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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Und wer als einen freund dich recht erkennet hat,
Der wird auch deiner treu im grabe nicht vergessen.

Du botest deine hand mit deutschem hertzen dar,
Dem, der dir seine noth und seinen kummer klagte;
Kein wunder, wenn man nun bey deinem tode sagte:
Die leute deiner art sind, leyder! gar zu rar.
Wie unverfälscht war doch dein guter lebens-lauf?
Es heuchelt ja die welt mit ihrem Christenthume:
Sie sucht nur euserlich die frömmigkeit zum ruhme;
Dir aber gieng das licht in deinem hertzen auf.
Dein eifriges gebet, dein stetes bibel-lesen,
Dein fleißig kirchen-gehn, die können zeuge seyn,
Daß deine gottesfurcht kein angemaster schein,
Und daß dein glaube nicht ein todter ruhm gewesen.
Des HErren vorhof war dein angenehmster gang,
Da deine füße stets in seinem tempel stunden:
Wie offte hast du doch die hände da gewunden,
Wenn Josephs schaden dir sehr tieff zu hertzen drang.
Nicht Jacobs namen nur, auch Jacobs frömmigkeit,
War es, du Seeliger, was dich berühmet machte,
Kein wunder, daß dir GOtt auch Jacobs segen brachte.
Wer GOtt zum stecken hat, und seiner sich erfreut,
Dem muß ein wander-stab zu großen heeren werden,
Der findt in fremder lufft ein liebes vaterland.
Dis alles hast du nun in stiller furcht erkannt:
Es zog dich der magnet nicht nieder nach der erden;
Dein geist stieg himmel-an mit ungezwungner art,
Du hieltest geld und gut nur vor geborgte gaben,
Drum musten sie bey dir auch einen entzweck haben,
Der GOtt zu ehren kam, dem nächsten nützlich ward.
Du kern der deutschen treu! o schade, daß die brust,
Die voller redligkeit, so zeitlich soll verwesen!
Soll man die zeitung schon von deinem tode lesen,
Da kaum den deinigen die kranckheit ist bewust?
O all-
L 3

Begraͤbniß-Gedichte.
Und wer als einen freund dich recht erkennet hat,
Der wird auch deiner treu im grabe nicht vergeſſen.

Du boteſt deine hand mit deutſchem hertzen dar,
Dem, der dir ſeine noth und ſeinen kummer klagte;
Kein wunder, wenn man nun bey deinem tode ſagte:
Die leute deiner art ſind, leyder! gar zu rar.
Wie unverfaͤlſcht war doch dein guter lebens-lauf?
Es heuchelt ja die welt mit ihrem Chriſtenthume:
Sie ſucht nur euſerlich die froͤmmigkeit zum ruhme;
Dir aber gieng das licht in deinem hertzen auf.
Dein eifriges gebet, dein ſtetes bibel-leſen,
Dein fleißig kirchen-gehn, die koͤnnen zeuge ſeyn,
Daß deine gottesfurcht kein angemaſter ſchein,
Und daß dein glaube nicht ein todter ruhm geweſen.
Des HErren vorhof war dein angenehmſter gang,
Da deine fuͤße ſtets in ſeinem tempel ſtunden:
Wie offte haſt du doch die haͤnde da gewunden,
Wenn Joſephs ſchaden dir ſehr tieff zu hertzen drang.
Nicht Jacobs namen nur, auch Jacobs froͤmmigkeit,
War es, du Seeliger, was dich beruͤhmet machte,
Kein wunder, daß dir GOtt auch Jacobs ſegen brachte.
Wer GOtt zum ſtecken hat, und ſeiner ſich erfreut,
Dem muß ein wander-ſtab zu großen heeren werden,
Der findt in fremder lufft ein liebes vaterland.
Dis alles haſt du nun in ſtiller furcht erkannt:
Es zog dich der magnet nicht nieder nach der erden;
Dein geiſt ſtieg himmel-an mit ungezwungner art,
Du hielteſt geld und gut nur vor geborgte gaben,
Drum muſten ſie bey dir auch einen entzweck haben,
Der GOtt zu ehren kam, dem naͤchſten nuͤtzlich ward.
Du kern der deutſchen treu! o ſchade, daß die bruſt,
Die voller redligkeit, ſo zeitlich ſoll verweſen!
Soll man die zeitung ſchon von deinem tode leſen,
Da kaum den deinigen die kranckheit iſt bewuſt?
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[165/0167] Begraͤbniß-Gedichte. Und wer als einen freund dich recht erkennet hat, Der wird auch deiner treu im grabe nicht vergeſſen. Du boteſt deine hand mit deutſchem hertzen dar, Dem, der dir ſeine noth und ſeinen kummer klagte; Kein wunder, wenn man nun bey deinem tode ſagte: Die leute deiner art ſind, leyder! gar zu rar. Wie unverfaͤlſcht war doch dein guter lebens-lauf? Es heuchelt ja die welt mit ihrem Chriſtenthume: Sie ſucht nur euſerlich die froͤmmigkeit zum ruhme; Dir aber gieng das licht in deinem hertzen auf. Dein eifriges gebet, dein ſtetes bibel-leſen, Dein fleißig kirchen-gehn, die koͤnnen zeuge ſeyn, Daß deine gottesfurcht kein angemaſter ſchein, Und daß dein glaube nicht ein todter ruhm geweſen. Des HErren vorhof war dein angenehmſter gang, Da deine fuͤße ſtets in ſeinem tempel ſtunden: Wie offte haſt du doch die haͤnde da gewunden, Wenn Joſephs ſchaden dir ſehr tieff zu hertzen drang. Nicht Jacobs namen nur, auch Jacobs froͤmmigkeit, War es, du Seeliger, was dich beruͤhmet machte, Kein wunder, daß dir GOtt auch Jacobs ſegen brachte. Wer GOtt zum ſtecken hat, und ſeiner ſich erfreut, Dem muß ein wander-ſtab zu großen heeren werden, Der findt in fremder lufft ein liebes vaterland. Dis alles haſt du nun in ſtiller furcht erkannt: Es zog dich der magnet nicht nieder nach der erden; Dein geiſt ſtieg himmel-an mit ungezwungner art, Du hielteſt geld und gut nur vor geborgte gaben, Drum muſten ſie bey dir auch einen entzweck haben, Der GOtt zu ehren kam, dem naͤchſten nuͤtzlich ward. Du kern der deutſchen treu! o ſchade, daß die bruſt, Die voller redligkeit, ſo zeitlich ſoll verweſen! Soll man die zeitung ſchon von deinem tode leſen, Da kaum den deinigen die kranckheit iſt bewuſt? O all- L 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/167>, abgerufen am 23.11.2024.