Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Galante Getichte. 3. Jch dencke so, dieweil der kuchenAm besten in der mitten schmeckt; So muß ich ebenfalls versuchen, Wie sich die mittle schwester leckt, Und ob es dann zu glauben sey, Daß fisch und jungfern einerley? 4. Der mittle finger laugt am weitsten;Ach, mittle schwester! greiff nach mir! Die mittel-wege sind am breitsten; Jst es nun eben so bey dir? So glaub ich, daß kein ehren-mann Durch dich zu falle kommen kan. 5. Man geht doch auf den mittel-wegenGantz sicher nach der tugend zu; Nun ist mir viel daran gelegen, Daß ich fein tugendhafftig thu. Drum, mittle schwester! gieb dich drein, Daß ich ein ethicus kan seyn! 6. Mich deucht, als wären deine thatenFein mittelmäßig eingericht: Du bist nicht gar zu fromm gerathen, Und doch auch gar zu lose nicht; Nun bin ich eben so, mein blut! Es schickt sich alles trefflich gut. 7. Nicht gar zu keusch, nicht voller liebe,Nicht gar zu arm, und nicht zu reich, Nicht gar zu munter, nicht zu trübe, Nicht engeln, auch nicht teufeln gleich, Nicht alt, nicht jung, so hin, so hin, So in der mitten bleibt mein sinn. 8. Dann C 5
Galante Getichte. 3. Jch dencke ſo, dieweil der kuchenAm beſten in der mitten ſchmeckt; So muß ich ebenfalls verſuchen, Wie ſich die mittle ſchweſter leckt, Und ob es dann zu glauben ſey, Daß fiſch und jungfern einerley? 4. Der mittle finger laugt am weitſten;Ach, mittle ſchweſter! greiff nach mir! Die mittel-wege ſind am breitſten; Jſt es nun eben ſo bey dir? So glaub ich, daß kein ehren-mann Durch dich zu falle kommen kan. 5. Man geht doch auf den mittel-wegenGantz ſicher nach der tugend zu; Nun iſt mir viel daran gelegen, Daß ich fein tugendhafftig thu. Drum, mittle ſchweſter! gieb dich drein, Daß ich ein ethicus kan ſeyn! 6. Mich deucht, als waͤren deine thatenFein mittelmaͤßig eingericht: Du biſt nicht gar zu fromm gerathen, Und doch auch gar zu loſe nicht; Nun bin ich eben ſo, mein blut! Es ſchickt ſich alles trefflich gut. 7. Nicht gar zu keuſch, nicht voller liebe,Nicht gar zu arm, und nicht zu reich, Nicht gar zu munter, nicht zu truͤbe, Nicht engeln, auch nicht teufeln gleich, Nicht alt, nicht jung, ſo hin, ſo hin, So in der mitten bleibt mein ſinn. 8. Dann C 5
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Galante Getichte.
3.
Jch dencke ſo, dieweil der kuchen
Am beſten in der mitten ſchmeckt;
So muß ich ebenfalls verſuchen,
Wie ſich die mittle ſchweſter leckt,
Und ob es dann zu glauben ſey,
Daß fiſch und jungfern einerley?
4.
Der mittle finger laugt am weitſten;
Ach, mittle ſchweſter! greiff nach mir!
Die mittel-wege ſind am breitſten;
Jſt es nun eben ſo bey dir?
So glaub ich, daß kein ehren-mann
Durch dich zu falle kommen kan.
5.
Man geht doch auf den mittel-wegen
Gantz ſicher nach der tugend zu;
Nun iſt mir viel daran gelegen,
Daß ich fein tugendhafftig thu.
Drum, mittle ſchweſter! gieb dich drein,
Daß ich ein ethicus kan ſeyn!
6.
Mich deucht, als waͤren deine thaten
Fein mittelmaͤßig eingericht:
Du biſt nicht gar zu fromm gerathen,
Und doch auch gar zu loſe nicht;
Nun bin ich eben ſo, mein blut!
Es ſchickt ſich alles trefflich gut.
7.
Nicht gar zu keuſch, nicht voller liebe,
Nicht gar zu arm, und nicht zu reich,
Nicht gar zu munter, nicht zu truͤbe,
Nicht engeln, auch nicht teufeln gleich,
Nicht alt, nicht jung, ſo hin, ſo hin,
So in der mitten bleibt mein ſinn.
8. Dann
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