Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Leanders aus Schlesien 2. O angenehmer ort! den mir des himmels schlußZum aufenthalt bestimmt! Wie kommst du mir so süsse Und so vergnüglich vor! Crystallen-klarer fluß! Der du die gegend zierst, und durch die schnellen güsse Ein sanfftes rauschen machst! Du stehst mir trefflich an, Weil sich gehör und geist an dir ergetzen kan. 3. Ticht' ich ein kurtzes lied zu meiner eignen lust,So dient dein silber-strohm mir statt der Hypocrene: Und wenn die sonne sticht, so labst du mund und brust: Dein ufer ist mein sitz, dein rieselndes gethöne Mein süsses lautenspiel, das keine lufft verstimmt, Und alle traurigkeit aus den gedancken nimmt. 4. Werff ich den angel aus, so fang' ich manchesmahlJn deiner kalten fluth die köstlichsten forellen, Denn diese streichen hier in ungemeiner zahl; Ja die vergnügung will aus allen orten quellen. Kurtz: Wie dem Araber kein balsam je gebricht; So fehlt es mir allhier auch an ergetzung nicht. 5. Laßt der poeten kunst den ehmahls grossen bergDer Musen an den kreis der göldnen sonne führen! Er ist, ich sag es frey, vor denen nur ein zwerg, So dieses paradies mit ihrem schatten zieren; Obgleich kein lorber-baum, nach dem der ehrgeitz lechst Und tolle sprünge macht, auf ihrem rücken wächst. 6. Verkehrt Thessaliens berühmter felder schosJhr tichter in ein grab der allerschwersten sorgen! Hier macht der eigne schmuck die grünen thäler gros, Und ihre zierde darff nicht fremden beysatz borgen. Jch weiß, Semiramis ließ' ihre gärte stehn, Und würde gantz vergnügt allhier spatzieren gehn. 7. Weg,
Leanders aus Schleſien 2. O angenehmer ort! den mir des himmels ſchlußZum aufenthalt beſtimmt! Wie kommſt du mir ſo ſuͤſſe Und ſo vergnuͤglich vor! Cryſtallen-klarer fluß! Der du die gegend zierſt, und durch die ſchnellen guͤſſe Ein ſanfftes rauſchen machſt! Du ſtehſt mir trefflich an, Weil ſich gehoͤr und geiſt an dir ergetzen kan. 3. Ticht’ ich ein kurtzes lied zu meiner eignen luſt,So dient dein ſilber-ſtrohm mir ſtatt der Hypocrene: Und wenn die ſonne ſticht, ſo labſt du mund und bruſt: Dein ufer iſt mein ſitz, dein rieſelndes gethoͤne Mein ſuͤſſes lautenſpiel, das keine lufft verſtimmt, Und alle traurigkeit aus den gedancken nimmt. 4. Werff ich den angel aus, ſo fang’ ich manchesmahlJn deiner kalten fluth die koͤſtlichſten forellen, Denn dieſe ſtreichen hier in ungemeiner zahl; Ja die vergnuͤgung will aus allen orten quellen. Kurtz: Wie dem Araber kein balſam je gebricht; So fehlt es mir allhier auch an ergetzung nicht. 5. Laßt der poeten kunſt den ehmahls groſſen bergDer Muſen an den kreis der goͤldnen ſonne fuͤhren! Er iſt, ich ſag es frey, vor denen nur ein zwerg, So dieſes paradies mit ihrem ſchatten zieren; Obgleich kein lorber-baum, nach dem der ehrgeitz lechſt Und tolle ſpruͤnge macht, auf ihrem ruͤcken waͤchſt. 6. Verkehrt Theſſaliens beruͤhmter felder ſchosJhr tichter in ein grab der allerſchwerſten ſorgen! Hier macht der eigne ſchmuck die gruͤnen thaͤler gros, Und ihre zierde darff nicht fremden beyſatz borgen. Jch weiß, Semiramis ließ’ ihre gaͤrte ſtehn, Und wuͤrde gantz vergnuͤgt allhier ſpatzieren gehn. 7. Weg,
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Leanders aus Schleſien
2.
O angenehmer ort! den mir des himmels ſchluß
Zum aufenthalt beſtimmt! Wie kommſt du mir ſo ſuͤſſe
Und ſo vergnuͤglich vor! Cryſtallen-klarer fluß!
Der du die gegend zierſt, und durch die ſchnellen guͤſſe
Ein ſanfftes rauſchen machſt! Du ſtehſt mir trefflich an,
Weil ſich gehoͤr und geiſt an dir ergetzen kan.
3.
Ticht’ ich ein kurtzes lied zu meiner eignen luſt,
So dient dein ſilber-ſtrohm mir ſtatt der Hypocrene:
Und wenn die ſonne ſticht, ſo labſt du mund und bruſt:
Dein ufer iſt mein ſitz, dein rieſelndes gethoͤne
Mein ſuͤſſes lautenſpiel, das keine lufft verſtimmt,
Und alle traurigkeit aus den gedancken nimmt.
4.
Werff ich den angel aus, ſo fang’ ich manchesmahl
Jn deiner kalten fluth die koͤſtlichſten forellen,
Denn dieſe ſtreichen hier in ungemeiner zahl;
Ja die vergnuͤgung will aus allen orten quellen.
Kurtz: Wie dem Araber kein balſam je gebricht;
So fehlt es mir allhier auch an ergetzung nicht.
5.
Laßt der poeten kunſt den ehmahls groſſen berg
Der Muſen an den kreis der goͤldnen ſonne fuͤhren!
Er iſt, ich ſag es frey, vor denen nur ein zwerg,
So dieſes paradies mit ihrem ſchatten zieren;
Obgleich kein lorber-baum, nach dem der ehrgeitz lechſt
Und tolle ſpruͤnge macht, auf ihrem ruͤcken waͤchſt.
6.
Verkehrt Theſſaliens beruͤhmter felder ſchos
Jhr tichter in ein grab der allerſchwerſten ſorgen!
Hier macht der eigne ſchmuck die gruͤnen thaͤler gros,
Und ihre zierde darff nicht fremden beyſatz borgen.
Jch weiß, Semiramis ließ’ ihre gaͤrte ſtehn,
Und wuͤrde gantz vergnuͤgt allhier ſpatzieren gehn.
7. Weg,
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