Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Getichte.
5.
Wir aber, die wir dich als einen vater lieben,
Und in der tieffsten angst auf dich alleine sehn,
Wir, denen freud und lust itzund den rücken drehn,
Erheben deinen ruhm, weil unsre seelen gieben.
Wir wissen: Daß du uns nicht gäntzlich unterdrückst,
Und, als ein treuer hirt, einst deine schaf' erquickst.
Drum wollen wir dich auch, wenn du der feinde toben
Zu boden legen wirst, mit stetem dancke loben.



Der LXXXII Psalm.
GOtt stehet allezeit, und sieht auf die gemeine:
Wißt, götter! daß der HErr der götter richter heist.
Wie kommt es, daß ihr euch des rechtes nicht befleist?
Ein jeder nimmt geschenck, und siehet auf das seine.
Wie lange richtet ihr aus gunst und heucheley?
Schafft einst den armen recht, und springt den waisen bey!
Helfft dem, der dürfftig ist, und straft die falscheu tücken,
Damit die mächtigen nicht den geringen drücken!
2.
Wiewohl! ihr bleibet taub, und lasset euch nichts sagen:
Jhr haßt das reine licht, und wolt im finstern seyn.
Drum geht der feste grund des landes wohlfarth ein:
Drum höret man das volck auf allen gassen klagen.
Der HErr hat wohl gesagt: Daß ihr die obrigkeit,
Daß ihr des Höchsten söhn', und daß ihr götter seyd;
Jhr werdet aber doch, wie schlechte menschen sterben,
Und als tyrannen einst in tieffer angst verderben.
3.
Drum mache dich selbst auf, und höre das gewinsel,
O GOtt! weil niemand hört, der nicht geschencke kriegt,
Du siehest, wie das land fast in dem tode liegt.
Das elend, das hier herrscht, entwirfft kein zarter pinsel;
Der reichen herrschens-sucht und ungerechtigkeit
Jst deinen heiligen ein unaussprechlich leyd.
Damit
U 4
Vermiſchte Getichte.
5.
Wir aber, die wir dich als einen vater lieben,
Und in der tieffſten angſt auf dich alleine ſehn,
Wir, denen freud und luſt itzund den ruͤcken drehn,
Erheben deinen ruhm, weil unſre ſeelen gieben.
Wir wiſſen: Daß du uns nicht gaͤntzlich unterdruͤckſt,
Und, als ein treuer hirt, einſt deine ſchaf’ erquickſt.
Drum wollen wir dich auch, wenn du der feinde toben
Zu boden legen wirſt, mit ſtetem dancke loben.



Der LXXXII Pſalm.
GOtt ſtehet allezeit, und ſieht auf die gemeine:
Wißt, goͤtter! daß der HErꝛ der goͤtter richter heiſt.
Wie kommt es, daß ihr euch des rechtes nicht befleiſt?
Ein jeder nimmt geſchenck, und ſiehet auf das ſeine.
Wie lange richtet ihr aus gunſt und heucheley?
Schafft einſt den armen recht, und ſpringt den waiſen bey!
Helfft dem, der duͤrfftig iſt, und ſtraft die falſcheu tuͤcken,
Damit die maͤchtigen nicht den geringen druͤcken!
2.
Wiewohl! ihr bleibet taub, und laſſet euch nichts ſagen:
Jhr haßt das reine licht, und wolt im finſtern ſeyn.
Drum geht der feſte grund des landes wohlfarth ein:
Drum hoͤret man das volck auf allen gaſſen klagen.
Der HErꝛ hat wohl geſagt: Daß ihr die obrigkeit,
Daß ihr des Hoͤchſten ſoͤhn’, und daß ihr goͤtter ſeyd;
Jhr werdet aber doch, wie ſchlechte menſchen ſterben,
Und als tyrannen einſt in tieffer angſt verderben.
3.
Drum mache dich ſelbſt auf, und hoͤre das gewinſel,
O GOtt! weil niemand hoͤrt, der nicht geſchencke kriegt,
Du ſieheſt, wie das land faſt in dem tode liegt.
Das elend, das hier herꝛſcht, entwirfft kein zarter pinſel;
Der reichen herꝛſchens-ſucht und ungerechtigkeit
Jſt deinen heiligen ein unausſprechlich leyd.
Damit
U 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0335" n="311"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="5">
              <head>5.</head><lb/>
              <l>Wir aber, die wir dich als einen vater lieben,</l><lb/>
              <l>Und in der tieff&#x017F;ten ang&#x017F;t auf dich alleine &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <l>Wir, denen freud und lu&#x017F;t itzund den ru&#x0364;cken drehn,</l><lb/>
              <l>Erheben deinen ruhm, weil un&#x017F;re &#x017F;eelen gieben.</l><lb/>
              <l>Wir wi&#x017F;&#x017F;en: Daß du uns nicht ga&#x0364;ntzlich unterdru&#x0364;ck&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Und, als ein treuer hirt, ein&#x017F;t deine &#x017F;chaf&#x2019; erquick&#x017F;t.</l><lb/>
              <l>Drum wollen wir dich auch, wenn du der feinde toben</l><lb/>
              <l>Zu boden legen wir&#x017F;t, mit &#x017F;tetem dancke loben.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Der <hi rendition="#aq">LXXXII</hi> P&#x017F;alm.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">G</hi>Ott &#x017F;tehet allezeit, und &#x017F;ieht auf die gemeine:</l><lb/>
              <l>Wißt, go&#x0364;tter! daß der HEr&#xA75B; der go&#x0364;tter richter hei&#x017F;t.</l><lb/>
              <l>Wie kommt es, daß ihr euch des rechtes nicht beflei&#x017F;t?</l><lb/>
              <l>Ein jeder nimmt ge&#x017F;chenck, und &#x017F;iehet auf das &#x017F;eine.</l><lb/>
              <l>Wie lange richtet ihr aus gun&#x017F;t und heucheley?</l><lb/>
              <l>Schafft ein&#x017F;t den armen recht, und &#x017F;pringt den wai&#x017F;en bey!</l><lb/>
              <l>Helfft dem, der du&#x0364;rfftig i&#x017F;t, und &#x017F;traft die fal&#x017F;cheu tu&#x0364;cken,</l><lb/>
              <l>Damit die ma&#x0364;chtigen nicht den geringen dru&#x0364;cken!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <head>2.</head><lb/>
              <l>Wiewohl! ihr bleibet taub, und la&#x017F;&#x017F;et euch nichts &#x017F;agen:</l><lb/>
              <l>Jhr haßt das reine licht, und wolt im fin&#x017F;tern &#x017F;eyn.</l><lb/>
              <l>Drum geht der fe&#x017F;te grund des landes wohlfarth ein:</l><lb/>
              <l>Drum ho&#x0364;ret man das volck auf allen ga&#x017F;&#x017F;en klagen.</l><lb/>
              <l>Der HEr&#xA75B; hat wohl ge&#x017F;agt: Daß ihr die obrigkeit,</l><lb/>
              <l>Daß ihr des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;o&#x0364;hn&#x2019;, und daß ihr go&#x0364;tter &#x017F;eyd;</l><lb/>
              <l>Jhr werdet aber doch, wie &#x017F;chlechte men&#x017F;chen &#x017F;terben,</l><lb/>
              <l>Und als tyrannen ein&#x017F;t in tieffer ang&#x017F;t verderben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <head>3.</head><lb/>
              <l>Drum mache dich &#x017F;elb&#x017F;t auf, und ho&#x0364;re das gewin&#x017F;el,</l><lb/>
              <l>O GOtt! weil niemand ho&#x0364;rt, der nicht ge&#x017F;chencke kriegt,</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;iehe&#x017F;t, wie das land fa&#x017F;t in dem tode liegt.</l><lb/>
              <l>Das elend, das hier her&#xA75B;&#x017F;cht, entwirfft kein zarter pin&#x017F;el;</l><lb/>
              <l>Der reichen her&#xA75B;&#x017F;chens-&#x017F;ucht und ungerechtigkeit</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t deinen heiligen ein unaus&#x017F;prechlich leyd.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Damit</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0335] Vermiſchte Getichte. 5. Wir aber, die wir dich als einen vater lieben, Und in der tieffſten angſt auf dich alleine ſehn, Wir, denen freud und luſt itzund den ruͤcken drehn, Erheben deinen ruhm, weil unſre ſeelen gieben. Wir wiſſen: Daß du uns nicht gaͤntzlich unterdruͤckſt, Und, als ein treuer hirt, einſt deine ſchaf’ erquickſt. Drum wollen wir dich auch, wenn du der feinde toben Zu boden legen wirſt, mit ſtetem dancke loben. Der LXXXII Pſalm. GOtt ſtehet allezeit, und ſieht auf die gemeine: Wißt, goͤtter! daß der HErꝛ der goͤtter richter heiſt. Wie kommt es, daß ihr euch des rechtes nicht befleiſt? Ein jeder nimmt geſchenck, und ſiehet auf das ſeine. Wie lange richtet ihr aus gunſt und heucheley? Schafft einſt den armen recht, und ſpringt den waiſen bey! Helfft dem, der duͤrfftig iſt, und ſtraft die falſcheu tuͤcken, Damit die maͤchtigen nicht den geringen druͤcken! 2. Wiewohl! ihr bleibet taub, und laſſet euch nichts ſagen: Jhr haßt das reine licht, und wolt im finſtern ſeyn. Drum geht der feſte grund des landes wohlfarth ein: Drum hoͤret man das volck auf allen gaſſen klagen. Der HErꝛ hat wohl geſagt: Daß ihr die obrigkeit, Daß ihr des Hoͤchſten ſoͤhn’, und daß ihr goͤtter ſeyd; Jhr werdet aber doch, wie ſchlechte menſchen ſterben, Und als tyrannen einſt in tieffer angſt verderben. 3. Drum mache dich ſelbſt auf, und hoͤre das gewinſel, O GOtt! weil niemand hoͤrt, der nicht geſchencke kriegt, Du ſieheſt, wie das land faſt in dem tode liegt. Das elend, das hier herꝛſcht, entwirfft kein zarter pinſel; Der reichen herꝛſchens-ſucht und ungerechtigkeit Jſt deinen heiligen ein unausſprechlich leyd. Damit U 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/335
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/335>, abgerufen am 25.11.2024.