ Als ſtrahlen die von ſonn und ſternen kommen her. Auff einen ſchoͤnen hals. ES war der Lyſis von verwunderung entzuͤcket/* * v. L. Es war ihm ſeel und finn nicht anders als beſtricket: Er wuſte ſelbſt nicht recht/ wie und was ihm geſchehn/ Jndem er unverhofft was ſonders hatt’ erſehn. Er dachte hin und her/ und kont es nicht ergruͤnden/ Er kunte nicht bey ſich den rechten ſchluͤſſel finden; Die weiſſe lilien verlohren ihren preiß Bey dieſem wunder-werck; der ſchnee ſchien nicht mehr weiß. So kalt als dieſer war/ ſo groſſe hitz’ es machte/ Es red’t und ſchwieg zugleich/ es ſchien als wenn es lachte/ Jetzt bildet es ihm vor das runde himmels-zelt/ Bald bildet er ihm ein die kugel dieſer welt. Als nun in ſolchem ſtand war nahe zu ihm kommen Der kleine liebes-gott/ eh ers in acht genommen/ Sprach er ihm alſo zu: nicht wunder Lyſis dich Ob dieſem was du ſiehſt; gar viel die haben ſich Verlohren an dem ort/ den du anietzt beſchauet/ Wenn ſie zu kuͤhn geweſt/ und ſich zu weit getrauet. Diß iſt der liebe thron/ der ſchoͤnheit auffenthalt/ Die wohnung aller luſt/ die ſuͤſſeſte gewalt/ Die ſinn/ gemuͤth und hertz in ihre bande bringet/ Die alles menſchliche beſieget und bezwinget/ Der ort/ wo nichts als nur vergnuͤgung iſt bewuſt/ Der
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Galante Gedichte.
Verurſacht daß man ſtirbt/ und machet daß man lebt.
Jhr ſchoͤnſten augen ſeyds/ die ich hier will beſchreiben/
Nah darff ich nicht bey euch/ weit kan ich auch nicht bleiben.
Der tag der iſt mir nacht/ wenn ich euch ſchaue nicht/
Seh ich euch/ werd ich blind/ weiß nicht wie mir geſchicht.
Doch dult ich dieſes gern/ und will viel lieber leiden/
Als weit entfernet ſeyn/ und eure ſchoͤnheit meiden.
Ein eintzig blick von euch vergnuͤget mich viel mehr/
Als ſtrahlen die von ſonn und ſternen kommen her.
Auff einen ſchoͤnen hals.
* * v. L.
ES war der Lyſis von verwunderung entzuͤcket/
Es war ihm ſeel und finn nicht anders als beſtricket:
Er wuſte ſelbſt nicht recht/ wie und was ihm geſchehn/
Jndem er unverhofft was ſonders hatt’ erſehn.
Er dachte hin und her/ und kont es nicht ergruͤnden/
Er kunte nicht bey ſich den rechten ſchluͤſſel finden;
Die weiſſe lilien verlohren ihren preiß
Bey dieſem wunder-werck; der ſchnee ſchien nicht mehr weiß.
So kalt als dieſer war/ ſo groſſe hitz’ es machte/
Es red’t und ſchwieg zugleich/ es ſchien als wenn es lachte/
Jetzt bildet es ihm vor das runde himmels-zelt/
Bald bildet er ihm ein die kugel dieſer welt.
Als nun in ſolchem ſtand war nahe zu ihm kommen
Der kleine liebes-gott/ eh ers in acht genommen/
Sprach er ihm alſo zu: nicht wunder Lyſis dich
Ob dieſem was du ſiehſt; gar viel die haben ſich
Verlohren an dem ort/ den du anietzt beſchauet/
Wenn ſie zu kuͤhn geweſt/ und ſich zu weit getrauet.
Diß iſt der liebe thron/ der ſchoͤnheit auffenthalt/
Die wohnung aller luſt/ die ſuͤſſeſte gewalt/
Die ſinn/ gemuͤth und hertz in ihre bande bringet/
Die alles menſchliche beſieget und bezwinget/
Der ort/ wo nichts als nur vergnuͤgung iſt bewuſt/
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