Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Doch wenn die furcht schon will den vorsatz hintertreiben,So heisset mich dennoch die liebe von dir schreiben. Ein jeder redet wohl, wo so viel tugend steht: Zu preisen dich, o Held! ist jeder ein poet: Die Musen dörffen nicht die schwachen sinnen stärcken. Was andre suchen weit, find ich in deinen wercken: Jch schau in einem tag in dir mehr wunder an, Als ich zu deinem lob im jahre schreiben kan. Eh' ich dich seh, als kind, machst du dich schon zum helden: Eh' ich dich ehr' als held, will mir dein thun schon melden, Daß du ein halb-gott bist: Du sitzst im sternen-dach, Eh' dir mein schneller sinn folgt auf der erde nach. Kaum kan ich deinen ruhm am Donau-strom erreichen; So prangst du schon am Rhein mit neuen sieges-zeichen. Wo es am schärffsten geht, da reist dein helden-sinn Vor allen anderen des kaysers schwager hin. Du streitest nur um ehr, und schätzest dich vergnüget, Wann deine tapfferkeit vor fremde wohlfarth sieget: Du schweigst alleine still, wann jeder von dir spricht; Was jeder an dir sieht, siehst du alleine nicht. Und wann in schmeicheley die meisten sich ergetzen, Kan auch ein sittsam lob dein zärtlich ohr verletzen. Durch dieses hast du dir gemachet eine bahn, Die zwar ein jeder sucht, doch keiner finden kan; Und sind sie jemand schon, hast du den lauff vollendet, Eh' er den schweren fuß zum ersten schritt gewendet. Ja eh' ein lorbeer-zweig um deine stirn vergrünt, Hast du den andern schon längst wiederum verdient. Der erden gröster gott vergöttert dein geblüthe; Doch aber noch vielmehr dein himmlisches gemüthe: Dein haus ist hoch genung; Doch wenn es möglich wär, Daß es könt höher seyn, so käm es von dir her. Ja wenn annoch die zeit, die goldne zeit, regierte, Da weißheit und verdienst allein zum throne führte, Und sich des purpurs pracht nur schloß in tugend ein; So würdest du schon längst ein grosser könig seyn; Doch
Vermiſchte Getichte. Doch wenn die furcht ſchon will den vorſatz hintertreiben,So heiſſet mich dennoch die liebe von dir ſchreiben. Ein jeder redet wohl, wo ſo viel tugend ſteht: Zu preiſen dich, o Held! iſt jeder ein poet: Die Muſen doͤrffen nicht die ſchwachen ſinnen ſtaͤrcken. Was andre ſuchen weit, find ich in deinen wercken: Jch ſchau in einem tag in dir mehr wunder an, Als ich zu deinem lob im jahre ſchreiben kan. Eh’ ich dich ſeh, als kind, machſt du dich ſchon zum helden: Eh’ ich dich ehr’ als held, will mir dein thun ſchon melden, Daß du ein halb-gott biſt: Du ſitzſt im ſternen-dach, Eh’ dir mein ſchneller ſinn folgt auf der erde nach. Kaum kan ich deinen ruhm am Donau-ſtrom erreichen; So prangſt du ſchon am Rhein mit neuen ſieges-zeichen. Wo es am ſchaͤrffſten geht, da reiſt dein helden-ſinn Vor allen anderen des kayſers ſchwager hin. Du ſtreiteſt nur um ehr, und ſchaͤtzeſt dich vergnuͤget, Wann deine tapfferkeit vor fremde wohlfarth ſieget: Du ſchweigſt alleine ſtill, wann jeder von dir ſpricht; Was jeder an dir ſieht, ſiehſt du alleine nicht. Und wann in ſchmeicheley die meiſten ſich ergetzen, Kan auch ein ſittſam lob dein zaͤrtlich ohr verletzen. Durch dieſes haſt du dir gemachet eine bahn, Die zwar ein jeder ſucht, doch keiner finden kan; Und ſind ſie jemand ſchon, haſt du den lauff vollendet, Eh’ er den ſchweren fuß zum erſten ſchritt gewendet. Ja eh’ ein lorbeer-zweig um deine ſtirn vergruͤnt, Haſt du den andern ſchon laͤngſt wiederum verdient. Der erden groͤſter gott vergoͤttert dein gebluͤthe; Doch aber noch vielmehr dein himmliſches gemuͤthe: Dein haus iſt hoch genung; Doch wenn es moͤglich waͤr, Daß es koͤnt hoͤher ſeyn, ſo kaͤm es von dir her. Ja wenn annoch die zeit, die goldne zeit, regierte, Da weißheit und verdienſt allein zum throne fuͤhrte, Und ſich des purpurs pracht nur ſchloß in tugend ein; So wuͤrdeſt du ſchon laͤngſt ein groſſer koͤnig ſeyn; Doch
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Vermiſchte Getichte.
Doch wenn die furcht ſchon will den vorſatz hintertreiben,
So heiſſet mich dennoch die liebe von dir ſchreiben.
Ein jeder redet wohl, wo ſo viel tugend ſteht:
Zu preiſen dich, o Held! iſt jeder ein poet:
Die Muſen doͤrffen nicht die ſchwachen ſinnen ſtaͤrcken.
Was andre ſuchen weit, find ich in deinen wercken:
Jch ſchau in einem tag in dir mehr wunder an,
Als ich zu deinem lob im jahre ſchreiben kan.
Eh’ ich dich ſeh, als kind, machſt du dich ſchon zum helden:
Eh’ ich dich ehr’ als held, will mir dein thun ſchon melden,
Daß du ein halb-gott biſt: Du ſitzſt im ſternen-dach,
Eh’ dir mein ſchneller ſinn folgt auf der erde nach.
Kaum kan ich deinen ruhm am Donau-ſtrom erreichen;
So prangſt du ſchon am Rhein mit neuen ſieges-zeichen.
Wo es am ſchaͤrffſten geht, da reiſt dein helden-ſinn
Vor allen anderen des kayſers ſchwager hin.
Du ſtreiteſt nur um ehr, und ſchaͤtzeſt dich vergnuͤget,
Wann deine tapfferkeit vor fremde wohlfarth ſieget:
Du ſchweigſt alleine ſtill, wann jeder von dir ſpricht;
Was jeder an dir ſieht, ſiehſt du alleine nicht.
Und wann in ſchmeicheley die meiſten ſich ergetzen,
Kan auch ein ſittſam lob dein zaͤrtlich ohr verletzen.
Durch dieſes haſt du dir gemachet eine bahn,
Die zwar ein jeder ſucht, doch keiner finden kan;
Und ſind ſie jemand ſchon, haſt du den lauff vollendet,
Eh’ er den ſchweren fuß zum erſten ſchritt gewendet.
Ja eh’ ein lorbeer-zweig um deine ſtirn vergruͤnt,
Haſt du den andern ſchon laͤngſt wiederum verdient.
Der erden groͤſter gott vergoͤttert dein gebluͤthe;
Doch aber noch vielmehr dein himmliſches gemuͤthe:
Dein haus iſt hoch genung; Doch wenn es moͤglich waͤr,
Daß es koͤnt hoͤher ſeyn, ſo kaͤm es von dir her.
Ja wenn annoch die zeit, die goldne zeit, regierte,
Da weißheit und verdienſt allein zum throne fuͤhrte,
Und ſich des purpurs pracht nur ſchloß in tugend ein;
So wuͤrdeſt du ſchon laͤngſt ein groſſer koͤnig ſeyn;
Doch
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