Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Nach arglist unsrer welt; Man führet GOtt im munde,Man rühmt die heiligkeit, man stellt sich redlich an, Man legt das Christenthum im regiment zum grunde, Nur daß man füglicher das volck regieren kan; Jm hertzen glaubt man nichts. Mit worten GOtt beken- nen, Jm hertzen doch noch mehr voll heißer andacht glühn, War Wilhelms emsig thun. Die seuffzer musten brennen, Wenn sich sein hoher geist wolt um ein werck bemühn, Das unser heyl betraff. Schreibt Ajax schon das beten Jn blinder wüterey den feigen memmen zu: Will der von Friedland nicht vor seinen Schöpffer treten, Sucht im gestirne glück und in den puncten ruh, Eh er ein treffen wagt; So waren Wilhelms sinnen Von einer frommen art weit anders abgericht. Des glaubens wurde man zwar aus den wercken innen, Doch that er in geheim dem Höchsten seine pflicht. Sein tempel war sein zelt. Darff ich, o Wilhelm! sagen, Was deine tugend uns hier stets verborgen hat? Wie offte wolt' ich mich zu deinem zelte wagen! Jedoch begeht ein knecht nicht leicht die kühne that, Daß er den Printzen stört; vielleichte möchtst du schlafen; Denn wen die nacht bemüht, der sucht am tage rast. Vielleichte (dacht ich) macht dir wol ein buch zu schaffen; Denn dieses hast du auch gar offt zur hand gefaßt. Die stille trieb mich ab: Doch wolte sichs nicht schicken, Wenn mich die wichtigkeit nicht ferner säumen hieß, So gieng ich näher zu; da kont ich offt erblicken, Was andacht, eifer, ernst und GOttes liebe wieß. Du lagst auf tieffem knie mit treu-gefaltnen händen, Und flehtest deinen GOtt um hülff und segen an. Sich von den menschen weg zur leisen stille wenden, Jst wahrer andacht werck, die kräfftig beten kan. Zwar wird ein Thraso wol die eckle nase rümpffen, Doch Wilhelm acht den spruch der tadler gar nicht viel. Die hölle pfleget dis nach ihrer art zu schimpffen, Was nach dem himmel steigt, und GOtt gefallen will. Wo
Begraͤbniß-Gedichte. Nach argliſt unſrer welt; Man fuͤhret GOtt im munde,Man ruͤhmt die heiligkeit, man ſtellt ſich redlich an, Man legt das Chriſtenthum im regiment zum grunde, Nur daß man fuͤglicher das volck regieren kan; Jm hertzen glaubt man nichts. Mit worten GOtt beken- nen, Jm hertzen doch noch mehr voll heißer andacht gluͤhn, War Wilhelms emſig thun. Die ſeuffzer muſten brennen, Wenn ſich ſein hoher geiſt wolt um ein werck bemuͤhn, Das unſer heyl betraff. Schreibt Ajax ſchon das beten Jn blinder wuͤterey den feigen memmen zu: Will der von Friedland nicht vor ſeinen Schoͤpffer treten, Sucht im geſtirne gluͤck und in den puncten ruh, Eh er ein treffen wagt; So waren Wilhelms ſinnen Von einer frommen art weit anders abgericht. Des glaubens wurde man zwar aus den wercken innen, Doch that er in geheim dem Hoͤchſten ſeine pflicht. Sein tempel war ſein zelt. Darff ich, o Wilhelm! ſagen, Was deine tugend uns hier ſtets verborgen hat? Wie offte wolt’ ich mich zu deinem zelte wagen! Jedoch begeht ein knecht nicht leicht die kuͤhne that, Daß er den Printzen ſtoͤrt; vielleichte moͤchtſt du ſchlafen; Denn wen die nacht bemuͤht, der ſucht am tage raſt. Vielleichte (dacht ich) macht dir wol ein buch zu ſchaffen; Denn dieſes haſt du auch gar offt zur hand gefaßt. Die ſtille trieb mich ab: Doch wolte ſichs nicht ſchicken, Wenn mich die wichtigkeit nicht ferner ſaͤumen hieß, So gieng ich naͤher zu; da kont ich offt erblicken, Was andacht, eifer, ernſt und GOttes liebe wieß. Du lagſt auf tieffem knie mit treu-gefaltnen haͤnden, Und flehteſt deinen GOtt um huͤlff und ſegen an. Sich von den menſchen weg zur leiſen ſtille wenden, Jſt wahrer andacht werck, die kraͤfftig beten kan. Zwar wird ein Thraſo wol die eckle naſe ruͤmpffen, Doch Wilhelm acht den ſpruch der tadler gar nicht viel. Die hoͤlle pfleget dis nach ihrer art zu ſchimpffen, Was nach dem himmel ſteigt, und GOtt gefallen will. Wo
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0134" n="132"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begraͤbniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Nach argliſt unſrer welt; Man fuͤhret GOtt im munde,</l><lb/> <l>Man ruͤhmt die heiligkeit, man ſtellt ſich redlich an,</l><lb/> <l>Man legt das Chriſtenthum im regiment zum grunde,</l><lb/> <l>Nur daß man fuͤglicher das volck regieren kan;</l><lb/> <l>Jm hertzen glaubt man nichts. Mit worten GOtt beken-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nen,</hi> </l><lb/> <l>Jm hertzen doch noch mehr voll heißer andacht gluͤhn,</l><lb/> <l>War Wilhelms emſig thun. Die ſeuffzer muſten brennen,</l><lb/> <l>Wenn ſich ſein hoher geiſt wolt um ein werck bemuͤhn,</l><lb/> <l>Das unſer heyl betraff. Schreibt Ajax ſchon das beten</l><lb/> <l>Jn blinder wuͤterey den feigen memmen zu:</l><lb/> <l>Will der von Friedland nicht vor ſeinen Schoͤpffer treten,</l><lb/> <l>Sucht im geſtirne gluͤck und in den puncten ruh,</l><lb/> <l>Eh er ein treffen wagt; So waren Wilhelms ſinnen</l><lb/> <l>Von einer frommen art weit anders abgericht.</l><lb/> <l>Des glaubens wurde man zwar aus den wercken innen,</l><lb/> <l>Doch that er in geheim dem Hoͤchſten ſeine pflicht.</l><lb/> <l>Sein tempel war ſein zelt. Darff ich, o Wilhelm! ſagen,</l><lb/> <l>Was deine tugend uns hier ſtets verborgen hat?</l><lb/> <l>Wie offte wolt’ ich mich zu deinem zelte wagen!</l><lb/> <l>Jedoch begeht ein knecht nicht leicht die kuͤhne that,</l><lb/> <l>Daß er den Printzen ſtoͤrt; vielleichte moͤchtſt du ſchlafen;</l><lb/> <l>Denn wen die nacht bemuͤht, der ſucht am tage raſt.</l><lb/> <l>Vielleichte (dacht ich) macht dir wol ein buch zu ſchaffen;</l><lb/> <l>Denn dieſes haſt du auch gar offt zur hand gefaßt.</l><lb/> <l>Die ſtille trieb mich ab: Doch wolte ſichs nicht ſchicken,</l><lb/> <l>Wenn mich die wichtigkeit nicht ferner ſaͤumen hieß,</l><lb/> <l>So gieng ich naͤher zu; da kont ich offt erblicken,</l><lb/> <l>Was andacht, eifer, ernſt und GOttes liebe wieß.</l><lb/> <l>Du lagſt auf tieffem knie mit treu-gefaltnen haͤnden,</l><lb/> <l>Und flehteſt deinen GOtt um huͤlff und ſegen an.</l><lb/> <l>Sich von den menſchen weg zur leiſen ſtille wenden,</l><lb/> <l>Jſt wahrer andacht werck, die kraͤfftig beten kan.</l><lb/> <l>Zwar wird ein Thraſo wol die eckle naſe ruͤmpffen,</l><lb/> <l>Doch Wilhelm acht den ſpruch der tadler gar nicht viel.</l><lb/> <l>Die hoͤlle pfleget dis nach ihrer art zu ſchimpffen,</l><lb/> <l>Was nach dem himmel ſteigt, und GOtt gefallen will.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wo</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [132/0134]
Begraͤbniß-Gedichte.
Nach argliſt unſrer welt; Man fuͤhret GOtt im munde,
Man ruͤhmt die heiligkeit, man ſtellt ſich redlich an,
Man legt das Chriſtenthum im regiment zum grunde,
Nur daß man fuͤglicher das volck regieren kan;
Jm hertzen glaubt man nichts. Mit worten GOtt beken-
nen,
Jm hertzen doch noch mehr voll heißer andacht gluͤhn,
War Wilhelms emſig thun. Die ſeuffzer muſten brennen,
Wenn ſich ſein hoher geiſt wolt um ein werck bemuͤhn,
Das unſer heyl betraff. Schreibt Ajax ſchon das beten
Jn blinder wuͤterey den feigen memmen zu:
Will der von Friedland nicht vor ſeinen Schoͤpffer treten,
Sucht im geſtirne gluͤck und in den puncten ruh,
Eh er ein treffen wagt; So waren Wilhelms ſinnen
Von einer frommen art weit anders abgericht.
Des glaubens wurde man zwar aus den wercken innen,
Doch that er in geheim dem Hoͤchſten ſeine pflicht.
Sein tempel war ſein zelt. Darff ich, o Wilhelm! ſagen,
Was deine tugend uns hier ſtets verborgen hat?
Wie offte wolt’ ich mich zu deinem zelte wagen!
Jedoch begeht ein knecht nicht leicht die kuͤhne that,
Daß er den Printzen ſtoͤrt; vielleichte moͤchtſt du ſchlafen;
Denn wen die nacht bemuͤht, der ſucht am tage raſt.
Vielleichte (dacht ich) macht dir wol ein buch zu ſchaffen;
Denn dieſes haſt du auch gar offt zur hand gefaßt.
Die ſtille trieb mich ab: Doch wolte ſichs nicht ſchicken,
Wenn mich die wichtigkeit nicht ferner ſaͤumen hieß,
So gieng ich naͤher zu; da kont ich offt erblicken,
Was andacht, eifer, ernſt und GOttes liebe wieß.
Du lagſt auf tieffem knie mit treu-gefaltnen haͤnden,
Und flehteſt deinen GOtt um huͤlff und ſegen an.
Sich von den menſchen weg zur leiſen ſtille wenden,
Jſt wahrer andacht werck, die kraͤfftig beten kan.
Zwar wird ein Thraſo wol die eckle naſe ruͤmpffen,
Doch Wilhelm acht den ſpruch der tadler gar nicht viel.
Die hoͤlle pfleget dis nach ihrer art zu ſchimpffen,
Was nach dem himmel ſteigt, und GOtt gefallen will.
Wo
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |