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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Galante Getichte.


Der vierdte brief.
DJe sollte wohl nicht mehr erschrecken für gewittern,
Der so viel jahre schon der blitz ums haupt gespielt;
Was für ein felsern hertz sollt' aber nicht erschüttern,
Wo man den erden-grund selbst mit sich brechen fühlt?
Der grund-stein unsers heyls und hoffnung geht zu grunde,
Denn er zerreißt der eh ihr unzertrennlich band.
Die ohnmacht will mir zu, das wort zerbricht im munde,
Es fällt die feder mir schon neunmal aus der hand.
Was läßt vor antwort sich auf scheide-briefe schreiben,
Wodurch mein eh-herr mir mehr als den hals abspricht?
Ach möcht er einen dolch mir eh durchs hertze treiben,
Eh er das bündnis trennt, das sonst der tod nur bricht.
Denn, himmel! wer will sich ihn doch bereden lassen,
Zwey frauen hätten wohl in einem bette raum?
Zertheiltes lieben ist nur ein verblühmtes hassen,
Ein überzuckert gifft, und ein bezaubert traum.
GOtt schuff nur eine Ev' aus Adams seiner riebe,
Die grosse sonne giebt zwey monden nicht ihr licht;
Ein geist beseelt den leib, ein weib des eh-manns liebe,
Und unser trau-ring hat zwey mittel-puncte nicht.
Wie manchen heyraths-schluß zerreist itzt brunst und reue,
Nun man sie aufs papier, nicht mehr ins hertze schreibt;
Jhr siegel ist itzt wachs, vor wars ertz-feste treue,
Weil keiner länger nicht als wachs beständig bleibt.
Einfält'ge, die ihr traut auf eurer männer eide,
Sie haben euch nicht mehr, als käfer blumen, lieb,
Sie sind ein seiden-wurm, der anfangs zwar spinnt seide,
Jn kurtzem aber wird ein heßlich molcken-dieb.
Der glatten worte kost, mit welcher sie euch speisen,
Jst Mithridatens tisch, der nie von gifft ist leer;
Jhr treu-seyn bricht wie eiß, das ihr erkaufft vor eisen,
Denn heucheley weiß wind zu machen centner-schwer.
Doch
Galante Getichte.


Der vierdte brief.
DJe ſollte wohl nicht mehr erſchrecken fuͤr gewittern,
Der ſo viel jahre ſchon der blitz ums haupt geſpielt;
Was fuͤr ein felſern hertz ſollt’ aber nicht erſchuͤttern,
Wo man den erden-grund ſelbſt mit ſich brechen fuͤhlt?
Der grund-ſtein unſers heyls und hoffnung geht zu grunde,
Denn er zerreißt der eh ihr unzertrennlich band.
Die ohnmacht will mir zu, das wort zerbricht im munde,
Es faͤllt die feder mir ſchon neunmal aus der hand.
Was laͤßt vor antwort ſich auf ſcheide-briefe ſchreiben,
Wodurch mein eh-herꝛ mir mehr als den hals abſpricht?
Ach moͤcht er einen dolch mir eh durchs hertze treiben,
Eh er das buͤndnis trennt, das ſonſt der tod nur bricht.
Denn, himmel! wer will ſich ihn doch bereden laſſen,
Zwey frauen haͤtten wohl in einem bette raum?
Zertheiltes lieben iſt nur ein verbluͤhmtes haſſen,
Ein uͤberzuckert gifft, und ein bezaubert traum.
GOtt ſchuff nur eine Ev’ aus Adams ſeiner riebe,
Die groſſe ſonne giebt zwey monden nicht ihr licht;
Ein geiſt beſeelt den leib, ein weib des eh-manns liebe,
Und unſer trau-ring hat zwey mittel-puncte nicht.
Wie manchen heyraths-ſchluß zerreiſt itzt brunſt und reue,
Nun man ſie aufs papier, nicht mehr ins hertze ſchreibt;
Jhr ſiegel iſt itzt wachs, vor wars ertz-feſte treue,
Weil keiner laͤnger nicht als wachs beſtaͤndig bleibt.
Einfaͤlt’ge, die ihr traut auf eurer maͤnner eide,
Sie haben euch nicht mehr, als kaͤfer blumen, lieb,
Sie ſind ein ſeiden-wurm, der anfangs zwar ſpinnt ſeide,
Jn kurtzem aber wird ein heßlich molcken-dieb.
Der glatten worte koſt, mit welcher ſie euch ſpeiſen,
Jſt Mithridatens tiſch, der nie von gifft iſt leer;
Jhr treu-ſeyn bricht wie eiß, das ihr erkaufft vor eiſen,
Denn heucheley weiß wind zu machen centner-ſchwer.
Doch
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[13/0037] Galante Getichte. Der vierdte brief. DJe ſollte wohl nicht mehr erſchrecken fuͤr gewittern, Der ſo viel jahre ſchon der blitz ums haupt geſpielt; Was fuͤr ein felſern hertz ſollt’ aber nicht erſchuͤttern, Wo man den erden-grund ſelbſt mit ſich brechen fuͤhlt? Der grund-ſtein unſers heyls und hoffnung geht zu grunde, Denn er zerreißt der eh ihr unzertrennlich band. Die ohnmacht will mir zu, das wort zerbricht im munde, Es faͤllt die feder mir ſchon neunmal aus der hand. Was laͤßt vor antwort ſich auf ſcheide-briefe ſchreiben, Wodurch mein eh-herꝛ mir mehr als den hals abſpricht? Ach moͤcht er einen dolch mir eh durchs hertze treiben, Eh er das buͤndnis trennt, das ſonſt der tod nur bricht. Denn, himmel! wer will ſich ihn doch bereden laſſen, Zwey frauen haͤtten wohl in einem bette raum? Zertheiltes lieben iſt nur ein verbluͤhmtes haſſen, Ein uͤberzuckert gifft, und ein bezaubert traum. GOtt ſchuff nur eine Ev’ aus Adams ſeiner riebe, Die groſſe ſonne giebt zwey monden nicht ihr licht; Ein geiſt beſeelt den leib, ein weib des eh-manns liebe, Und unſer trau-ring hat zwey mittel-puncte nicht. Wie manchen heyraths-ſchluß zerreiſt itzt brunſt und reue, Nun man ſie aufs papier, nicht mehr ins hertze ſchreibt; Jhr ſiegel iſt itzt wachs, vor wars ertz-feſte treue, Weil keiner laͤnger nicht als wachs beſtaͤndig bleibt. Einfaͤlt’ge, die ihr traut auf eurer maͤnner eide, Sie haben euch nicht mehr, als kaͤfer blumen, lieb, Sie ſind ein ſeiden-wurm, der anfangs zwar ſpinnt ſeide, Jn kurtzem aber wird ein heßlich molcken-dieb. Der glatten worte koſt, mit welcher ſie euch ſpeiſen, Jſt Mithridatens tiſch, der nie von gifft iſt leer; Jhr treu-ſeyn bricht wie eiß, das ihr erkaufft vor eiſen, Denn heucheley weiß wind zu machen centner-ſchwer. Doch

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/37>, abgerufen am 21.11.2024.