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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
Kan man uns gleich nicht sehn, so hört man uns doch sprechen.
Denn so viel wörter, Herr! aus klugen lippen brechen,
Aus lippen, welche stets dein offner becher tränckt;
So vielmahl wird dein geist mit unserem vermengt:
So vielmahl siehst du uns. Augustus! dein vergnügen
War gros und übergros, als nach so schweren siegen
Mäcenas zwar dein rath, doch auch zur Musen-schaar,
Die dich sehr offt erquickt, dein treuer führer war.
Du lies'st das stoltze Rom in dem gehirne schwellen,
Und giengst indessen hin zu Hypocrenens quellen:
Da legtst du cron und müh, den hof- und krieges-sinn,
Und was sonst eitel war, zu Phöbus füssen hin.
Was du, o grosser Held! im alter erst erfahren,
Schmeckt unser weiser Carl in seinen zarten jahren:
Jhm fehlt zwar deine macht, und deiner waffen licht;
Doch fehlt ihm deine ruh und auch Mäcenas nicht.
Wie solten wir denn nicht an seinem feste singen?
Steh auf, Elysien! laß deine flöten klingen!
Die, obgleich auch verstimmt, doch noch die besten seyn.
Es ist des himmels schluß: Carl soll dich einst erfreun,
Bey dir hat unser licht zu brennen angefangen:
Bey dir soll es durch ihn zur höchsten krafft gelangen.
O allzutheurer Printz! Sieh' doch, wie unser geist,
Jndem er dich betracht, aus seinen schrancken reißt:
Er schwingt sich von der Spree auf Aventinus höhen,
Von Rom nach Schlesien. So gar geschwinde gehen
Doch sonst die Musen nicht. Sie lieben mäßigkeit,
Wie du, o kluger Printz! nicht nur zur tafel-zeit:
Nicht nur bey schertz und lust; Nein! sondern auch im schreiben:
Nichts kan sie leicht zu hoch, und nichts zu niedrig treiben.
Sie folgen der natur, und schencken ihren wein,
Zwar artig und geschickt, doch ohne prahlen, ein.
Was rührt uns heute dann? Ach! soll man es bekennen?
Nichts, nichts, als daß wir, Printz! dir alles möchten gönnen,
Was du mit augen hier an Friedrichs tugend siehst,
Und jeder vom August und dessen glücke liest.
Fahr'
Vermiſchte Getichte.
Kan man uns gleich nicht ſehn, ſo hoͤrt man uns doch ſprechen.
Denn ſo viel woͤrter, Herꝛ! aus klugen lippen brechen,
Aus lippen, welche ſtets dein offner becher traͤnckt;
So vielmahl wird dein geiſt mit unſerem vermengt:
So vielmahl ſiehſt du uns. Auguſtus! dein vergnuͤgen
War gros und uͤbergros, als nach ſo ſchweren ſiegen
Maͤcenas zwar dein rath, doch auch zur Muſen-ſchaar,
Die dich ſehr offt erquickt, dein treuer fuͤhrer war.
Du lieſ’ſt das ſtoltze Rom in dem gehirne ſchwellen,
Und giengſt indeſſen hin zu Hypocrenens quellen:
Da legtſt du cron und muͤh, den hof- und krieges-ſinn,
Und was ſonſt eitel war, zu Phoͤbus fuͤſſen hin.
Was du, o groſſer Held! im alter erſt erfahren,
Schmeckt unſer weiſer Carl in ſeinen zarten jahren:
Jhm fehlt zwar deine macht, und deiner waffen licht;
Doch fehlt ihm deine ruh und auch Maͤcenas nicht.
Wie ſolten wir denn nicht an ſeinem feſte ſingen?
Steh auf, Elyſien! laß deine floͤten klingen!
Die, obgleich auch verſtimmt, doch noch die beſten ſeyn.
Es iſt des himmels ſchluß: Carl ſoll dich einſt erfreun,
Bey dir hat unſer licht zu brennen angefangen:
Bey dir ſoll es durch ihn zur hoͤchſten krafft gelangen.
O allzutheurer Printz! Sieh’ doch, wie unſer geiſt,
Jndem er dich betracht, aus ſeinen ſchrancken reißt:
Er ſchwingt ſich von der Spree auf Aventinus hoͤhen,
Von Rom nach Schleſien. So gar geſchwinde gehen
Doch ſonſt die Muſen nicht. Sie lieben maͤßigkeit,
Wie du, o kluger Printz! nicht nur zur tafel-zeit:
Nicht nur bey ſchertz und luſt; Nein! ſondern auch im ſchreiben:
Nichts kan ſie leicht zu hoch, und nichts zu niedrig treiben.
Sie folgen der natur, und ſchencken ihren wein,
Zwar artig und geſchickt, doch ohne prahlen, ein.
Was ruͤhrt uns heute dann? Ach! ſoll man es bekennen?
Nichts, nichts, als daß wir, Printz! dir alles moͤchten goͤnnen,
Was du mit augen hier an Friedrichs tugend ſiehſt,
Und jeder vom Auguſt und deſſen gluͤcke lieſt.
Fahr’
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[228/0252] Vermiſchte Getichte. Kan man uns gleich nicht ſehn, ſo hoͤrt man uns doch ſprechen. Denn ſo viel woͤrter, Herꝛ! aus klugen lippen brechen, Aus lippen, welche ſtets dein offner becher traͤnckt; So vielmahl wird dein geiſt mit unſerem vermengt: So vielmahl ſiehſt du uns. Auguſtus! dein vergnuͤgen War gros und uͤbergros, als nach ſo ſchweren ſiegen Maͤcenas zwar dein rath, doch auch zur Muſen-ſchaar, Die dich ſehr offt erquickt, dein treuer fuͤhrer war. Du lieſ’ſt das ſtoltze Rom in dem gehirne ſchwellen, Und giengſt indeſſen hin zu Hypocrenens quellen: Da legtſt du cron und muͤh, den hof- und krieges-ſinn, Und was ſonſt eitel war, zu Phoͤbus fuͤſſen hin. Was du, o groſſer Held! im alter erſt erfahren, Schmeckt unſer weiſer Carl in ſeinen zarten jahren: Jhm fehlt zwar deine macht, und deiner waffen licht; Doch fehlt ihm deine ruh und auch Maͤcenas nicht. Wie ſolten wir denn nicht an ſeinem feſte ſingen? Steh auf, Elyſien! laß deine floͤten klingen! Die, obgleich auch verſtimmt, doch noch die beſten ſeyn. Es iſt des himmels ſchluß: Carl ſoll dich einſt erfreun, Bey dir hat unſer licht zu brennen angefangen: Bey dir ſoll es durch ihn zur hoͤchſten krafft gelangen. O allzutheurer Printz! Sieh’ doch, wie unſer geiſt, Jndem er dich betracht, aus ſeinen ſchrancken reißt: Er ſchwingt ſich von der Spree auf Aventinus hoͤhen, Von Rom nach Schleſien. So gar geſchwinde gehen Doch ſonſt die Muſen nicht. Sie lieben maͤßigkeit, Wie du, o kluger Printz! nicht nur zur tafel-zeit: Nicht nur bey ſchertz und luſt; Nein! ſondern auch im ſchreiben: Nichts kan ſie leicht zu hoch, und nichts zu niedrig treiben. Sie folgen der natur, und ſchencken ihren wein, Zwar artig und geſchickt, doch ohne prahlen, ein. Was ruͤhrt uns heute dann? Ach! ſoll man es bekennen? Nichts, nichts, als daß wir, Printz! dir alles moͤchten goͤnnen, Was du mit augen hier an Friedrichs tugend ſiehſt, Und jeder vom Auguſt und deſſen gluͤcke lieſt. Fahr’

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/252>, abgerufen am 22.11.2024.