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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Begräbniß-Getichte.
Der theure greiß, der dir die tochter anvertraut,
Der schon ins andre jahr das land von erden baut,
Heist dich willkommen seyn dort vor des alten throne.
Jtzt weidet euch das lamm, das auf dem stuhle sitzt:
Jtzt wandelt euer fuß, wo keine natter ritzt:
Jtzt gläntzet euer haupt von Zions sternen-crone.
Jch habe, seeligster! dein auge nicht gedrückt:
Jch habe deinen geist mit segnen nicht begleitet,
Wie ich die letzte pflicht zu jener zeit bedeutet,
Da mir ein Haugwitz starb, der mich so offt erquickt;
So muß die hand-voll sand von ferne das ersetzen,
Was ich im geiste hier zu deiner asche streu;
Doch da ich auch mit dir mich muß in schrifften letzen,
So stirbt mein Haugwitz mir recht noch einmahl darbey.
GOtt rieff mich ja durch euch, da ich den leib-rock kriegte:
Jtzt halt ihr beyde um den sterbe-küttel an;
Doch ich bescheide mich: Der HErr hat es gethan!
Du siegest auch itzund, wie dorten jener siegte.
Steh, überwinder! nun in deiner sieges-pracht!
Dein kleid ist licht und glantz im purpur-felde worden:
Hier ist das goldne vließ in diesem ritter-orden;
Triumph heist dein gesang, zu dem der himmel lacht.
Wir wollen deine grufft mit einem siegel schliessen,
Jn dem der lebens-ruhm, wie diamanten, steht;
Doch wird man diesen ort nicht einen kercker grüssen,
Weil eine schrifft zugleich wie marmel ist erhöht:
Hier starb (was sag ich starb?) hier gieng zum andern leben
Durch einen sanfften tod an Christi todes-tag,
Der bey vier jahren schon wie gantz erstorben lag,
Dem hat des HErren tod das leben hier gegeben.
Nun wend ich mich zu dir, du halb-erstorbnes hertz!
Sie wollen, gnädige! in thränen sich begraben,
Weil sie den besten schatz der grufft vertrauet haben:
Die wunden sind sehr tieff, der schmertzen über schmertz.
Der weinstock triefft, wenn ihm die trauben abgerissen:
Wie solten nicht bey sie die witwen-thränen fliessen?
Doch
Begraͤbniß-Getichte.
Der theure greiß, der dir die tochter anvertraut,
Der ſchon ins andre jahr das land von erden baut,
Heiſt dich willkommen ſeyn dort vor des alten throne.
Jtzt weidet euch das lamm, das auf dem ſtuhle ſitzt:
Jtzt wandelt euer fuß, wo keine natter ritzt:
Jtzt glaͤntzet euer haupt von Zions ſternen-crone.
Jch habe, ſeeligſter! dein auge nicht gedruͤckt:
Jch habe deinen geiſt mit ſegnen nicht begleitet,
Wie ich die letzte pflicht zu jener zeit bedeutet,
Da mir ein Haugwitz ſtarb, der mich ſo offt erquickt;
So muß die hand-voll ſand von ferne das erſetzen,
Was ich im geiſte hier zu deiner aſche ſtreu;
Doch da ich auch mit dir mich muß in ſchrifften letzen,
So ſtirbt mein Haugwitz mir recht noch einmahl darbey.
GOtt rieff mich ja durch euch, da ich den leib-rock kriegte:
Jtzt halt ihr beyde um den ſterbe-kuͤttel an;
Doch ich beſcheide mich: Der HErꝛ hat es gethan!
Du ſiegeſt auch itzund, wie dorten jener ſiegte.
Steh, uͤberwinder! nun in deiner ſieges-pracht!
Dein kleid iſt licht und glantz im purpur-felde worden:
Hier iſt das goldne vließ in dieſem ritter-orden;
Triumph heiſt dein geſang, zu dem der himmel lacht.
Wir wollen deine grufft mit einem ſiegel ſchlieſſen,
Jn dem der lebens-ruhm, wie diamanten, ſteht;
Doch wird man dieſen ort nicht einen kercker gruͤſſen,
Weil eine ſchrifft zugleich wie marmel iſt erhoͤht:
Hier ſtarb (was ſag ich ſtarb?) hier gieng zum andern leben
Durch einen ſanfften tod an Chriſti todes-tag,
Der bey vier jahren ſchon wie gantz erſtorben lag,
Dem hat des HErren tod das leben hier gegeben.
Nun wend ich mich zu dir, du halb-erſtorbnes hertz!
Sie wollen, gnaͤdige! in thraͤnen ſich begraben,
Weil ſie den beſten ſchatz der grufft vertrauet haben:
Die wunden ſind ſehr tieff, der ſchmertzen uͤber ſchmertz.
Der weinſtock triefft, wenn ihm die trauben abgeriſſen:
Wie ſolten nicht bey ſie die witwen-thraͤnen flieſſen?
Doch
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[178/0202] Begraͤbniß-Getichte. Der theure greiß, der dir die tochter anvertraut, Der ſchon ins andre jahr das land von erden baut, Heiſt dich willkommen ſeyn dort vor des alten throne. Jtzt weidet euch das lamm, das auf dem ſtuhle ſitzt: Jtzt wandelt euer fuß, wo keine natter ritzt: Jtzt glaͤntzet euer haupt von Zions ſternen-crone. Jch habe, ſeeligſter! dein auge nicht gedruͤckt: Jch habe deinen geiſt mit ſegnen nicht begleitet, Wie ich die letzte pflicht zu jener zeit bedeutet, Da mir ein Haugwitz ſtarb, der mich ſo offt erquickt; So muß die hand-voll ſand von ferne das erſetzen, Was ich im geiſte hier zu deiner aſche ſtreu; Doch da ich auch mit dir mich muß in ſchrifften letzen, So ſtirbt mein Haugwitz mir recht noch einmahl darbey. GOtt rieff mich ja durch euch, da ich den leib-rock kriegte: Jtzt halt ihr beyde um den ſterbe-kuͤttel an; Doch ich beſcheide mich: Der HErꝛ hat es gethan! Du ſiegeſt auch itzund, wie dorten jener ſiegte. Steh, uͤberwinder! nun in deiner ſieges-pracht! Dein kleid iſt licht und glantz im purpur-felde worden: Hier iſt das goldne vließ in dieſem ritter-orden; Triumph heiſt dein geſang, zu dem der himmel lacht. Wir wollen deine grufft mit einem ſiegel ſchlieſſen, Jn dem der lebens-ruhm, wie diamanten, ſteht; Doch wird man dieſen ort nicht einen kercker gruͤſſen, Weil eine ſchrifft zugleich wie marmel iſt erhoͤht: Hier ſtarb (was ſag ich ſtarb?) hier gieng zum andern leben Durch einen ſanfften tod an Chriſti todes-tag, Der bey vier jahren ſchon wie gantz erſtorben lag, Dem hat des HErren tod das leben hier gegeben. Nun wend ich mich zu dir, du halb-erſtorbnes hertz! Sie wollen, gnaͤdige! in thraͤnen ſich begraben, Weil ſie den beſten ſchatz der grufft vertrauet haben: Die wunden ſind ſehr tieff, der ſchmertzen uͤber ſchmertz. Der weinſtock triefft, wenn ihm die trauben abgeriſſen: Wie ſolten nicht bey ſie die witwen-thraͤnen flieſſen? Doch

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/202>, abgerufen am 23.11.2024.