Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Vermischte Gedichte. Dorinde wil einen Docter heyrahten. C. H. JN Sachsen ist das Ey offt klüger als die henne; Nicht weit von mir da wohnt ein mädgen daß ich kenne/ Die hatte vom Patron/ der männer sonst beschert/ Längst einen docters-mann/ und den gewiß/ begehrt. Allein/ wie sie gesehn/ daß keiner wolle kommen/ Hat sie die sache so und klüger vorgenommen. Ein Mediciner gieng bey ihr offt aus und ein/ Der sprach einmal aus schertz/ sie müste seine seyn/ Wenn ihm das glücke nur so ein vermögen gönnte/ Daß er vor selbiges den gradum haben könnte. Dies ging wie Pfeffer-staub in ihrer nasen auff/ Sie lieff der mutter zu/ und sagt' ihr diesen kauff/ Die alte runtzelte vor freuden auch die stirne/ Sie dachte weiter nach/ und plagte das gehirne/ Sie mühte sich recht sehr/ sie sann die läng und qver/ Wo nehm ich einen stiel zu dieser axt doch her. Die mittel sind nicht da/ sie sind schon weggeflogen/ Die kinder haben sie mir meistens ausgesogen/ Was mach' ich itzo nun? der tittel kost auch schier/ Wie ich vernommen/ mehr als ein gebräue bier. Allein die tochter war viel klüger als die alte: Da sie gemerckt/ was sie vor kummer feste halte/ Sprach sie: frau mutter borgt auff hauß und garten geld/ Daß er vor selbiges den Docter-grad erhält/ Und mich zur Doctrin macht. Wenn ich nun in dem orden Der Docter-frauen bin ein hohes mittglied worden/ Dann zahl ich euch das geld/ was ich euch schuldig bin/ Jntress' und Capital auf einem brette hin. Die pillen/ Elixir/ die pulver und purgantzen/ Die wissen uns das geld schon wieder zuzuschantzen/ Wer Y 2
Vermiſchte Gedichte. Dorinde wil einen Docter heyrahten. C. H. JN Sachſen iſt das Ey offt kluͤger als die henne; Nicht weit von mir da wohnt ein maͤdgen daß ich kenne/ Die hatte vom Patron/ der maͤnner ſonſt beſchert/ Laͤngſt einen docters-mann/ und den gewiß/ begehrt. Allein/ wie ſie geſehn/ daß keiner wolle kommen/ Hat ſie die ſache ſo und kluͤger vorgenommen. Ein Mediciner gieng bey ihr offt aus und ein/ Der ſprach einmal aus ſchertz/ ſie muͤſte ſeine ſeyn/ Wenn ihm das gluͤcke nur ſo ein vermoͤgen goͤnnte/ Daß er vor ſelbiges den gradum haben koͤnnte. Dies ging wie Pfeffer-ſtaub in ihrer naſen auff/ Sie lieff der mutter zu/ und ſagt’ ihr dieſen kauff/ Die alte runtzelte vor freuden auch die ſtirne/ Sie dachte weiter nach/ und plagte das gehirne/ Sie muͤhte ſich recht ſehr/ ſie ſann die laͤng und qver/ Wo nehm ich einen ſtiel zu dieſer axt doch her. Die mittel ſind nicht da/ ſie ſind ſchon weggeflogen/ Die kinder haben ſie mir meiſtens ausgeſogen/ Was mach’ ich itzo nun? der tittel koſt auch ſchier/ Wie ich vernommen/ mehr als ein gebraͤue bier. Allein die tochter war viel kluͤger als die alte: Da ſie gemerckt/ was ſie vor kummer feſte halte/ Sprach ſie: frau mutter borgt auff hauß und garten geld/ Daß er vor ſelbiges den Docter-grad erhaͤlt/ Und mich zur Doctrin macht. Wenn ich nun in dem orden Der Docter-frauen bin ein hohes mittglied worden/ Dann zahl ich euch das geld/ was ich euch ſchuldig bin/ Jntreſſ’ und Capital auf einem brette hin. Die pillen/ Elixir/ die pulver und purgantzen/ Die wiſſen uns das geld ſchon wieder zuzuſchantzen/ Wer Y 2
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Vermiſchte Gedichte.
Dorinde wil einen Docter
heyrahten.
C. H.
JN Sachſen iſt das Ey offt kluͤger als die henne;
Nicht weit von mir da wohnt ein maͤdgen daß ich kenne/
Die hatte vom Patron/ der maͤnner ſonſt beſchert/
Laͤngſt einen docters-mann/ und den gewiß/ begehrt.
Allein/ wie ſie geſehn/ daß keiner wolle kommen/
Hat ſie die ſache ſo und kluͤger vorgenommen.
Ein Mediciner gieng bey ihr offt aus und ein/
Der ſprach einmal aus ſchertz/ ſie muͤſte ſeine ſeyn/
Wenn ihm das gluͤcke nur ſo ein vermoͤgen goͤnnte/
Daß er vor ſelbiges den gradum haben koͤnnte.
Dies ging wie Pfeffer-ſtaub in ihrer naſen auff/
Sie lieff der mutter zu/ und ſagt’ ihr dieſen kauff/
Die alte runtzelte vor freuden auch die ſtirne/
Sie dachte weiter nach/ und plagte das gehirne/
Sie muͤhte ſich recht ſehr/ ſie ſann die laͤng und qver/
Wo nehm ich einen ſtiel zu dieſer axt doch her.
Die mittel ſind nicht da/ ſie ſind ſchon weggeflogen/
Die kinder haben ſie mir meiſtens ausgeſogen/
Was mach’ ich itzo nun? der tittel koſt auch ſchier/
Wie ich vernommen/ mehr als ein gebraͤue bier.
Allein die tochter war viel kluͤger als die alte:
Da ſie gemerckt/ was ſie vor kummer feſte halte/
Sprach ſie: frau mutter borgt auff hauß und garten
geld/
Daß er vor ſelbiges den Docter-grad erhaͤlt/
Und mich zur Doctrin macht. Wenn ich nun in dem
orden
Der Docter-frauen bin ein hohes mittglied worden/
Dann zahl ich euch das geld/ was ich euch ſchuldig bin/
Jntreſſ’ und Capital auf einem brette hin.
Die pillen/ Elixir/ die pulver und purgantzen/
Die wiſſen uns das geld ſchon wieder zuzuſchantzen/
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