Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Sechster Auftritt. Weil sich gleich ein neuer Zufall in dem Tempel ließ verspüren.Ein Zufall/ der mir meinen Geist Jn Furcht- und Hoffnungs-Bande reisst/ Dafern ich ihn zu diesem halten wil/ Der fast auf eine Zeit dich gleichfals überfiel. Jch sag es wie es ist: Mir mangelt hier Verstand/ Je weniger ich auch in diesem Fall erkant/ Je mehr kan ich vom Bösen und von Guten Alhier vermuthen. Mont. Was du nicht kanst verstehn/ Muß ich elender Mann verstehen und erfahren: Kan man/ was heimlich ist/ auch wol vor dir verwahren/ Als vor diesem der da kan/ Mit Weißheits-Klarheit angethan/ Jn der Verhängnis-Behaltnisse gehn. Tir. Sohn/ Sohn: Würd' uns nach Begehr geschenckt des Prophetsehen Lichtes Schein/ Ey so würd es der Natur/ nicht des Himmels Gabe seyn. Jch weiß nichts eigentlichs davon/ Dis spüret zwar mein dunckler Geist/ Daß das Verhängnis hier das Licht zurücke hält/ Und etwas grosses uns in das Verborgne stellt/ Und dieses ist/ was mich aus meiner Zelle reist/ Damit ich doch nur möchte recht verstehn/ Wer diesen Jüngling hat gebohren/ [Dafern ich den Nicandro recht verstand) Der zu dem Tode war erkohren. Mont. Er ist dir alzusehr bekand: Und darum wird dir sein Jammer desto mehr zu Hertzen gehn. Tir. Jch muß deine Wehmuth preisen: Es führt die Menschligkeit uns selbst zu diesem an/ Und heist dem Durfftigen Erbarmnis zu erweisen. Ach! mache doch/ daß ich bald mit ihm reden kan. Mont. Jtzt seh ich ja/ daß dir des Himmels Krafft gebricht/ Und daß dir ist verlescht das Profeceyungs-Licht. Der Vater/ den du suchst/ der sieht itzund auf dich/ Und den du hören wilst/ Tirenio, bin ich. Tir. Du solt dessen Vater seyn/ Der
Sechſter Auftritt. Weil ſich gleich ein neuer Zufall in dem Tempel ließ verſpuͤren.Ein Zufall/ der mir meinen Geiſt Jn Furcht- und Hoffnungs-Bande reiſſt/ Dafern ich ihn zu dieſem halten wil/ Der faſt auf eine Zeit dich gleichfals uͤberfiel. Jch ſag es wie es iſt: Mir mangelt hier Verſtand/ Je weniger ich auch in dieſem Fall erkant/ Je mehr kan ich vom Boͤſen und von Guten Alhier vermuthen. Mont. Was du nicht kanſt verſtehn/ Muß ich elender Mann verſtehen und erfahren: Kan man/ was heimlich iſt/ auch wol vor dir verwahren/ Als vor dieſem der da kan/ Mit Weißheits-Klarheit angethan/ Jn der Verhaͤngnis-Behaltniſſe gehn. Tir. Sohn/ Sohn: Wuͤrd’ uns nach Begehr geſchenckt des Prophetſehen Lichtes Schein/ Ey ſo wuͤrd es der Natur/ nicht des Himmels Gabe ſeyn. Jch weiß nichts eigentlichs davon/ Dis ſpuͤret zwar mein dunckler Geiſt/ Daß das Verhaͤngnis hier das Licht zuruͤcke haͤlt/ Und etwas groſſes uns in das Verborgne ſtellt/ Und dieſes iſt/ was mich aus meiner Zelle reiſt/ Damit ich doch nur moͤchte recht verſtehn/ Wer dieſen Juͤngling hat gebohren/ [Dafern ich den Nicandro recht verſtand) Der zu dem Tode war erkohren. Mont. Er iſt dir alzuſehr bekand: Und darum wird dir ſein Jammer deſto mehr zu Hertzen gehn. Tir. Jch muß deine Wehmuth preiſen: Es fuͤhrt die Menſchligkeit uns ſelbſt zu dieſem an/ Und heiſt dem Durfftigen Erbarmnis zu erweiſen. Ach! mache doch/ daß ich bald mit ihm reden kan. Mont. Jtzt ſeh ich ja/ daß dir des Himmels Krafft gebricht/ Und daß dir iſt verleſcht das Profeceyungs-Licht. Der Vater/ den du ſuchſt/ der ſieht itzund auf dich/ Und den du hoͤren wilſt/ Tirenio, bin ich. Tir. Du ſolt deſſen Vater ſeyn/ Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TIR"> <p><pb facs="#f0233" n="187"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sechſter Auftritt.</hi></fw><lb/> Weil ſich gleich ein neuer Zufall in dem Tempel ließ verſpuͤren.<lb/> Ein Zufall/ der mir meinen Geiſt<lb/> Jn Furcht- und Hoffnungs-Bande reiſſt/<lb/> Dafern ich ihn zu dieſem halten wil/<lb/> Der faſt auf eine Zeit dich gleichfals uͤberfiel.<lb/> Jch ſag es wie es iſt: Mir mangelt hier Verſtand/<lb/> Je weniger ich auch in dieſem Fall erkant/<lb/> Je mehr kan ich vom Boͤſen und von Guten<lb/> Alhier vermuthen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MON"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Mont.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Was du nicht kanſt verſtehn/<lb/> Muß ich elender Mann verſtehen und erfahren:<lb/> Kan man/ was heimlich iſt/ auch wol vor dir verwahren/<lb/> Als vor dieſem der da kan/<lb/> Mit Weißheits-Klarheit angethan/<lb/> Jn der Verhaͤngnis-Behaltniſſe gehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#TIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Tir.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Sohn/ Sohn:<lb/> Wuͤrd’ uns nach Begehr geſchenckt des Prophetſehen Lichtes Schein/<lb/> Ey ſo wuͤrd es der Natur/ nicht des Himmels Gabe ſeyn.<lb/> Jch weiß nichts eigentlichs davon/<lb/> Dis ſpuͤret zwar mein dunckler Geiſt/<lb/> Daß das Verhaͤngnis hier das Licht zuruͤcke haͤlt/<lb/> Und etwas groſſes uns in das Verborgne ſtellt/<lb/> Und dieſes iſt/ was mich aus meiner Zelle reiſt/<lb/> Damit ich doch nur moͤchte recht verſtehn/<lb/> Wer dieſen Juͤngling hat gebohren/<lb/> [Dafern ich den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Nicandro</hi></hi> recht verſtand)<lb/> Der zu dem Tode war erkohren.</p> </sp><lb/> <sp who="#MON"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Mont.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Er iſt dir alzuſehr bekand:<lb/> Und darum wird dir ſein Jammer deſto mehr zu Hertzen gehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#TIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Tir.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Jch muß deine Wehmuth preiſen:<lb/> Es fuͤhrt die Menſchligkeit uns ſelbſt zu dieſem an/<lb/> Und heiſt dem Durfftigen Erbarmnis zu erweiſen.<lb/> Ach! mache doch/ daß ich bald mit ihm reden kan.</p> </sp><lb/> <sp who="#MON"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Mont.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Jtzt ſeh ich ja/ daß dir des Himmels Krafft gebricht/<lb/> Und daß dir iſt verleſcht das Profeceyungs-Licht.<lb/> Der Vater/ den du ſuchſt/ der ſieht itzund auf dich/<lb/> Und den du hoͤren wilſt/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Tirenio,</hi></hi> bin ich.</p> </sp><lb/> <sp who="#TIR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Tir.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Du ſolt deſſen Vater ſeyn/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0233]
Sechſter Auftritt.
Weil ſich gleich ein neuer Zufall in dem Tempel ließ verſpuͤren.
Ein Zufall/ der mir meinen Geiſt
Jn Furcht- und Hoffnungs-Bande reiſſt/
Dafern ich ihn zu dieſem halten wil/
Der faſt auf eine Zeit dich gleichfals uͤberfiel.
Jch ſag es wie es iſt: Mir mangelt hier Verſtand/
Je weniger ich auch in dieſem Fall erkant/
Je mehr kan ich vom Boͤſen und von Guten
Alhier vermuthen.
Mont. Was du nicht kanſt verſtehn/
Muß ich elender Mann verſtehen und erfahren:
Kan man/ was heimlich iſt/ auch wol vor dir verwahren/
Als vor dieſem der da kan/
Mit Weißheits-Klarheit angethan/
Jn der Verhaͤngnis-Behaltniſſe gehn.
Tir. Sohn/ Sohn:
Wuͤrd’ uns nach Begehr geſchenckt des Prophetſehen Lichtes Schein/
Ey ſo wuͤrd es der Natur/ nicht des Himmels Gabe ſeyn.
Jch weiß nichts eigentlichs davon/
Dis ſpuͤret zwar mein dunckler Geiſt/
Daß das Verhaͤngnis hier das Licht zuruͤcke haͤlt/
Und etwas groſſes uns in das Verborgne ſtellt/
Und dieſes iſt/ was mich aus meiner Zelle reiſt/
Damit ich doch nur moͤchte recht verſtehn/
Wer dieſen Juͤngling hat gebohren/
[Dafern ich den Nicandro recht verſtand)
Der zu dem Tode war erkohren.
Mont. Er iſt dir alzuſehr bekand:
Und darum wird dir ſein Jammer deſto mehr zu Hertzen gehn.
Tir. Jch muß deine Wehmuth preiſen:
Es fuͤhrt die Menſchligkeit uns ſelbſt zu dieſem an/
Und heiſt dem Durfftigen Erbarmnis zu erweiſen.
Ach! mache doch/ daß ich bald mit ihm reden kan.
Mont. Jtzt ſeh ich ja/ daß dir des Himmels Krafft gebricht/
Und daß dir iſt verleſcht das Profeceyungs-Licht.
Der Vater/ den du ſuchſt/ der ſieht itzund auf dich/
Und den du hoͤren wilſt/ Tirenio, bin ich.
Tir. Du ſolt deſſen Vater ſeyn/
Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |