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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Sinn-Gedichte.
An Delien.
J. J. M.
DU, Delie! bist deinem garten gleich,
Ja noch vortrefflicher, als selbiger gezieret,
Er ist zwar auch an blumen reich,
Doch hat er niemals mir damit das hertz gerühret.
Was nutzt das blumen-werck, das ohne geist und leben?
Du aber bist die rechte blume,
Die meiner matten brust viel krafft und labsal schickt.
Du, sag ich, bist der baum,
An dessen früchten sich mein mattes hertz erquickt.
Die haare sind das laub, die arme dessen zweige,
Die blüthe weisen mir die wangen,
Die unser hertz mit schöner frucht ergetzt,
Man sieht um deinen mund die amorellen hangen,
Von kirschen sind die augen eingesetzt,
Wer äpffel haben will, darff auch nicht lange stangen,
Weil man dieselben hier kan mit dem mund erlangen.


An Cratinen.
J. G. M.
ES ist mit mir geschehn!
Mein hertze muß vor großer gluth verbrennen,
Wo du, Cratine! nicht wilst meine treu erkennen,
Und lindern meine pein,
Willt du denn grausam seyn?
Erwege, was der himmel thut,
Wie er mit schnee und eiß die dürren thäler füllet,
Und ihren heissen brand und grosses lechzen stillet;
Ach kühle, schönes kind! doch auch so meine brust.
Erfrische meine matten sinnen,
Laß mich dein kaltes hertz gewinnen,
Und geuß der lippen thau auf meinen trocknen mund,
So werd ich recht gesund.
Jch will die erde seyn, und dich als himmel schätzen,
Nur must du, merck es wohl! desselben fläche netzen.
Zi-
Sinn-Gedichte.
An Delien.
J. J. M.
DU, Delie! biſt deinem garten gleich,
Ja noch vortrefflicher, als ſelbiger gezieret,
Er iſt zwar auch an blumen reich,
Doch hat er niemals mir damit das hertz geruͤhret.
Was nutzt das blumen-werck, das ohne geiſt und leben?
Du aber biſt die rechte blume,
Die meiner matten bruſt viel krafft und labſal ſchickt.
Du, ſag ich, biſt der baum,
An deſſen fruͤchten ſich mein mattes hertz erquickt.
Die haare ſind das laub, die arme deſſen zweige,
Die bluͤthe weiſen mir die wangen,
Die unſer hertz mit ſchoͤner frucht ergetzt,
Man ſieht um deinen mund die amorellen hangen,
Von kirſchen ſind die augen eingeſetzt,
Wer aͤpffel haben will, darff auch nicht lange ſtangen,
Weil man dieſelben hier kan mit dem mund erlangen.


An Cratinen.
J. G. M.
ES iſt mit mir geſchehn!
Mein hertze muß vor großer gluth verbrennen,
Wo du, Cratine! nicht wilſt meine treu erkennen,
Und lindern meine pein,
Willt du denn grauſam ſeyn?
Erwege, was der himmel thut,
Wie er mit ſchnee und eiß die duͤrren thaͤler fuͤllet,
Und ihren heiſſen brand und groſſes lechzen ſtillet;
Ach kuͤhle, ſchoͤnes kind! doch auch ſo meine bruſt.
Erfriſche meine matten ſinnen,
Laß mich dein kaltes hertz gewinnen,
Und geuß der lippen thau auf meinen trocknen mund,
So werd ich recht geſund.
Jch will die erde ſeyn, und dich als himmel ſchaͤtzen,
Nur muſt du, merck es wohl! deſſelben flaͤche netzen.
Zi-
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[56/0058] Sinn-Gedichte. An Delien. J. J. M. DU, Delie! biſt deinem garten gleich, Ja noch vortrefflicher, als ſelbiger gezieret, Er iſt zwar auch an blumen reich, Doch hat er niemals mir damit das hertz geruͤhret. Was nutzt das blumen-werck, das ohne geiſt und leben? Du aber biſt die rechte blume, Die meiner matten bruſt viel krafft und labſal ſchickt. Du, ſag ich, biſt der baum, An deſſen fruͤchten ſich mein mattes hertz erquickt. Die haare ſind das laub, die arme deſſen zweige, Die bluͤthe weiſen mir die wangen, Die unſer hertz mit ſchoͤner frucht ergetzt, Man ſieht um deinen mund die amorellen hangen, Von kirſchen ſind die augen eingeſetzt, Wer aͤpffel haben will, darff auch nicht lange ſtangen, Weil man dieſelben hier kan mit dem mund erlangen. An Cratinen. J. G. M. ES iſt mit mir geſchehn! Mein hertze muß vor großer gluth verbrennen, Wo du, Cratine! nicht wilſt meine treu erkennen, Und lindern meine pein, Willt du denn grauſam ſeyn? Erwege, was der himmel thut, Wie er mit ſchnee und eiß die duͤrren thaͤler fuͤllet, Und ihren heiſſen brand und groſſes lechzen ſtillet; Ach kuͤhle, ſchoͤnes kind! doch auch ſo meine bruſt. Erfriſche meine matten ſinnen, Laß mich dein kaltes hertz gewinnen, Und geuß der lippen thau auf meinen trocknen mund, So werd ich recht geſund. Jch will die erde ſeyn, und dich als himmel ſchaͤtzen, Nur muſt du, merck es wohl! deſſelben flaͤche netzen. Zi-

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/58>, abgerufen am 04.12.2024.