Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Warum entzeuchst du uns den beystand deiner hand?Was soll der götzen-schwarm in deinem tempel machen? Wiewohl! du bleibst doch GOtt, der das bedrängte land Durch treuen arm erhält, wenn gleich die pfeiler krachen. Du bist von alters her mein könig, der mich schützt: Du kanst auch alles thun, du kanst der see gebieten: Und wenn dein starcker zorn mit seinem donner blitzt, So muß der drachen-kopff so blut als gifft verschütten. Kein wallsisch steht für dir, er muß zu grunde gehn, Und in der wüsteney dem volcke speise bringen. So bald dein mund gebeut, so müssen ströhme stehn, Und aus der felsen höh die schönsten bäche springen. Du giebst uns tag und nacht, und lässest in der welt Die sternen ihren lauff, die länder grentzen haben: Machst, daß der warme lentz des winters eiß zerschellt, Und daß die menschen sich im herbst und sommer laben. Nun, so gedencke doch, HErr! an dein eigenthum, Und laß den stoltzen feind dich nicht vergebens spotten! Vertheidige dein volck, errette deinen ruhm, Und säume dich nicht mehr, die götzen auszurotten! Vergiß der armen nicht, so deine kinder sind! Laß deine turtel-taub erwünschte zuflucht finden! Mach alle wölffe lahm, und alle feinde blind! Und weide deine herd in wohl bedeckten gründen! Gedenck an deinen bund, und laß dein Zion nicht! Denn das sonst schöne land ist jämmerlich verheeret: Die häuser sind zerstört, der mauer stärcke bricht: Und die bevolckte stadt ist meistens ausgeleeret. Laß den geringen nicht verächtlich untergehn! Weil seine lippen stets von deinem lob erschallen. HErr! führe selbst dein recht, und laß das spött-gethön, Und die verdammte schmach auf ihre stiffter fallen! Vergiß der feinde nicht, und denck an ihr geschrey! Die höllen-gleiche wuth giebt sich noch immer blösser. Drum zeige, was dein arm und was dein nahme sey; Sonst wird ihr übermuth von tag zu tage grösser. Der U 3
Vermiſchte Getichte. Warum entzeuchſt du uns den beyſtand deiner hand?Was ſoll der goͤtzen-ſchwarm in deinem tempel machen? Wiewohl! du bleibſt doch GOtt, der das bedraͤngte land Durch treuen arm erhaͤlt, wenn gleich die pfeiler krachen. Du biſt von alters her mein koͤnig, der mich ſchuͤtzt: Du kanſt auch alles thun, du kanſt der ſee gebieten: Und wenn dein ſtarcker zorn mit ſeinem donner blitzt, So muß der drachen-kopff ſo blut als gifft verſchuͤtten. Kein wallſiſch ſteht fuͤr dir, er muß zu grunde gehn, Und in der wuͤſteney dem volcke ſpeiſe bringen. So bald dein mund gebeut, ſo muͤſſen ſtroͤhme ſtehn, Und aus der felſen hoͤh die ſchoͤnſten baͤche ſpringen. Du giebſt uns tag und nacht, und laͤſſeſt in der welt Die ſternen ihren lauff, die laͤnder grentzen haben: Machſt, daß der warme lentz des winters eiß zerſchellt, Und daß die menſchen ſich im herbſt und ſommer laben. Nun, ſo gedencke doch, HErꝛ! an dein eigenthum, Und laß den ſtoltzen feind dich nicht vergebens ſpotten! Vertheidige dein volck, errette deinen ruhm, Und ſaͤume dich nicht mehr, die goͤtzen auszurotten! Vergiß der armen nicht, ſo deine kinder ſind! Laß deine turtel-taub erwuͤnſchte zuflucht finden! Mach alle woͤlffe lahm, und alle feinde blind! Und weide deine herd in wohl bedeckten gruͤnden! Gedenck an deinen bund, und laß dein Zion nicht! Denn das ſonſt ſchoͤne land iſt jaͤmmerlich verheeret: Die haͤuſer ſind zerſtoͤrt, der mauer ſtaͤrcke bricht: Und die bevolckte ſtadt iſt meiſtens ausgeleeret. Laß den geringen nicht veraͤchtlich untergehn! Weil ſeine lippen ſtets von deinem lob erſchallen. HErꝛ! fuͤhre ſelbſt dein recht, und laß das ſpoͤtt-gethoͤn, Und die verdammte ſchmach auf ihre ſtiffter fallen! Vergiß der feinde nicht, und denck an ihr geſchrey! Die hoͤllen-gleiche wuth giebt ſich noch immer bloͤſſer. Drum zeige, was dein arm und was dein nahme ſey; Sonſt wird ihr uͤbermuth von tag zu tage groͤſſer. Der U 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0333" n="309"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Getichte.</hi> </fw><lb/> <l>Warum entzeuchſt du uns den beyſtand deiner hand?</l><lb/> <l>Was ſoll der goͤtzen-ſchwarm in deinem tempel machen?</l><lb/> <l>Wiewohl! du bleibſt doch GOtt, der das bedraͤngte land</l><lb/> <l>Durch treuen arm erhaͤlt, wenn gleich die pfeiler krachen.</l><lb/> <l>Du biſt von alters her mein koͤnig, der mich ſchuͤtzt:</l><lb/> <l>Du kanſt auch alles thun, du kanſt der ſee gebieten:</l><lb/> <l>Und wenn dein ſtarcker zorn mit ſeinem donner blitzt,</l><lb/> <l>So muß der drachen-kopff ſo blut als gifft verſchuͤtten.</l><lb/> <l>Kein wallſiſch ſteht fuͤr dir, er muß zu grunde gehn,</l><lb/> <l>Und in der wuͤſteney dem volcke ſpeiſe bringen.</l><lb/> <l>So bald dein mund gebeut, ſo muͤſſen ſtroͤhme ſtehn,</l><lb/> <l>Und aus der felſen hoͤh die ſchoͤnſten baͤche ſpringen.</l><lb/> <l>Du giebſt uns tag und nacht, und laͤſſeſt in der welt</l><lb/> <l>Die ſternen ihren lauff, die laͤnder grentzen haben:</l><lb/> <l>Machſt, daß der warme lentz des winters eiß zerſchellt,</l><lb/> <l>Und daß die menſchen ſich im herbſt und ſommer laben.</l><lb/> <l>Nun, ſo gedencke doch, HErꝛ! an dein eigenthum,</l><lb/> <l>Und laß den ſtoltzen feind dich nicht vergebens ſpotten!</l><lb/> <l>Vertheidige dein volck, errette deinen ruhm,</l><lb/> <l>Und ſaͤume dich nicht mehr, die goͤtzen auszurotten!</l><lb/> <l>Vergiß der armen nicht, ſo deine kinder ſind!</l><lb/> <l>Laß deine turtel-taub erwuͤnſchte zuflucht finden!</l><lb/> <l>Mach alle woͤlffe lahm, und alle feinde blind!</l><lb/> <l>Und weide deine herd in wohl bedeckten gruͤnden!</l><lb/> <l>Gedenck an deinen bund, und laß dein Zion nicht!</l><lb/> <l>Denn das ſonſt ſchoͤne land iſt jaͤmmerlich verheeret:</l><lb/> <l>Die haͤuſer ſind zerſtoͤrt, der mauer ſtaͤrcke bricht:</l><lb/> <l>Und die bevolckte ſtadt iſt meiſtens ausgeleeret.</l><lb/> <l>Laß den geringen nicht veraͤchtlich untergehn!</l><lb/> <l>Weil ſeine lippen ſtets von deinem lob erſchallen.</l><lb/> <l>HErꝛ! fuͤhre ſelbſt dein recht, und laß das ſpoͤtt-gethoͤn,</l><lb/> <l>Und die verdammte ſchmach auf ihre ſtiffter fallen!</l><lb/> <l>Vergiß der feinde nicht, und denck an ihr geſchrey!</l><lb/> <l>Die hoͤllen-gleiche wuth giebt ſich noch immer bloͤſſer.</l><lb/> <l>Drum zeige, was dein arm und was dein nahme ſey;</l><lb/> <l>Sonſt wird ihr uͤbermuth von tag zu tage groͤſſer.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">U 3</hi> </fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Der</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [309/0333]
Vermiſchte Getichte.
Warum entzeuchſt du uns den beyſtand deiner hand?
Was ſoll der goͤtzen-ſchwarm in deinem tempel machen?
Wiewohl! du bleibſt doch GOtt, der das bedraͤngte land
Durch treuen arm erhaͤlt, wenn gleich die pfeiler krachen.
Du biſt von alters her mein koͤnig, der mich ſchuͤtzt:
Du kanſt auch alles thun, du kanſt der ſee gebieten:
Und wenn dein ſtarcker zorn mit ſeinem donner blitzt,
So muß der drachen-kopff ſo blut als gifft verſchuͤtten.
Kein wallſiſch ſteht fuͤr dir, er muß zu grunde gehn,
Und in der wuͤſteney dem volcke ſpeiſe bringen.
So bald dein mund gebeut, ſo muͤſſen ſtroͤhme ſtehn,
Und aus der felſen hoͤh die ſchoͤnſten baͤche ſpringen.
Du giebſt uns tag und nacht, und laͤſſeſt in der welt
Die ſternen ihren lauff, die laͤnder grentzen haben:
Machſt, daß der warme lentz des winters eiß zerſchellt,
Und daß die menſchen ſich im herbſt und ſommer laben.
Nun, ſo gedencke doch, HErꝛ! an dein eigenthum,
Und laß den ſtoltzen feind dich nicht vergebens ſpotten!
Vertheidige dein volck, errette deinen ruhm,
Und ſaͤume dich nicht mehr, die goͤtzen auszurotten!
Vergiß der armen nicht, ſo deine kinder ſind!
Laß deine turtel-taub erwuͤnſchte zuflucht finden!
Mach alle woͤlffe lahm, und alle feinde blind!
Und weide deine herd in wohl bedeckten gruͤnden!
Gedenck an deinen bund, und laß dein Zion nicht!
Denn das ſonſt ſchoͤne land iſt jaͤmmerlich verheeret:
Die haͤuſer ſind zerſtoͤrt, der mauer ſtaͤrcke bricht:
Und die bevolckte ſtadt iſt meiſtens ausgeleeret.
Laß den geringen nicht veraͤchtlich untergehn!
Weil ſeine lippen ſtets von deinem lob erſchallen.
HErꝛ! fuͤhre ſelbſt dein recht, und laß das ſpoͤtt-gethoͤn,
Und die verdammte ſchmach auf ihre ſtiffter fallen!
Vergiß der feinde nicht, und denck an ihr geſchrey!
Die hoͤllen-gleiche wuth giebt ſich noch immer bloͤſſer.
Drum zeige, was dein arm und was dein nahme ſey;
Sonſt wird ihr uͤbermuth von tag zu tage groͤſſer.
Der
U 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |