Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Grabschrifften. LXIV. Eines Skutnickels. Die Weichsel war mein Meer/ und Dantzig der Welt Ende/ Da furchte man mein Maul/ und haste meine Hände. Jch starb und war nicht recht in Charons Nachen kommen/ So hatt' ich ihm alsbald den besten Rock genom- men. LXV. Eines Bastart-Kindes. Wo meine Mutter liegt/ da bin ich auch begraben/ Jch wolte nechst bey ihr mein Leichbegräbnüs haben/ Nicht unlieb hett' ich mich zum Vater hinverfügt/ Jch wuste wo er lag/ und weiß nicht wo er liegt. LXVI. Eines Sclavens. Jm Leben war ich Knecht/ im Tode bin ich frey/ Es brach des Todes Band die Fessel leicht entzwey; Die Ketten flecken nicht/ ich kante mein Geblüthe/ Jch starb ein Knecht durch Zwang mit nichten von Gemüthe. LXVII. Eines Juden. Die Christen wolten mich in keinen Zünfften leiden/ Jch solte Kauffmannschafft und allen Handel mei- den. Die Wahrheit bringet mir itzt wenige Gefahr/ Man haste mich darumb weil ich beschnitten war. Ei- b iij
Grabſchrifften. LXIV. Eines Skutnickels. Die Weichſel war mein Meer/ und Dantzig der Welt Ende/ Da furchte man mein Maul/ und haſte meine Haͤnde. Jch ſtarb und war nicht recht in Charons Nachen kommen/ So hatt’ ich ihm alsbald den beſten Rock genom- men. LXV. Eines Baſtart-Kindes. Wo meine Mutter liegt/ da bin ich auch begraben/ Jch wolte nechſt bey ihr mein Leichbegraͤbnuͤs haben/ Nicht unlieb hett’ ich mich zum Vater hinverfuͤgt/ Jch wuſte wo er lag/ und weiß nicht wo er liegt. LXVI. Eines Sclavens. Jm Leben war ich Knecht/ im Tode bin ich frey/ Es brach des Todes Band die Feſſel leicht entzwey; Die Ketten flecken nicht/ ich kante mein Gebluͤthe/ Jch ſtarb ein Knecht durch Zwang mit nichten von Gemuͤthe. LXVII. Eines Juden. Die Chriſten wolten mich in keinen Zuͤnfften leiden/ Jch ſolte Kauffmannſchafft und allen Handel mei- den. Die Wahrheit bringet mir itzt wenige Gefahr/ Man haſte mich darumb weil ich beſchnitten war. Ei- b iij
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Grabſchrifften.
LXIV.
Eines Skutnickels.
Die Weichſel war mein Meer/ und Dantzig der
Welt Ende/
Da furchte man mein Maul/ und haſte meine Haͤnde.
Jch ſtarb und war nicht recht in Charons Nachen
kommen/
So hatt’ ich ihm alsbald den beſten Rock genom-
men.
LXV.
Eines Baſtart-Kindes.
Wo meine Mutter liegt/ da bin ich auch begraben/
Jch wolte nechſt bey ihr mein Leichbegraͤbnuͤs haben/
Nicht unlieb hett’ ich mich zum Vater hinverfuͤgt/
Jch wuſte wo er lag/ und weiß nicht wo er liegt.
LXVI.
Eines Sclavens.
Jm Leben war ich Knecht/ im Tode bin ich frey/
Es brach des Todes Band die Feſſel leicht entzwey;
Die Ketten flecken nicht/ ich kante mein Gebluͤthe/
Jch ſtarb ein Knecht durch Zwang mit nichten von
Gemuͤthe.
LXVII.
Eines Juden.
Die Chriſten wolten mich in keinen Zuͤnfften leiden/
Jch ſolte Kauffmannſchafft und allen Handel mei-
den.
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Man haſte mich darumb weil ich beſchnitten war.
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