Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Getichte.
Unterthänigste gedancken bey dem von
Seiner Königl. Majestät in Preussen
aufgerichteten gedächtniß-bilde
Friedrich Wilhelm des
Grossen.

B. N.
VErschlafne Musen! wacht von eurem schlummer auf!
Mein könig rühret sich, und eilt in vollem lauff
Eur seitenspiel vorbey; um hof und volck zu lehren:
Wie man den vater soll, die wahre tugend, ehren.
Er hält es, wie ihr seht, nicht mit der eitlen welt,
Da offt ein kühner printz sein falsches bild aufstellt,
Zeigt, was er nie gewest, sucht, was er nicht verstehet,
Vom vater aber schweigt, der ihn dennoch erhöhet;
Mein könig zeiget frey, was Friedrich Wilhelm war,
Und stellt ihn grösser noch, als er gewesen, dar.
Er gönnt ihm nicht allein den ruhm der hohen thaten,
Durch die so mancher schluß, so mancher krieg gerathen:
Er räumte, könt es nur, o himmel! möglich seyn,
Jhm auch wohl diesen tag noch thron und scepter ein,
Und liesse diß und das, und wohl noch mehr geschehn;
Könnt er den vater nur durch sich geerönet sehen.
Doch was er ihm nicht mehr im leben schencken kan,
Das hat er, wie bekannt, der asche noch gethan.
Es starb der seeligste noch in dem fürsten-orden:
Nun ist er in der grufft ein königs-vater worden.
Vergrösserung genung! Doch hierbey bleibt es nicht;
Mein könig bringet ihn auch endlich an das licht,
Und heist ihn durch die kunst von neuem wieder leben;
Und also giebt er mehr, als man ihm selbst gegeben.
Der vater gab ihm nur ein leben kurtzer zeit;
Er crönt den vater gar mit der unsterblichkeit.
O segens-werther Sohn! o ungemeiner König!
Auch dieses, glaub ich, ist für dich annoch zu wenig.
Denn
Vermiſchte Getichte.
Unterthaͤnigſte gedancken bey dem von
Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen
aufgerichteten gedaͤchtniß-bilde
Friedrich Wilhelm des
Groſſen.

B. N.
VErſchlafne Muſen! wacht von eurem ſchlummer auf!
Mein koͤnig ruͤhret ſich, und eilt in vollem lauff
Eur ſeitenſpiel vorbey; um hof und volck zu lehren:
Wie man den vater ſoll, die wahre tugend, ehren.
Er haͤlt es, wie ihr ſeht, nicht mit der eitlen welt,
Da offt ein kuͤhner printz ſein falſches bild aufſtellt,
Zeigt, was er nie geweſt, ſucht, was er nicht verſtehet,
Vom vater aber ſchweigt, der ihn dennoch erhoͤhet;
Mein koͤnig zeiget frey, was Friedrich Wilhelm war,
Und ſtellt ihn groͤſſer noch, als er geweſen, dar.
Er goͤnnt ihm nicht allein den ruhm der hohen thaten,
Durch die ſo mancher ſchluß, ſo mancher krieg gerathen:
Er raͤumte, koͤnt es nur, o himmel! moͤglich ſeyn,
Jhm auch wohl dieſen tag noch thron und ſcepter ein,
Und lieſſe diß und das, und wohl noch mehr geſchehn;
Koͤnnt er den vater nur durch ſich geeroͤnet ſehen.
Doch was er ihm nicht mehr im leben ſchencken kan,
Das hat er, wie bekannt, der aſche noch gethan.
Es ſtarb der ſeeligſte noch in dem fuͤrſten-orden:
Nun iſt er in der grufft ein koͤnigs-vater worden.
Vergroͤſſerung genung! Doch hierbey bleibt es nicht;
Mein koͤnig bringet ihn auch endlich an das licht,
Und heiſt ihn durch die kunſt von neuem wieder leben;
Und alſo giebt er mehr, als man ihm ſelbſt gegeben.
Der vater gab ihm nur ein leben kurtzer zeit;
Er croͤnt den vater gar mit der unſterblichkeit.
O ſegens-werther Sohn! o ungemeiner Koͤnig!
Auch dieſes, glaub ich, iſt fuͤr dich annoch zu wenig.
Denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0242" n="218"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Getichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <head><hi rendition="#b">Untertha&#x0364;nig&#x017F;te gedancken bey dem von<lb/>
Seiner Ko&#x0364;nigl. Maje&#x017F;ta&#x0364;t in Preu&#x017F;&#x017F;en<lb/>
aufgerichteten geda&#x0364;chtniß-bilde<lb/>
Friedrich Wilhelm des<lb/>
Gro&#x017F;&#x017F;en.</hi><lb/>
B. N.</head><lb/>
            <lg n="19">
              <l><hi rendition="#in">V</hi>Er&#x017F;chlafne Mu&#x017F;en! wacht von eurem &#x017F;chlummer auf!</l><lb/>
              <l>Mein ko&#x0364;nig ru&#x0364;hret &#x017F;ich, und eilt in vollem lauff</l><lb/>
              <l>Eur &#x017F;eiten&#x017F;piel vorbey; um hof und volck zu lehren:</l><lb/>
              <l>Wie man den vater &#x017F;oll, die wahre tugend, ehren.</l><lb/>
              <l>Er ha&#x0364;lt es, wie ihr &#x017F;eht, nicht mit der eitlen welt,</l><lb/>
              <l>Da offt ein ku&#x0364;hner printz &#x017F;ein fal&#x017F;ches bild auf&#x017F;tellt,</l><lb/>
              <l>Zeigt, was er nie gewe&#x017F;t, &#x017F;ucht, was er nicht ver&#x017F;tehet,</l><lb/>
              <l>Vom vater aber &#x017F;chweigt, der ihn dennoch erho&#x0364;het;</l><lb/>
              <l>Mein ko&#x0364;nig zeiget frey, was Friedrich Wilhelm war,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tellt ihn gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er noch, als er gewe&#x017F;en, dar.</l><lb/>
              <l>Er go&#x0364;nnt ihm nicht allein den ruhm der hohen thaten,</l><lb/>
              <l>Durch die &#x017F;o mancher &#x017F;chluß, &#x017F;o mancher krieg gerathen:</l><lb/>
              <l>Er ra&#x0364;umte, ko&#x0364;nt es nur, o himmel! mo&#x0364;glich &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Jhm auch wohl die&#x017F;en tag noch thron und &#x017F;cepter ein,</l><lb/>
              <l>Und lie&#x017F;&#x017F;e diß und das, und wohl noch mehr ge&#x017F;chehn;</l><lb/>
              <l>Ko&#x0364;nnt er den vater nur durch &#x017F;ich geero&#x0364;net &#x017F;ehen.</l><lb/>
              <l>Doch was er ihm nicht mehr im leben &#x017F;chencken kan,</l><lb/>
              <l>Das hat er, wie bekannt, der a&#x017F;che noch gethan.</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;tarb der &#x017F;eelig&#x017F;te noch in dem fu&#x0364;r&#x017F;ten-orden:</l><lb/>
              <l>Nun i&#x017F;t er in der grufft ein ko&#x0364;nigs-vater worden.</l><lb/>
              <l>Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung genung! Doch hierbey bleibt es nicht;</l><lb/>
              <l>Mein ko&#x0364;nig bringet ihn auch endlich an das licht,</l><lb/>
              <l>Und hei&#x017F;t ihn durch die kun&#x017F;t von neuem wieder leben;</l><lb/>
              <l>Und al&#x017F;o giebt er mehr, als man ihm &#x017F;elb&#x017F;t gegeben.</l><lb/>
              <l>Der vater gab ihm nur ein leben kurtzer zeit;</l><lb/>
              <l>Er cro&#x0364;nt den vater gar mit der un&#x017F;terblichkeit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>O &#x017F;egens-werther Sohn! o ungemeiner Ko&#x0364;nig!</l><lb/>
              <l>Auch die&#x017F;es, glaub ich, i&#x017F;t fu&#x0364;r dich annoch zu wenig.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0242] Vermiſchte Getichte. Unterthaͤnigſte gedancken bey dem von Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen aufgerichteten gedaͤchtniß-bilde Friedrich Wilhelm des Groſſen. B. N. VErſchlafne Muſen! wacht von eurem ſchlummer auf! Mein koͤnig ruͤhret ſich, und eilt in vollem lauff Eur ſeitenſpiel vorbey; um hof und volck zu lehren: Wie man den vater ſoll, die wahre tugend, ehren. Er haͤlt es, wie ihr ſeht, nicht mit der eitlen welt, Da offt ein kuͤhner printz ſein falſches bild aufſtellt, Zeigt, was er nie geweſt, ſucht, was er nicht verſtehet, Vom vater aber ſchweigt, der ihn dennoch erhoͤhet; Mein koͤnig zeiget frey, was Friedrich Wilhelm war, Und ſtellt ihn groͤſſer noch, als er geweſen, dar. Er goͤnnt ihm nicht allein den ruhm der hohen thaten, Durch die ſo mancher ſchluß, ſo mancher krieg gerathen: Er raͤumte, koͤnt es nur, o himmel! moͤglich ſeyn, Jhm auch wohl dieſen tag noch thron und ſcepter ein, Und lieſſe diß und das, und wohl noch mehr geſchehn; Koͤnnt er den vater nur durch ſich geeroͤnet ſehen. Doch was er ihm nicht mehr im leben ſchencken kan, Das hat er, wie bekannt, der aſche noch gethan. Es ſtarb der ſeeligſte noch in dem fuͤrſten-orden: Nun iſt er in der grufft ein koͤnigs-vater worden. Vergroͤſſerung genung! Doch hierbey bleibt es nicht; Mein koͤnig bringet ihn auch endlich an das licht, Und heiſt ihn durch die kunſt von neuem wieder leben; Und alſo giebt er mehr, als man ihm ſelbſt gegeben. Der vater gab ihm nur ein leben kurtzer zeit; Er croͤnt den vater gar mit der unſterblichkeit. O ſegens-werther Sohn! o ungemeiner Koͤnig! Auch dieſes, glaub ich, iſt fuͤr dich annoch zu wenig. Denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/242
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/242>, abgerufen am 16.05.2024.