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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Hochzeit-Getichte.


Dein kind bringt keinen schatz, als gottesfurcht und liebe,
Und sucht kein gegen-gut, als redlichkeit und treu.
Wer mercket nicht allhier des weisen himmels triebe?
Wer sieht nicht, daß ihr hertz dem deinen ähnlich sey?
Nun, ist ihr hertz dir gleich, so ist auch leicht zu gläuben,
Daß sie, gleichwie dein hauß, stets wird gesegnet bleiben.


Jch seh der trauung hier zwar nur von ferne zu:
Doch dünckt mich, daß mein geist schon als im spiegel schauet,
Wie dieses neue paar ihm ewig-süsse ruh,
Dir neue freud und lust, uns ruhm und ehre bauet.
Mein Seidel! wilst du mehr? Jch weiß, du bist zu klug.
Wer kinder glücklich sieht, der ist beglückt genug.



Das bey der Goldbeck-Senningischen
vermählung vertheidigte
frauenzimmer.
B. N.
MEin freund! wenn Juvenal, der spötter jener zeit,
Und Franckreichs Boileau, der feind der ehligkeit,
Es wüsten, wie du dich im freyen hast betragen,
Was würden sie doch wohl zu deiner heyrath sagen?
Denn, ist es anders wahr, was ihre feder spricht,
Daß mit der güldnen zeit der keuschheit helles licht
Zugleich verloschen ist; und daß vom wahren lieben
Damahls der schatten nur uns nicht zurücke blieben;
Daß kaum Pariß und Rom drey reine frauen zehlt,
Den frommen der verstand, den klugen tugend fehlt;
Und nunmehr keine lebt, die das verbotne küssen,
Wie dort Lucretia, mit blute würde büssen;
So ist es wohl sehr viel, wenn du, mein freund! allein
Das findest, was so schwer doch soll zu finden seyn.
Und ist es ferner wahr, daß tugend in den frauen
Sich, wie die schönheit, nie läst sonder hoffart schauen;
Und
Hochzeit-Getichte.


Dein kind bringt keinen ſchatz, als gottesfurcht und liebe,
Und ſucht kein gegen-gut, als redlichkeit und treu.
Wer mercket nicht allhier des weiſen himmels triebe?
Wer ſieht nicht, daß ihr hertz dem deinen aͤhnlich ſey?
Nun, iſt ihr hertz dir gleich, ſo iſt auch leicht zu glaͤuben,
Daß ſie, gleichwie dein hauß, ſtets wird geſegnet bleiben.


Jch ſeh der trauung hier zwar nur von ferne zu:
Doch duͤnckt mich, daß mein geiſt ſchon als im ſpiegel ſchauet,
Wie dieſes neue paar ihm ewig-ſuͤſſe ruh,
Dir neue freud und luſt, uns ruhm und ehre bauet.
Mein Seidel! wilſt du mehr? Jch weiß, du biſt zu klug.
Wer kinder gluͤcklich ſieht, der iſt begluͤckt genug.



Das bey der Goldbeck-Senningiſchen
vermaͤhlung vertheidigte
frauenzimmer.
B. N.
MEin freund! wenn Juvenal, der ſpoͤtter jener zeit,
Und Franckreichs Boileau, der feind der ehligkeit,
Es wuͤſten, wie du dich im freyen haſt betragen,
Was wuͤrden ſie doch wohl zu deiner heyrath ſagen?
Denn, iſt es anders wahr, was ihre feder ſpricht,
Daß mit der guͤldnen zeit der keuſchheit helles licht
Zugleich verloſchen iſt; und daß vom wahren lieben
Damahls der ſchatten nur uns nicht zuruͤcke blieben;
Daß kaum Pariß und Rom drey reine frauen zehlt,
Den frommen der verſtand, den klugen tugend fehlt;
Und nunmehr keine lebt, die das verbotne kuͤſſen,
Wie dort Lucretia, mit blute wuͤrde buͤſſen;
So iſt es wohl ſehr viel, wenn du, mein freund! allein
Das findeſt, was ſo ſchwer doch ſoll zu finden ſeyn.
Und iſt es ferner wahr, daß tugend in den frauen
Sich, wie die ſchoͤnheit, nie laͤſt ſonder hoffart ſchauen;
Und
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[106/0130] Hochzeit-Getichte. Dein kind bringt keinen ſchatz, als gottesfurcht und liebe, Und ſucht kein gegen-gut, als redlichkeit und treu. Wer mercket nicht allhier des weiſen himmels triebe? Wer ſieht nicht, daß ihr hertz dem deinen aͤhnlich ſey? Nun, iſt ihr hertz dir gleich, ſo iſt auch leicht zu glaͤuben, Daß ſie, gleichwie dein hauß, ſtets wird geſegnet bleiben. Jch ſeh der trauung hier zwar nur von ferne zu: Doch duͤnckt mich, daß mein geiſt ſchon als im ſpiegel ſchauet, Wie dieſes neue paar ihm ewig-ſuͤſſe ruh, Dir neue freud und luſt, uns ruhm und ehre bauet. Mein Seidel! wilſt du mehr? Jch weiß, du biſt zu klug. Wer kinder gluͤcklich ſieht, der iſt begluͤckt genug. Das bey der Goldbeck-Senningiſchen vermaͤhlung vertheidigte frauenzimmer. B. N. MEin freund! wenn Juvenal, der ſpoͤtter jener zeit, Und Franckreichs Boileau, der feind der ehligkeit, Es wuͤſten, wie du dich im freyen haſt betragen, Was wuͤrden ſie doch wohl zu deiner heyrath ſagen? Denn, iſt es anders wahr, was ihre feder ſpricht, Daß mit der guͤldnen zeit der keuſchheit helles licht Zugleich verloſchen iſt; und daß vom wahren lieben Damahls der ſchatten nur uns nicht zuruͤcke blieben; Daß kaum Pariß und Rom drey reine frauen zehlt, Den frommen der verſtand, den klugen tugend fehlt; Und nunmehr keine lebt, die das verbotne kuͤſſen, Wie dort Lucretia, mit blute wuͤrde buͤſſen; So iſt es wohl ſehr viel, wenn du, mein freund! allein Das findeſt, was ſo ſchwer doch ſoll zu finden ſeyn. Und iſt es ferner wahr, daß tugend in den frauen Sich, wie die ſchoͤnheit, nie laͤſt ſonder hoffart ſchauen; Und

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/130>, abgerufen am 16.05.2024.