Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende Athen/ aus wichtigen Bedencken/ Beladte jährlich dieses Schieff/ So dann aus seinem Hafen lief/ Das Delus reichlich zu beschencken/ Jn dem es jagte durch die Fluth. So sprach das Recht nicht über Blut/ Und hemte seines Donners Stärcke; Man ließ gantz kein Gericht ergehn/ Man straffte keine böse Wercke/ Es muste dann im Hafen stehn. Jn dem es trieb durch wilde Wellen/ Und weil es unter Delus stund/ So war dem Socrates vergunt Nach wunsch sein Ende zu bestellen. Unangesehen den Verdruß/ Da fast ein ieder fürchten muß/ Das strenge Recht so nicht kan schweigen/ So war die Freyheit mir vergunt/ Bey ihm zu öffnen meinen Mund/ Und meine Wehmuth ihm zu zeigen. Viel/ den der Grund der Zeit/ und Sinnen. Der Freundschafft reiner Anfang war Befunden sich mit mir aldar/ Und wolten ihren Trost beginnen; Sie konten aber bey der Pein Jhm gar nicht gleiche frölich seyn/ Sein Muth must ihren Muth vermahnen/ Und weil er unerschrocken stund/ So liessen wir uns gerne lehren Den Grief zu führen gleichen Mund. Die Lehre kont uns da nicht fehlen/ Wie man mit Ehren sterben kan/ Es dachte keiner mehr daran/ Den Grimm des Urtheils zu erzehlen/ Als endlich nun der schnelle Lauf Des engen Leben hörte auf/ Durch
Der ſterbende Athen/ aus wichtigen Bedencken/ Beladte jaͤhrlich dieſes Schieff/ So dann aus ſeinem Hafen lief/ Das Delus reichlich zu beſchencken/ Jn dem es jagte durch die Fluth. So ſprach das Recht nicht uͤber Blut/ Und hemte ſeines Donners Staͤrcke; Man ließ gantz kein Gericht ergehn/ Man ſtraffte keine boͤſe Wercke/ Es muſte dann im Hafen ſtehn. Jn dem es trieb durch wilde Wellen/ Und weil es unter Delus ſtund/ So war dem Socrates vergunt Nach wunſch ſein Ende zu beſtellen. Unangeſehen den Verdruß/ Da faſt ein ieder fuͤrchten muß/ Das ſtrenge Recht ſo nicht kan ſchweigen/ So war die Freyheit mir vergunt/ Bey ihm zu oͤffnen meinen Mund/ Und meine Wehmuth ihm zu zeigen. Viel/ den der Grund der Zeit/ und Sinnen. Der Freundſchafft reiner Anfang war Befunden ſich mit mir aldar/ Und wolten ihren Troſt beginnen; Sie konten aber bey der Pein Jhm gar nicht gleiche froͤlich ſeyn/ Sein Muth muſt ihren Muth vermahnen/ Und weil er unerſchrocken ſtund/ So lieſſen wir uns gerne lehren Den Grief zu fuͤhren gleichen Mund. Die Lehre kont uns da nicht fehlen/ Wie man mit Ehren ſterben kan/ Es dachte keiner mehr daran/ Den Grim̃ des Urtheils zu erzehlen/ Als endlich nun der ſchnelle Lauf Des engen Leben hoͤrte auf/ Durch
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Der ſterbende
Athen/ aus wichtigen Bedencken/
Beladte jaͤhrlich dieſes Schieff/
So dann aus ſeinem Hafen lief/
Das Delus reichlich zu beſchencken/
Jn dem es jagte durch die Fluth.
So ſprach das Recht nicht uͤber Blut/
Und hemte ſeines Donners Staͤrcke;
Man ließ gantz kein Gericht ergehn/
Man ſtraffte keine boͤſe Wercke/
Es muſte dann im Hafen ſtehn.
Jn dem es trieb durch wilde Wellen/
Und weil es unter Delus ſtund/
So war dem Socrates vergunt
Nach wunſch ſein Ende zu beſtellen.
Unangeſehen den Verdruß/
Da faſt ein ieder fuͤrchten muß/
Das ſtrenge Recht ſo nicht kan ſchweigen/
So war die Freyheit mir vergunt/
Bey ihm zu oͤffnen meinen Mund/
Und meine Wehmuth ihm zu zeigen.
Viel/ den der Grund der Zeit/ und Sinnen.
Der Freundſchafft reiner Anfang war
Befunden ſich mit mir aldar/
Und wolten ihren Troſt beginnen;
Sie konten aber bey der Pein
Jhm gar nicht gleiche froͤlich ſeyn/
Sein Muth muſt ihren Muth vermahnen/
Und weil er unerſchrocken ſtund/
So lieſſen wir uns gerne lehren
Den Grief zu fuͤhren gleichen Mund.
Die Lehre kont uns da nicht fehlen/
Wie man mit Ehren ſterben kan/
Es dachte keiner mehr daran/
Den Grim̃ des Urtheils zu erzehlen/
Als endlich nun der ſchnelle Lauf
Des engen Leben hoͤrte auf/
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