Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Leanders aus Schlesien Jch, der ich voller furcht noch wol den augen sage,Sich fleißig umzusehn, ob alles einsam ist. Denn wo du, einsamkeit! mir deinen schutz entziehst, So sieht die gantze welt, was ich im hertzen trage; Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage Leicht aus der nassen schrifft der trüben augen liest. Wiewol, ob meine pein gleich keine menschen schauen, So keunet ihr sie doch, ihr felsen, püsch' und auen! Zum minsten hab ich noch kein so gar einsam feld, Wie sehr ich mich bemüht, in dieser wüst' ergründet, Da sich die liebe nicht an meiner seite findet, Und unveränderlich mit mir gespräche hält. Auf eine schwalbe, die ihn in einem Kühne feindin meiner ruh!süßen schlafe störte. Aus dem Anacreon übersetzt. Du verwaschne schwalbe du! Sage, wie soll ich mich rächen? Soll ich dir die beine brechen? Feindin meiner lust und ruh! Du verwegner vogel du! Soll ich dir die flügel nehmen, Oder gar die zunge lähmen, Wie der grimme Tereus that? Zum verzeihn ist wol kein rath. Denn was hast du alle morgen, Wenn sich Phöbus noch verborgen, Und mich süße träum' erfreu'n, Mir die ohren voll zu schrey'n? Ja dazu noch Bellarmiren Aus den armen zu entführen? Als
Leanders aus Schleſien Jch, der ich voller furcht noch wol den augen ſage,Sich fleißig umzuſehn, ob alles einſam iſt. Denn wo du, einſamkeit! mir deinen ſchutz entziehſt, So ſieht die gantze welt, was ich im hertzen trage; Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage Leicht aus der naſſen ſchrifft der truͤben augen lieſt. Wiewol, ob meine pein gleich keine menſchen ſchauen, So keunet ihr ſie doch, ihr felſen, puͤſch’ und auen! Zum minſten hab ich noch kein ſo gar einſam feld, Wie ſehr ich mich bemuͤht, in dieſer wuͤſt’ ergruͤndet, Da ſich die liebe nicht an meiner ſeite findet, Und unveraͤnderlich mit mir geſpraͤche haͤlt. Auf eine ſchwalbe, die ihn in einem Kuͤhne feindin meiner ruh!ſuͤßen ſchlafe ſtoͤrte. Aus dem Anacreon uͤberſetzt. Du verwaſchne ſchwalbe du! Sage, wie ſoll ich mich raͤchen? Soll ich dir die beine brechen? Feindin meiner luſt und ruh! Du verwegner vogel du! Soll ich dir die fluͤgel nehmen, Oder gar die zunge laͤhmen, Wie der grimme Tereus that? Zum verzeihn iſt wol kein rath. Denn was haſt du alle morgen, Wenn ſich Phoͤbus noch verborgen, Und mich ſuͤße traͤum’ erfreu’n, Mir die ohren voll zu ſchrey’n? Ja dazu noch Bellarmiren Aus den armen zu entfuͤhren? Als
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Leanders aus Schleſien
Jch, der ich voller furcht noch wol den augen ſage,
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Denn wo du, einſamkeit! mir deinen ſchutz entziehſt,
So ſieht die gantze welt, was ich im hertzen trage;
Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage
Leicht aus der naſſen ſchrifft der truͤben augen lieſt.
Wiewol, ob meine pein gleich keine menſchen ſchauen,
So keunet ihr ſie doch, ihr felſen, puͤſch’ und auen!
Zum minſten hab ich noch kein ſo gar einſam feld,
Wie ſehr ich mich bemuͤht, in dieſer wuͤſt’ ergruͤndet,
Da ſich die liebe nicht an meiner ſeite findet,
Und unveraͤnderlich mit mir geſpraͤche haͤlt.
Auf eine ſchwalbe, die ihn in einem
ſuͤßen ſchlafe ſtoͤrte.
Aus dem Anacreon uͤberſetzt.
Kuͤhne feindin meiner ruh!
Du verwaſchne ſchwalbe du!
Sage, wie ſoll ich mich raͤchen?
Soll ich dir die beine brechen?
Feindin meiner luſt und ruh!
Du verwegner vogel du!
Soll ich dir die fluͤgel nehmen,
Oder gar die zunge laͤhmen,
Wie der grimme Tereus that?
Zum verzeihn iſt wol kein rath.
Denn was haſt du alle morgen,
Wenn ſich Phoͤbus noch verborgen,
Und mich ſuͤße traͤum’ erfreu’n,
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