Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Begräbniß-Gedichte. Es wird zwar dieses wort ein donner in dem hertzen/ Und feuer in der brust desselben menschen seyn/ Der ihm hat fürgesetzt erst in den grösten schmertzen/ Und wenn der mund fast nicht mehr kan um hülfft schreyn/ Dem himmel seine schuld durch seuffzern abzubitten/ Und seines hertzens last vor selbem auszuschütten. Allein bethörter sinn! wie wird doch dis gesetze Vom höchsten ausgelacht! kanst du vorher denn schaun/ Wenn dir so tod als zeit stellt die verborgnen netze Und eine grufft vor dich im sande lässet baun? Man zieht den todt nicht auf als wie die seiger-stun- den/ Denn unser scheiden ist an keine zeitgebunden. Wenn dort zu Siloe des thurmes hohe mauren Die seelen/ so sich ihm vertraut/ ins grab gelegt/ Wenn Hiobs zweige nicht im felde konten tauren/ Als ihnen haus und wind des lebens schluß er- regt. Und nur ein augenblick so tod als leben schiede/ Was werdet ihr denn nicht von eitler hoffnung mü- de? Es soll zwar euren schluß des schächers ende schützen/ Als ihm des Creutzes-bau der beichtstuhl muste seyn: Allein auch dieser wird euch allzuwenig nützen/ Bey allen triffts nicht so/ als wie bey diesem ein/ Wer kan des himmels-sinn und art in seinen thaten/ Und wo des schächers-brust die gnad' erlangt/ errah- ten? Drum
Begraͤbniß-Gedichte. Es wird zwar dieſes wort ein donner in dem hertzen/ Und feuer in der bruſt deſſelben menſchen ſeyn/ Der ihm hat fuͤrgeſetzt erſt in den groͤſten ſchmertzen/ Und wenn der mund faſt nicht mehr kan um huͤlfft ſchreyn/ Dem himmel ſeine ſchuld durch ſeuffzern abzubitten/ Und ſeines hertzens laſt vor ſelbem auszuſchuͤtten. Allein bethoͤrter ſinn! wie wird doch dis geſetze Vom hoͤchſten ausgelacht! kanſt du vorher denn ſchaun/ Wenn dir ſo tod als zeit ſtellt die verborgnen netze Und eine grufft vor dich im ſande laͤſſet baun? Man zieht den todt nicht auf als wie die ſeiger-ſtun- den/ Denn unſer ſcheiden iſt an keine zeitgebunden. Wenn dort zu Siloe des thurmes hohe mauren Die ſeelen/ ſo ſich ihm vertraut/ ins grab gelegt/ Wenn Hiobs zweige nicht im felde konten tauren/ Als ihnen haus und wind des lebens ſchluß er- regt. Und nur ein augenblick ſo tod als leben ſchiede/ Was werdet ihr denn nicht von eitler hoffnung muͤ- de? Es ſoll zwar euren ſchluß des ſchaͤchers ende ſchuͤtzen/ Als ihm des Creutzes-bau der beichtſtuhl muſte ſeyn: Allein auch dieſer wird euch allzuwenig nuͤtzen/ Bey allen triffts nicht ſo/ als wie bey dieſem ein/ Wer kan des himmels-ſinn und art in ſeinen thaten/ Und wo des ſchaͤchers-bruſt die gnad’ erlangt/ errah- ten? Drum
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Begraͤbniß-Gedichte.
Es wird zwar dieſes wort ein donner in dem hertzen/
Und feuer in der bruſt deſſelben menſchen ſeyn/
Der ihm hat fuͤrgeſetzt erſt in den groͤſten ſchmertzen/
Und wenn der mund faſt nicht mehr kan um huͤlfft
ſchreyn/
Dem himmel ſeine ſchuld durch ſeuffzern abzubitten/
Und ſeines hertzens laſt vor ſelbem auszuſchuͤtten.
Allein bethoͤrter ſinn! wie wird doch dis geſetze
Vom hoͤchſten ausgelacht! kanſt du vorher denn ſchaun/
Wenn dir ſo tod als zeit ſtellt die verborgnen netze
Und eine grufft vor dich im ſande laͤſſet baun?
Man zieht den todt nicht auf als wie die ſeiger-ſtun-
den/
Denn unſer ſcheiden iſt an keine zeitgebunden.
Wenn dort zu Siloe des thurmes hohe mauren
Die ſeelen/ ſo ſich ihm vertraut/ ins grab gelegt/
Wenn Hiobs zweige nicht im felde konten tauren/
Als ihnen haus und wind des lebens ſchluß er-
regt.
Und nur ein augenblick ſo tod als leben ſchiede/
Was werdet ihr denn nicht von eitler hoffnung muͤ-
de?
Es ſoll zwar euren ſchluß des ſchaͤchers ende ſchuͤtzen/
Als ihm des Creutzes-bau der beichtſtuhl muſte ſeyn:
Allein auch dieſer wird euch allzuwenig nuͤtzen/
Bey allen triffts nicht ſo/ als wie bey dieſem ein/
Wer kan des himmels-ſinn und art in ſeinen thaten/
Und wo des ſchaͤchers-bruſt die gnad’ erlangt/ errah-
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