Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochzeit-Getichte.

Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget,
So wird mir offt das hertz beweget.
Alsdenn so fang ich an zu klagen,
Was ich vor selber todt geschlagen.
Wie glücklich, denck ich offt, seyd ihr verliebten doch!
Jhr schmiedet euch an kett und joch:
Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen.
Jhr laufft in netz und schlingen ein,
Und dennoch könnt ihr in der pein,
Und dennoch könnt ihr sterbend schertzen.
Das wild verliehrt
Die freyheit und zugleich das leben;
Euch wird das leben erst gegeben,
Wenn man an eure freyheit rührt:
Euch wird die freyheit erst gegeben,
Wenn Amor euch das hertz entführt.

ARIA.
Jaget, jagt, ihr helden! bären!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Jn dem holtze sich verzehren,
Heist der zeit den rücken kehren;
Nymphen können mehr gewähren,
Als des waldes ungemach.
Jaget, jagt, ihr helden! bären!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Bacchus.
SO giebt Diana sich gefangen?
Diana, die Actäous angesicht
So schändlich zugericht?
Diana, die, Alphäus! dein verlangen
Gehört, und dennoch nur verlacht.
O Amor! deine macht
Jst wohl dem weine zu vergleichen:
Wen er nicht fällen kan, den pflegt er zu beschleichen.
Wir fluchen dir und schelten dich:
Jndessen lachst du innerlich;
Und

Hochzeit-Getichte.

Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget,
So wird mir offt das hertz beweget.
Alsdenn ſo fang ich an zu klagen,
Was ich vor ſelber todt geſchlagen.
Wie gluͤcklich, denck ich offt, ſeyd ihr verliebten doch!
Jhr ſchmiedet euch an kett und joch:
Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen.
Jhr laufft in netz und ſchlingen ein,
Und dennoch koͤnnt ihr in der pein,
Und dennoch koͤnnt ihr ſterbend ſchertzen.
Das wild verliehrt
Die freyheit und zugleich das leben;
Euch wird das leben erſt gegeben,
Wenn man an eure freyheit ruͤhrt:
Euch wird die freyheit erſt gegeben,
Wenn Amor euch das hertz entfuͤhrt.

ARIA.
Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Jn dem holtze ſich verzehren,
Heiſt der zeit den ruͤcken kehren;
Nymphen koͤnnen mehr gewaͤhren,
Als des waldes ungemach.
Jaget, jagt, ihr helden! baͤren!
Aber jagt auch Nymphen nach!
Bacchus.
SO giebt Diana ſich gefangen?
Diana, die Actaͤous angeſicht
So ſchaͤndlich zugericht?
Diana, die, Alphaͤus! dein verlangen
Gehoͤrt, und dennoch nur verlacht.
O Amor! deine macht
Jſt wohl dem weine zu vergleichen:
Wen er nicht faͤllen kan, den pflegt er zu beſchleichen.
Wir fluchen dir und ſchelten dich:
Jndeſſen lachſt du innerlich;
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp xml:id="DIA">
            <lg n="3">
              <l>
                <pb facs="#f0146" n="122"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Getichte.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget,</l><lb/>
              <l>So wird mir offt das hertz beweget.</l><lb/>
              <l>Alsdenn &#x017F;o fang ich an zu klagen,</l><lb/>
              <l>Was ich vor &#x017F;elber todt ge&#x017F;chlagen.</l><lb/>
              <l>Wie glu&#x0364;cklich, denck ich offt, &#x017F;eyd ihr verliebten doch!</l><lb/>
              <l>Jhr &#x017F;chmiedet euch an kett und joch:</l><lb/>
              <l>Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen.</l><lb/>
              <l>Jhr laufft in netz und &#x017F;chlingen ein,</l><lb/>
              <l>Und dennoch ko&#x0364;nnt ihr in der pein,</l><lb/>
              <l>Und dennoch ko&#x0364;nnt ihr &#x017F;terbend &#x017F;chertzen.</l><lb/>
              <l>Das wild verliehrt</l><lb/>
              <l>Die freyheit und zugleich das leben;</l><lb/>
              <l>Euch wird das leben er&#x017F;t gegeben,</l><lb/>
              <l>Wenn man an eure freyheit ru&#x0364;hrt:</l><lb/>
              <l>Euch wird die freyheit er&#x017F;t gegeben,</l><lb/>
              <l>Wenn Amor euch das hertz entfu&#x0364;hrt.</l>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <lg n="4">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"> <hi rendition="#g">ARIA.</hi> </hi> </hi> </head><lb/>
            <l>Jaget, jagt, ihr helden! ba&#x0364;ren!</l><lb/>
            <l>Aber jagt auch Nymphen nach!</l><lb/>
            <l>Jn dem holtze &#x017F;ich verzehren,</l><lb/>
            <l>Hei&#x017F;t der zeit den ru&#x0364;cken kehren;</l><lb/>
            <l>Nymphen ko&#x0364;nnen mehr gewa&#x0364;hren,</l><lb/>
            <l>Als des waldes ungemach.</l><lb/>
            <l>Jaget, jagt, ihr helden! ba&#x0364;ren!</l><lb/>
            <l>Aber jagt auch Nymphen nach!</l>
          </lg><lb/>
          <sp xml:id="BAC">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Bacchus.</hi> </speaker><lb/>
            <lg n="5">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>O giebt Diana &#x017F;ich gefangen?</l><lb/>
              <l>Diana, die Acta&#x0364;ous ange&#x017F;icht</l><lb/>
              <l>So &#x017F;cha&#x0364;ndlich zugericht?</l><lb/>
              <l>Diana, die, Alpha&#x0364;us! dein verlangen</l><lb/>
              <l>Geho&#x0364;rt, und dennoch nur verlacht.</l><lb/>
              <l>O Amor! deine macht</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t wohl dem weine zu vergleichen:</l><lb/>
              <l>Wen er nicht fa&#x0364;llen kan, den pflegt er zu be&#x017F;chleichen.</l><lb/>
              <l>Wir fluchen dir und &#x017F;chelten dich:</l><lb/>
              <l>Jnde&#x017F;&#x017F;en lach&#x017F;t du innerlich;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
            </lg>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0146] Hochzeit-Getichte. Jedoch, wenn ich ein reh, ein armes reh erleget, So wird mir offt das hertz beweget. Alsdenn ſo fang ich an zu klagen, Was ich vor ſelber todt geſchlagen. Wie gluͤcklich, denck ich offt, ſeyd ihr verliebten doch! Jhr ſchmiedet euch an kett und joch: Und dennoch fiegt ihr in dem hertzen. Jhr laufft in netz und ſchlingen ein, Und dennoch koͤnnt ihr in der pein, Und dennoch koͤnnt ihr ſterbend ſchertzen. Das wild verliehrt Die freyheit und zugleich das leben; Euch wird das leben erſt gegeben, Wenn man an eure freyheit ruͤhrt: Euch wird die freyheit erſt gegeben, Wenn Amor euch das hertz entfuͤhrt. ARIA. Jaget, jagt, ihr helden! baͤren! Aber jagt auch Nymphen nach! Jn dem holtze ſich verzehren, Heiſt der zeit den ruͤcken kehren; Nymphen koͤnnen mehr gewaͤhren, Als des waldes ungemach. Jaget, jagt, ihr helden! baͤren! Aber jagt auch Nymphen nach! Bacchus. SO giebt Diana ſich gefangen? Diana, die Actaͤous angeſicht So ſchaͤndlich zugericht? Diana, die, Alphaͤus! dein verlangen Gehoͤrt, und dennoch nur verlacht. O Amor! deine macht Jſt wohl dem weine zu vergleichen: Wen er nicht faͤllen kan, den pflegt er zu beſchleichen. Wir fluchen dir und ſchelten dich: Jndeſſen lachſt du innerlich; Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/146
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/146>, abgerufen am 22.11.2024.