Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Galante Gedichte. Die verlohrne und wieder gefundene Venus. ACh! mutter trockne doch die thränen von den wangen/C. E. Die dein betrübtes kind mit seuffzen nach dir schickt! Jch habe dich verlohrn! o kummer/ der mich drückt! Wo bist du? laß mich dich nur einmahl noch umfangen! Komm! hertzens-mutter komm! ach komm doch bald gegangen/ Eh' geist und leben mir aus blut und adern rückt! So klagte Cupido in angst und pein verstrickt/ Und suchte/ doch umsonst/ die Venus mit verlangen/ Er weinte fort für fort. Hier aber weiß ich nicht/ Woher ihm Solime kam plötzlich zu gesicht; Wie ward er nicht erfreut bey so beglückten stunden? Er zog die thränen ein/ man sahe/ wie er lieff Und mehr denn tausendmal ihr diß entgegen rieff: Bleib/ schönste mutter/ bleib/ itzt hab ich dich gefunden! Er verehret sie unter dem bilde der sonnen we- HElene/ sonnen-kind/ du fackel dieser welt/gen ihres nahmens/ Helene/ zu teutsch die sonne genant. C. E. Du prächt'ges meister-stück des himmels und der erden/ Das ohn erstaunen nicht kan angeschauet werden/ Und recht was göetliches in sich verschlossen hält; Ohn dich liegt die natur verfinstert und verstellt. Sie seufftzt nach deinem blick und reitzenden geberden/ Und fühlt nur all zuviel der schmertzlichsten beschwerden/ Wann dein belebter glantz was sparsam auff sie fällt. O sonn! ich feyre heut dein hohes nahmens-fest/ Das an nichts niedriges durchaus mich dencken läst/ Denn
Galante Gedichte. Die verlohrne und wieder gefundene Venus. ACh! mutter trockne doch die thraͤnen von den wangen/C. E. Die dein betruͤbtes kind mit ſeuffzen nach dir ſchickt! Jch habe dich verlohrn! o kummer/ der mich druͤckt! Wo biſt du? laß mich dich nur einmahl noch umfangen! Komm! hertzens-mutter komm! ach komm doch bald gegangen/ Eh’ geiſt und leben mir aus blut und adern ruͤckt! So klagte Cupido in angſt und pein verſtrickt/ Und ſuchte/ doch umſonſt/ die Venus mit verlangen/ Er weinte fort fuͤr fort. Hier aber weiß ich nicht/ Woher ihm Solime kam ploͤtzlich zu geſicht; Wie ward er nicht erfreut bey ſo begluͤckten ſtunden? Er zog die thraͤnen ein/ man ſahe/ wie er lieff Und mehr denn tauſendmal ihr diß entgegen rieff: Bleib/ ſchoͤnſte mutter/ bleib/ itzt hab ich dich gefunden! Er verehret ſie unter dem bilde der ſonnen we- HElene/ ſonnen-kind/ du fackel dieſer welt/gen ihres nahmens/ Helene/ zu teutſch die ſonne genant. C. E. Du praͤcht’ges meiſter-ſtuͤck des himmels und der erden/ Das ohn erſtaunen nicht kan angeſchauet werden/ Und recht was goͤetliches in ſich verſchloſſen haͤlt; Ohn dich liegt die natur verfinſtert und verſtellt. Sie ſeufftzt nach deinem blick und reitzenden geberden/ Und fuͤhlt nur all zuviel der ſchmertzlichſten beſchwerden/ Wann dein belebter glantz was ſparſam auff ſie faͤllt. O ſonn! ich feyre heut dein hohes nahmens-feſt/ Das an nichts niedriges durchaus mich dencken laͤſt/ Denn
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Galante Gedichte.
Die verlohrne und wieder gefundene Venus.
C. E.
ACh! mutter trockne doch die thraͤnen von den wangen/
Die dein betruͤbtes kind mit ſeuffzen nach dir ſchickt!
Jch habe dich verlohrn! o kummer/ der mich druͤckt!
Wo biſt du? laß mich dich nur einmahl noch umfangen!
Komm! hertzens-mutter komm! ach komm doch bald gegangen/
Eh’ geiſt und leben mir aus blut und adern ruͤckt!
So klagte Cupido in angſt und pein verſtrickt/
Und ſuchte/ doch umſonſt/ die Venus mit verlangen/
Er weinte fort fuͤr fort. Hier aber weiß ich nicht/
Woher ihm Solime kam ploͤtzlich zu geſicht;
Wie ward er nicht erfreut bey ſo begluͤckten ſtunden?
Er zog die thraͤnen ein/ man ſahe/ wie er lieff
Und mehr denn tauſendmal ihr diß entgegen rieff:
Bleib/ ſchoͤnſte mutter/ bleib/ itzt hab ich dich gefunden!
Er verehret ſie unter dem bilde der ſonnen we-
gen ihres nahmens/ Helene/ zu teutſch
die ſonne genant.
C. E.
HElene/ ſonnen-kind/ du fackel dieſer welt/
Du praͤcht’ges meiſter-ſtuͤck des himmels und der erden/
Das ohn erſtaunen nicht kan angeſchauet werden/
Und recht was goͤetliches in ſich verſchloſſen haͤlt;
Ohn dich liegt die natur verfinſtert und verſtellt.
Sie ſeufftzt nach deinem blick und reitzenden geberden/
Und fuͤhlt nur all zuviel der ſchmertzlichſten beſchwerden/
Wann dein belebter glantz was ſparſam auff ſie faͤllt.
O ſonn! ich feyre heut dein hohes nahmens-feſt/
Das an nichts niedriges durchaus mich dencken laͤſt/
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