Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermischte Gedichte.
Der beyden Fürsten habt gethan,
O kinder! daß man füglich kan
Von allem eurem thun und dichten
Gantz ohne schmeicheley und unparteyisch richten.

Der Frühling.
Fangt an, o söhne!
Last die welt ein urtheil fällen,
Und zeigt meinen vermessenen gesellen,
Daß uns das glück' so gut, als andre, cröne.
Der Mertz.
Jch hab' in meinen tagen
Den sieg von Kanischa (a) darvon getragen.
Die festen wälle musten sich
Durch hunger zu dem joch beqvemen.
Der April.
Was rühmst du dich?
Jch habe mich auch nicht zu schämen.
Zwang ich nicht Neutra (b) durch den degen?
War nicht Stuhl-Weißenburg, (c)
Das auch durch hunger fiel, ein reicher frühlings-segen?
Der Frühling.
Was aber sagt der schöne Mäy?
Bleibt der alleine gantz zurücke?
Jst bey des großen Käysers glücke
Vor ihn kein frohes lust-geschrey?
Was saget denn der schöne Mäy?
Der Mäy.
Jch ärmster muß gestehn,
Es will mir aller muth vergehn.
Mir ist bey meinem schönsten prangen
Kein holder glücks-stern aufgegangen.
Jch
(a) Kanischa ward den 26 Mertz an. 1690 erobert.
(b) den
3 April 1664.
(c) den 19 April 1688.

Vermiſchte Gedichte.
Der beyden Fuͤrſten habt gethan,
O kinder! daß man fuͤglich kan
Von allem eurem thun und dichten
Gantz ohne ſchmeicheley und unparteyiſch richten.

Der Fruͤhling.
Fangt an, o ſoͤhne!
Laſt die welt ein urtheil faͤllen,
Und zeigt meinen vermeſſenen geſellen,
Daß uns das gluͤck’ ſo gut, als andre, croͤne.
Der Mertz.
Jch hab’ in meinen tagen
Den ſieg von Kaniſcha (a) darvon getragen.
Die feſten waͤlle muſten ſich
Durch hunger zu dem joch beqvemen.
Der April.
Was ruͤhmſt du dich?
Jch habe mich auch nicht zu ſchaͤmen.
Zwang ich nicht Neutra (b) durch den degen?
War nicht Stuhl-Weißenburg, (c)
Das auch durch hunger fiel, ein reicher fruͤhlings-ſegen?
Der Fruͤhling.
Was aber ſagt der ſchoͤne Maͤy?
Bleibt der alleine gantz zuruͤcke?
Jſt bey des großen Kaͤyſers gluͤcke
Vor ihn kein frohes luſt-geſchrey?
Was ſaget denn der ſchoͤne Maͤy¿
Der Maͤy.
Jch aͤrmſter muß geſtehn,
Es will mir aller muth vergehn.
Mir iſt bey meinem ſchoͤnſten prangen
Kein holder gluͤcks-ſtern aufgegangen.
Jch
(a) Kaniſcha ward den 26 Mertz an. 1690 erobert.
(b) den
3 April 1664.
(c) den 19 April 1688.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="scene">
              <sp>
                <lg n="6">
                  <pb facs="#f0202" n="200"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
                  <l>Der beyden Fu&#x0364;r&#x017F;ten habt gethan,</l><lb/>
                  <l>O kinder! daß man fu&#x0364;glich kan</l><lb/>
                  <l>Von allem eurem thun und dichten</l><lb/>
                  <l>Gantz ohne &#x017F;chmeicheley und unparteyi&#x017F;ch richten.</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp>
                <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Fru&#x0364;hling.</hi> </hi> </speaker><lb/>
                <lg n="7">
                  <l>Fangt an, o &#x017F;o&#x0364;hne!</l><lb/>
                  <l>La&#x017F;t die welt ein urtheil fa&#x0364;llen,</l><lb/>
                  <l>Und zeigt meinen verme&#x017F;&#x017F;enen ge&#x017F;ellen,</l><lb/>
                  <l>Daß uns das glu&#x0364;ck&#x2019; &#x017F;o gut, als andre, cro&#x0364;ne.</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp>
                <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Mertz.</hi> </hi> </speaker><lb/>
                <lg n="8">
                  <l>Jch hab&#x2019; in meinen tagen</l><lb/>
                  <l>Den &#x017F;ieg von Kani&#x017F;cha <note place="foot" n="(a)">Kani&#x017F;cha ward den 26 Mertz an. 1690 erobert.</note> darvon getragen.</l><lb/>
                  <l>Die fe&#x017F;ten wa&#x0364;lle mu&#x017F;ten &#x017F;ich</l><lb/>
                  <l>Durch hunger zu dem joch beqvemen.</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp>
                <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der April.</hi> </hi> </speaker><lb/>
                <lg n="9">
                  <l>Was ru&#x0364;hm&#x017F;t du dich?</l><lb/>
                  <l>Jch habe mich auch nicht zu &#x017F;cha&#x0364;men.</l><lb/>
                  <l>Zwang ich nicht Neutra <note place="foot" n="(b)">den<lb/>
3 April 1664.</note> durch den degen?</l><lb/>
                  <l>War nicht Stuhl-Weißenburg, <note place="foot" n="(c)">den 19 April 1688.</note></l><lb/>
                  <l>Das auch durch hunger fiel, ein reicher fru&#x0364;hlings-&#x017F;egen?</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp>
                <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Fru&#x0364;hling.</hi> </hi> </speaker><lb/>
                <lg n="10">
                  <l>Was aber &#x017F;agt der &#x017F;cho&#x0364;ne Ma&#x0364;y?</l><lb/>
                  <l>Bleibt der alleine gantz zuru&#x0364;cke?</l><lb/>
                  <l>J&#x017F;t bey des großen Ka&#x0364;y&#x017F;ers glu&#x0364;cke</l><lb/>
                  <l>Vor ihn kein frohes lu&#x017F;t-ge&#x017F;chrey?</l><lb/>
                  <l>Was &#x017F;aget denn der &#x017F;cho&#x0364;ne Ma&#x0364;y¿</l>
                </lg>
              </sp><lb/>
              <sp>
                <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Ma&#x0364;y.</hi> </hi> </speaker><lb/>
                <lg n="11">
                  <l>Jch a&#x0364;rm&#x017F;ter muß ge&#x017F;tehn,</l><lb/>
                  <l>Es will mir aller muth vergehn.</l><lb/>
                  <l>Mir i&#x017F;t bey meinem &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten prangen</l><lb/>
                  <l>Kein holder glu&#x0364;cks-&#x017F;tern aufgegangen.</l><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
                </lg>
              </sp>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0202] Vermiſchte Gedichte. Der beyden Fuͤrſten habt gethan, O kinder! daß man fuͤglich kan Von allem eurem thun und dichten Gantz ohne ſchmeicheley und unparteyiſch richten. Der Fruͤhling. Fangt an, o ſoͤhne! Laſt die welt ein urtheil faͤllen, Und zeigt meinen vermeſſenen geſellen, Daß uns das gluͤck’ ſo gut, als andre, croͤne. Der Mertz. Jch hab’ in meinen tagen Den ſieg von Kaniſcha (a) darvon getragen. Die feſten waͤlle muſten ſich Durch hunger zu dem joch beqvemen. Der April. Was ruͤhmſt du dich? Jch habe mich auch nicht zu ſchaͤmen. Zwang ich nicht Neutra (b) durch den degen? War nicht Stuhl-Weißenburg, (c) Das auch durch hunger fiel, ein reicher fruͤhlings-ſegen? Der Fruͤhling. Was aber ſagt der ſchoͤne Maͤy? Bleibt der alleine gantz zuruͤcke? Jſt bey des großen Kaͤyſers gluͤcke Vor ihn kein frohes luſt-geſchrey? Was ſaget denn der ſchoͤne Maͤy¿ Der Maͤy. Jch aͤrmſter muß geſtehn, Es will mir aller muth vergehn. Mir iſt bey meinem ſchoͤnſten prangen Kein holder gluͤcks-ſtern aufgegangen. Jch (a) Kaniſcha ward den 26 Mertz an. 1690 erobert. (b) den 3 April 1664. (c) den 19 April 1688.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/202
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/202>, abgerufen am 27.11.2024.