Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
Socrates.
so wir die Gedritten heissen/ dann du wirst erfahren/
daß man sie allezeit gedritte und ungerade heisse.
Welches Ungerade doch nicht eben oder eigentlich
das jenige/ was das gedritte ist/ dann man saget
solches eben so wol von fünffen und von sieben/ als
von dreyen und anderen Mittel/ oder ungleichen
Zahlen mehr. Dann ein iedere dieser Zahlen ist
so wol ungerade als gedrittet/ und ob sie gleich nicht
eben das Ungerade selber seyn/ so sind sie doch unge-
rade. Wie ebenfals auch zwey und viere/ und an-
dere gleiche Zahlen/ ob sie gleich nicht eben dieses/
was man gerade nennet/ seyn/ so ist doch ein ieder
für sich gerade.
Cebes.
Sonder Zweiffel.
Socrates.
Betrachte dann recht meine Frage/ daß es nem-
lich anders keines weges seyn kan/ als daß nicht al-
leine die unter sich selbst widrigen Sachen sich nie-
mals in ein ander vermischen/ sondern auch die jeni-
gen Dinge/ so zwar nicht recht einander zu wider/
sondern nur etwas der Widerwertigkeit ähnliches
in sich haben/ niemals diß was ihre Eigenschafft zu
wider/ an sich nehmen. Müssen wir nicht geste-
hen/ daß drey eher vergehen/ ja eher ich weiß nicht
was erdulden würden/ als daß sie so weit drey drey
sind/ gerade werden solten.
Cebes.
Das ist die Warheit.
So-
H 3
Socrates.
ſo wir die Gedritten heiſſen/ dann du wirſt erfahren/
daß man ſie allezeit gedritte und ungerade heiſſe.
Welches Ungerade doch nicht eben oder eigentlich
das jenige/ was das gedritte iſt/ dann man ſaget
ſolches eben ſo wol von fuͤnffen und von ſieben/ als
von dreyen und anderen Mittel/ oder ungleichen
Zahlen mehr. Dann ein iedere dieſer Zahlen iſt
ſo wol ungerade als gedrittet/ und ob ſie gleich nicht
eben das Ungerade ſelber ſeyn/ ſo ſind ſie doch unge-
rade. Wie ebenfals auch zwey und viere/ und an-
dere gleiche Zahlen/ ob ſie gleich nicht eben dieſes/
was man gerade nennet/ ſeyn/ ſo iſt doch ein ieder
fuͤr ſich gerade.
Cebes.
Sonder Zweiffel.
Socrates.
Betrachte dann recht meine Frage/ daß es nem-
lich anders keines weges ſeyn kan/ als daß nicht al-
leine die unter ſich ſelbſt widrigen Sachen ſich nie-
mals in ein ander vermiſchen/ ſondern auch die jeni-
gen Dinge/ ſo zwar nicht recht einander zu wider/
ſondern nur etwas der Widerwertigkeit aͤhnliches
in ſich haben/ niemals diß was ihre Eigenſchafft zu
wider/ an ſich nehmen. Muͤſſen wir nicht geſte-
hen/ daß drey eher vergehen/ ja eher ich weiß nicht
was erdulden wuͤrden/ als daß ſie ſo weit drey drey
ſind/ gerade werden ſolten.
Cebes.
Das iſt die Warheit.
So-
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SOC">
          <p><pb facs="#f0369" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Socrates.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o wir die Gedritten hei&#x017F;&#x017F;en/ dann du wir&#x017F;t erfahren/<lb/>
daß man &#x017F;ie allezeit gedritte und ungerade hei&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
Welches Ungerade doch nicht eben oder eigentlich<lb/>
das jenige/ was das gedritte i&#x017F;t/ dann man &#x017F;aget<lb/>
&#x017F;olches eben &#x017F;o wol von fu&#x0364;nffen und von &#x017F;ieben/ als<lb/>
von dreyen und anderen Mittel/ oder ungleichen<lb/>
Zahlen mehr. Dann ein iedere die&#x017F;er Zahlen i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o wol ungerade als gedrittet/ und ob &#x017F;ie gleich nicht<lb/>
eben das Ungerade &#x017F;elber &#x017F;eyn/ &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie doch unge-<lb/>
rade. Wie ebenfals auch zwey und viere/ und an-<lb/>
dere gleiche Zahlen/ ob &#x017F;ie gleich nicht eben die&#x017F;es/<lb/>
was man gerade nennet/ &#x017F;eyn/ &#x017F;o i&#x017F;t doch ein ieder<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich gerade.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CEB">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Cebes.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Sonder Zweiffel.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SOC">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Socrates.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Betrachte dann recht meine Frage/ daß es nem-<lb/>
lich anders keines weges &#x017F;eyn kan/ als daß nicht al-<lb/>
leine die unter &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t widrigen Sachen &#x017F;ich nie-<lb/>
mals in ein ander vermi&#x017F;chen/ &#x017F;ondern auch die jeni-<lb/>
gen Dinge/ &#x017F;o zwar nicht recht einander zu wider/<lb/>
&#x017F;ondern nur etwas der Widerwertigkeit a&#x0364;hnliches<lb/>
in &#x017F;ich haben/ niemals diß was ihre Eigen&#x017F;chafft zu<lb/>
wider/ an &#x017F;ich nehmen. Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir nicht ge&#x017F;te-<lb/>
hen/ daß drey eher vergehen/ ja eher ich weiß nicht<lb/>
was erdulden wu&#x0364;rden/ als daß &#x017F;ie &#x017F;o weit drey drey<lb/>
&#x017F;ind/ gerade werden &#x017F;olten.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CEB">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Cebes.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Das i&#x017F;t die Warheit.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">H 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">So-</fw>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0369] Socrates. ſo wir die Gedritten heiſſen/ dann du wirſt erfahren/ daß man ſie allezeit gedritte und ungerade heiſſe. Welches Ungerade doch nicht eben oder eigentlich das jenige/ was das gedritte iſt/ dann man ſaget ſolches eben ſo wol von fuͤnffen und von ſieben/ als von dreyen und anderen Mittel/ oder ungleichen Zahlen mehr. Dann ein iedere dieſer Zahlen iſt ſo wol ungerade als gedrittet/ und ob ſie gleich nicht eben das Ungerade ſelber ſeyn/ ſo ſind ſie doch unge- rade. Wie ebenfals auch zwey und viere/ und an- dere gleiche Zahlen/ ob ſie gleich nicht eben dieſes/ was man gerade nennet/ ſeyn/ ſo iſt doch ein ieder fuͤr ſich gerade. Cebes. Sonder Zweiffel. Socrates. Betrachte dann recht meine Frage/ daß es nem- lich anders keines weges ſeyn kan/ als daß nicht al- leine die unter ſich ſelbſt widrigen Sachen ſich nie- mals in ein ander vermiſchen/ ſondern auch die jeni- gen Dinge/ ſo zwar nicht recht einander zu wider/ ſondern nur etwas der Widerwertigkeit aͤhnliches in ſich haben/ niemals diß was ihre Eigenſchafft zu wider/ an ſich nehmen. Muͤſſen wir nicht geſte- hen/ daß drey eher vergehen/ ja eher ich weiß nicht was erdulden wuͤrden/ als daß ſie ſo weit drey drey ſind/ gerade werden ſolten. Cebes. Das iſt die Warheit. So- H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/369
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/369>, abgerufen am 24.11.2024.