Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende Jch sprach: läst solche Macht sich in dem Geiste finden/Wie solte sie sich nicht am ersten zeigen hier? Wenn wir den rechten Grund der Sachen wollen wissen/ Warum diß oder das zum sterben ist erkiest/ Warum diß fort gemust/ und jenes bleiben müssen/ Weil unsers Geistes Zweck allein das gute ist/ So muß man erstlich sehn wie alle Sachen stehen/ Und wie es besser ist/ daß diß und jenes bleibt/ Daß dieses Leben kriegt/ und jenes muß vergehen/ Und lerne/ wann man so zum Zweck der Sachen treibt. Erwegung/ wie eines vor dem andern gut sey/ für sich nimmt/ so muß auch der Mensch/ weder von ihm noch von andern etwas betrachten/ es sey denn daß es gut und wol bestellet sey. Und folget also/ daß der/ so das gute ergründet/ zu dem Erkäntniß des Bösen/ weil es auch eine Wissenschaft ist/ gleich- fals erlanget. Jn diesen Gedancken gleichsam verwickelt/ so erfreuete ich mich nicht wenig/ daß ich an dem Anaxagor as einen Meister gefunden/ so mich in dem jenigen darnach ich so lange Zeit ge- trachtet/ benenntlich die Ursache aller Dinge/ recht unterweisen konte. Und daß er mich erstlich leh- ret/ ob die Rede platt oder rund wäre/ und mir dar- nach den Antrieb und Ursache dessen recht entdecke- te/ das ist/ daß er mir recht dargethan hätte/ warum es besser wäre/ daß sie so wäre/ und warum sie ei- gentlich in solcher Gestalt seyn müste; Und wann er mir nur entdecket/ daß die Erde das Mittel der Welt sey/ so erwarte ich/ daß er mir auch zugleich erweise/ daß es eben so der Rede am besten wäre/ in
Der ſterbende Jch ſprach: laͤſt ſolche Macht ſich in dem Geiſte finden/Wie ſolte ſie ſich nicht am erſten zeigen hier? Wenn wir den rechten Grund der Sachen wollen wiſſen/ Warum diß oder das zum ſterben iſt erkieſt/ Warum diß fort gemuſt/ und jenes bleiben muͤſſen/ Weil unſers Geiſtes Zweck allein das gute iſt/ So muß man erſtlich ſehn wie alle Sachen ſtehen/ Und wie es beſſer iſt/ daß diß und jenes bleibt/ Daß dieſes Leben kriegt/ und jenes muß vergehen/ Und lerne/ wann man ſo zum Zweck der Sachen treibt. Erwegung/ wie eines vor dem andern gut ſey/ fuͤr ſich nimmt/ ſo muß auch der Menſch/ weder von ihm noch von andern etwas betrachten/ es ſey denn daß es gut und wol beſtellet ſey. Und folget alſo/ daß der/ ſo das gute ergruͤndet/ zu dem Erkaͤntniß des Boͤſen/ weil es auch eine Wiſſenſchaft iſt/ gleich- fals erlanget. Jn dieſen Gedancken gleichſam verwickelt/ ſo erfreuete ich mich nicht wenig/ daß ich an dem Anaxagor as einen Meiſter gefunden/ ſo mich in dem jenigen darnach ich ſo lange Zeit ge- trachtet/ benenntlich die Urſache aller Dinge/ recht unterweiſen konte. Und daß er mich erſtlich leh- ret/ ob die Rede platt oder rund waͤre/ und mir dar- nach den Antrieb und Urſache deſſen recht entdecke- te/ das iſt/ daß er mir recht dargethan haͤtte/ warum es beſſer waͤre/ daß ſie ſo waͤre/ und warum ſie ei- gentlich in ſolcher Geſtalt ſeyn muͤſte; Und wann er mir nur entdecket/ daß die Erde das Mittel der Welt ſey/ ſo erwarte ich/ daß er mir auch zugleich erweiſe/ daß es eben ſo der Rede am beſten waͤre/ in
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Der ſterbende
Jch ſprach: laͤſt ſolche Macht ſich in dem Geiſte finden/
Wie ſolte ſie ſich nicht am erſten zeigen hier?
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Warum diß oder das zum ſterben iſt erkieſt/
Warum diß fort gemuſt/ und jenes bleiben muͤſſen/
Weil unſers Geiſtes Zweck allein das gute iſt/
So muß man erſtlich ſehn wie alle Sachen ſtehen/
Und wie es beſſer iſt/ daß diß und jenes bleibt/
Daß dieſes Leben kriegt/ und jenes muß vergehen/
Und lerne/ wann man ſo zum Zweck der Sachen treibt.
So nun der menſchliche Verſtand nichts ohne
Erwegung/ wie eines vor dem andern gut ſey/ fuͤr
ſich nimmt/ ſo muß auch der Menſch/ weder von
ihm noch von andern etwas betrachten/ es ſey denn
daß es gut und wol beſtellet ſey. Und folget alſo/
daß der/ ſo das gute ergruͤndet/ zu dem Erkaͤntniß
des Boͤſen/ weil es auch eine Wiſſenſchaft iſt/ gleich-
fals erlanget. Jn dieſen Gedancken gleichſam
verwickelt/ ſo erfreuete ich mich nicht wenig/ daß ich
an dem Anaxagor as einen Meiſter gefunden/ ſo
mich in dem jenigen darnach ich ſo lange Zeit ge-
trachtet/ benenntlich die Urſache aller Dinge/ recht
unterweiſen konte. Und daß er mich erſtlich leh-
ret/ ob die Rede platt oder rund waͤre/ und mir dar-
nach den Antrieb und Urſache deſſen recht entdecke-
te/ das iſt/ daß er mir recht dargethan haͤtte/ warum
es beſſer waͤre/ daß ſie ſo waͤre/ und warum ſie ei-
gentlich in ſolcher Geſtalt ſeyn muͤſte; Und wann er
mir nur entdecket/ daß die Erde das Mittel der
Welt ſey/ ſo erwarte ich/ daß er mir auch zugleich
erweiſe/ daß es eben ſo der Rede am beſten waͤre/
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Zitationshilfe: | Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/352>, abgerufen am 16.07.2024. |