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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Anderes Buch/ Haus-Vatter.
Cap. LXVI.
Von den Gemühts-Bewegungen.
[Spaltenumbruch]

DJe nahe Verbindung und Vereinigung Leibes
und der Seelen machen/ daß wie eines des an-
dern Wolergehens sich erfreuet/ und theilhafftig
macht: Also auch eines des andern Bewegungen/ und
Zufälle mit fühlet und empfindet; und wie der weise Plato
in Charmide
vermeldet/ daß sehr viel schädliche und
gewaltsame Kranckheiten des Leibes von dem Gemüth
ihren Ursprung haben. Denn (sagt er) weil das Ge-
müth die höchste Herrschafft über den Leib hat/ kan
es solchen nach Gefallen bewegen/ wie ein Kriegs-
Obrister seine untergebene Völcker. Und wiewol die-
se Passionen zweyerley Sachen übel leiden können/ eine
gar zu sorgfältige Nachforschung/ und eine allzu freye
ob schon freundliche Ermahnung/ wie Herr Bacon de
augmentis scient. fol.
454. bezeuget; so soll doch ein
jeder vernünfftiger Mensch dieses zu verhüten/ in sich
selbst und seine Passionen inquiriren/ was gut oder bös/
schädlich oder nützlich unterscheiden; deren Gewalt
und Ungestümm mit Vernunfft und Göttlichen Beystan-
des Hülfnehmung brechen und zäumen; der nach
Gottes Ebenbild erschaffenen Seelen allezeit den Zügel
in der Hand lassen/ und seinen Begierden/ so viel
menschlicher Schwachheit möglich/ die Meisterschafft
entziehen. Denn gar aus dem Hertzen solche mit den
Stoicis reissen wollen/ ist so wol der Natur/ als der Ver-
nunfft zu wieder; perdifficile est prorsus hominem
exuere,
sagt Zeno bey dem Laertio. Die Gemüths-
Bewegungen/ sind gleichsam wie Nerven/ die dem
Leibe die Fühlung und die Beweglichkeit austheilen;
weil sie des Geistes Nerven und Spann-Adern wol
heissen mögen/ dardurch er zur gebührlichen Thätigkeit
sich entschliesset/ und ermannet/ und ein Mensch/ der
gantz ohne alle Affecten lebete/ wäre wie ein Schiff auf
dem Meer ohne Wind und Ruder/ denn diese treiben
an/ etwas zu verrichten/ wann nur die Vernunfft/ als der
obriste Schiff-Meister/ das Ruder wol und recht ge-
brauchet/ Virtus ergo, secundum Aristotelem, non in
Stoica Affectuum privatione, sed moderatione con-
sistit.
Vor allen andern schädlichen Affecten ist die
unnütze hefftige Sorge und Kümmernis/ Carnifices illae
& (ut Comicus vocat) exanimales curae,
die einem
Menschen das Leben leicht verkürtzen/ versauren und ver-
bittern/ weil sie auch ein Ursach sind der Traurigkeit/ die
den Leib ausdörret/ den natürlichen Lebens-Balsam
austilgt und erkältet/ das Alterthum vor der Zeit/ und
auch den Tod selbst an sich ziehet/ weil es des Geblüts
gute Eigenschafft verderbet/ das Hertz presset/ die Gei-
ster vernebelt/ und zu allem undienlich machet/ der
Schlaff wird genommen/ wegen der Einbildungen Agi-
[Spaltenumbruch] tation,
die Verdauung wird verhindert/ weil die Lebens-
Geister anderwerts sich befinden. Also auch die Furcht
besorget nicht allein das Gegenwärtige/ sondern auch
das Zukünfftige/ vermuthet wol manchesmal ein Un-
glück/ so niebegegnen wird/ und wird mehr von der Ein-
bildung des Bösen/ als dem Bösen selbst geplagt/ alle
Sinne werden dardurch zerstöret und geblendet/ die
Geister und das Geblüt erkältet/ wie auch nicht weni-
ger die allzugrosse/ unvermeinte/ zu gähe verkündete und
geschehene Freude/ einem Menschen das Leben rauben
kan; denn das Hertz wird dardurch gleichsam über-
schüttet/ und erstecket/ daß es durch allzuhefftige Dilata-
tion
alle Geister und die Lebens-Wärm ausdünstet:
Also auch ist der übermässige und den Christen nicht ge-
ziemende Haß und Neid billich zu fliehen. Vitam tibi
dedit amor parentum
(sagt Mars. Ficinus in Praefatio-
ne lib. 3. de vita) eam vicissim demit odium atque
dolor.
Nicht weniger ist die ungebührliche Liebe einem
dapffern Gemüthe vornemlich zu fliehen/ weil sie alle Lie-
be zur Tugend beraubet/ alle Zucht und Erbarkeit mit
Füssen tritt/ die Vernunfft blind/ und die Billigkeit ster-
ben machet/ die Leibes-Stärcke schwächet/ das Gemüthe
gleichsam castriret/ in alle Schande sich stürtzet/ den
ehrlichen guten Namen verachtet und beklecket/ Mattig-
keiten/ Ohnmachten/ Schlag-Flüsse/ Lähmungen und al-
le Cruditeten anzündet/ die häßliche Wollust gebieret/
und dardurch den Menschen in zeitlich- und ewiges Ver-
derben stürtzet. Alle nun diese schädliche Passionen ver-
wirren die Oeconomiam des menschlichen Gehirns/
sonderlich die Phantasia. Daher sich/ um weltliche zeit-
liche Verlust und unglückliche Begebnis nicht allzuviel
zu betrüben oder zu erschrecken/ wann man denckt/ daß
nichts ohne den Göttlichen allerbesten Willen geschehen/
und der Hertz-treue GOtt alles ändern und zu guten En-
de wenden und lencken kan. Dabey das vornehmste
Mittel auch das Gebet ist/ daß ein Christ GOtt hertzlich
anruffet/ Er wolle ihm den Heil. Geist/ den Geist der
Freuden und des Trostes/ der Weißheit und der Stär-
cke verleyhen/ sich Seinem Willen gedultig zu unterwerffen/
gedencken/ daß alles zeitlich ist; daß die himmlische
Freude überschwenglich alles von GOTT zugeordnete
und gedultig ertragne Leyden dieser Welt dort vergel-
ten werde; daß die Traurigkeit/ Haß und Neid/ von
dem bösen Feinde entspringe/ von dem man nichts
nachahmen/ sondern vielmehr dem gedultigen Lämmlein
Christo nachfolgen/ und sein Creutz Jhme willig nach-
tragen solle/ damit man auch dort mit Jhm aus Gna-
den/ und durch Sein Verdienst/ möge gekrönet werden.

Cap. LXVII.
Eine vornehme Stützen und Erhaltung der Gesundheit/ ist ein frölich/
Gott-trauendes und das Beste hoffendes Gemüthe.
[Spaltenumbruch]

EJne allzeit das Beste hoffende und Gott vertrauen-
de Seele/ und ein frölich und vergnügter Geist/
sind zwo geistliche/ aber kräfftige und gewaltige
[Spaltenumbruch] Seulen/ die Gesundheit zu unterstützen; denn weil die-
se in der Kammer des Hirns sich aufhalten/ erleuchten
und erquicken sie alle sinnliche und leibliche Kräfften/

wegen
X
Anderes Buch/ Haus-Vatter.
Cap. LXVI.
Von den Gemuͤhts-Bewegungen.
[Spaltenumbruch]

DJe nahe Verbindung und Vereinigung Leibes
und der Seelen machen/ daß wie eines des an-
dern Wolergehens ſich erfreuet/ und theilhafftig
macht: Alſo auch eines des andern Bewegungen/ und
Zufaͤlle mit fuͤhlet und empfindet; und wie der weiſe Plato
in Charmide
vermeldet/ daß ſehr viel ſchaͤdliche und
gewaltſame Kranckheiten des Leibes von dem Gemuͤth
ihren Urſprung haben. Denn (ſagt er) weil das Ge-
muͤth die hoͤchſte Herrſchafft uͤber den Leib hat/ kan
es ſolchen nach Gefallen bewegen/ wie ein Kriegs-
Obriſter ſeine untergebene Voͤlcker. Und wiewol die-
ſe Paſſionen zweyerley Sachen uͤbel leiden koͤnnen/ eine
gar zu ſorgfaͤltige Nachforſchung/ und eine allzu freye
ob ſchon freundliche Ermahnung/ wie Herr Bacon de
augmentis ſcient. fol.
454. bezeuget; ſo ſoll doch ein
jeder vernuͤnfftiger Menſch dieſes zu verhuͤten/ in ſich
ſelbſt und ſeine Paſſionen inquiriren/ was gut oder boͤs/
ſchaͤdlich oder nuͤtzlich unterſcheiden; deren Gewalt
und Ungeſtuͤmm mit Vernunfft und Goͤttlichen Beyſtan-
des Huͤlfnehmung brechen und zaͤumen; der nach
Gottes Ebenbild erſchaffenen Seelen allezeit den Zuͤgel
in der Hand laſſen/ und ſeinen Begierden/ ſo viel
menſchlicher Schwachheit moͤglich/ die Meiſterſchafft
entziehen. Denn gar aus dem Hertzen ſolche mit den
Stoicis reiſſen wollen/ iſt ſo wol der Natur/ als der Ver-
nunfft zu wieder; perdifficile eſt prorſus hominem
exuere,
ſagt Zeno bey dem Laërtio. Die Gemuͤths-
Bewegungen/ ſind gleichſam wie Nerven/ die dem
Leibe die Fuͤhlung und die Beweglichkeit austheilen;
weil ſie des Geiſtes Nerven und Spann-Adern wol
heiſſen moͤgen/ dardurch er zur gebuͤhrlichen Thaͤtigkeit
ſich entſchlieſſet/ und ermannet/ und ein Menſch/ der
gantz ohne alle Affecten lebete/ waͤre wie ein Schiff auf
dem Meer ohne Wind und Ruder/ denn dieſe treiben
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obriſte Schiff-Meiſter/ das Ruder wol und recht ge-
brauchet/ Virtus ergo, ſecundum Ariſtotelem, non in
Stoicâ Affectuum privatione, ſed moderatione con-
ſiſtit.
Vor allen andern ſchaͤdlichen Affecten iſt die
unnuͤtze hefftige Sorge und Kuͤmmernis/ Carnifices illæ
& (ut Comicus vocat) exanimales curæ,
die einem
Menſchen das Leben leicht verkuͤrtzen/ verſauren und ver-
bittern/ weil ſie auch ein Urſach ſind der Traurigkeit/ die
den Leib ausdoͤrret/ den natuͤrlichen Lebens-Balſam
austilgt und erkaͤltet/ das Alterthum vor der Zeit/ und
auch den Tod ſelbſt an ſich ziehet/ weil es des Gebluͤts
gute Eigenſchafft verderbet/ das Hertz preſſet/ die Gei-
ſter vernebelt/ und zu allem undienlich machet/ der
Schlaff wird genommen/ wegen der Einbildungen Agi-
[Spaltenumbruch] tation,
die Verdauung wird verhindert/ weil die Lebens-
Geiſter anderwerts ſich befinden. Alſo auch die Furcht
beſorget nicht allein das Gegenwaͤrtige/ ſondern auch
das Zukuͤnfftige/ vermuthet wol manchesmal ein Un-
gluͤck/ ſo niebegegnen wird/ und wird mehr von der Ein-
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ger die allzugroſſe/ unvermeinte/ zu gaͤhe verkuͤndete und
geſchehene Freude/ einem Menſchen das Leben rauben
kan; denn das Hertz wird dardurch gleichſam uͤber-
ſchuͤttet/ und erſtecket/ daß es durch allzuhefftige Dilata-
tion
alle Geiſter und die Lebens-Waͤrm ausduͤnſtet:
Alſo auch iſt der uͤbermaͤſſige und den Chriſten nicht ge-
ziemende Haß und Neid billich zu fliehen. Vitam tibi
dedit amor parentum
(ſagt Marſ. Ficinus in Præfatio-
ne lib. 3. de vitâ) eam viciſſim demit odium atq́ue
dolor.
Nicht weniger iſt die ungebuͤhrliche Liebe einem
dapffern Gemuͤthe vornemlich zu fliehen/ weil ſie alle Lie-
be zur Tugend beraubet/ alle Zucht und Erbarkeit mit
Fuͤſſen tritt/ die Vernunfft blind/ und die Billigkeit ſter-
ben machet/ die Leibes-Staͤrcke ſchwaͤchet/ das Gemuͤthe
gleichſam caſtriret/ in alle Schande ſich ſtuͤrtzet/ den
ehrlichen guten Namen verachtet und beklecket/ Mattig-
keiten/ Ohnmachten/ Schlag-Fluͤſſe/ Laͤhmungen und al-
le Cruditeten anzuͤndet/ die haͤßliche Wolluſt gebieret/
und dardurch den Menſchen in zeitlich- und ewiges Ver-
derben ſtuͤrtzet. Alle nun dieſe ſchaͤdliche Paſſionen ver-
wirren die Oeconomiam des menſchlichen Gehirns/
ſonderlich die Phantaſia. Daher ſich/ um weltliche zeit-
liche Verluſt und ungluͤckliche Begebnis nicht allzuviel
zu betruͤben oder zu erſchrecken/ wann man denckt/ daß
nichts ohne den Goͤttlichen allerbeſten Willen geſchehen/
und der Hertz-treue GOtt alles aͤndern und zu guten En-
de wenden und lencken kan. Dabey das vornehmſte
Mittel auch das Gebet iſt/ daß ein Chriſt GOtt hertzlich
anruffet/ Er wolle ihm den Heil. Geiſt/ den Geiſt der
Freuden und des Troſtes/ der Weißheit und der Staͤr-
cke verleyhẽ/ ſich Seinem Willẽ gedultig zu unterwerffen/
gedencken/ daß alles zeitlich iſt; daß die himmliſche
Freude uͤberſchwenglich alles von GOTT zugeordnete
und gedultig ertragne Leyden dieſer Welt dort vergel-
ten werde; daß die Traurigkeit/ Haß und Neid/ von
dem boͤſen Feinde entſpringe/ von dem man nichts
nachahmen/ ſondern vielmehr dem gedultigen Laͤmmlein
Chriſto nachfolgen/ und ſein Creutz Jhme willig nach-
tragen ſolle/ damit man auch dort mit Jhm aus Gna-
den/ und durch Sein Verdienſt/ moͤge gekroͤnet werden.

Cap. LXVII.
Eine vornehme Stuͤtzen und Erhaltung der Geſundheit/ iſt ein froͤlich/
Gott-trauendes und das Beſte hoffendes Gemuͤthe.
[Spaltenumbruch]

EJne allzeit das Beſte hoffende uñ Gott vertrauen-
de Seele/ und ein froͤlich und vergnuͤgter Geiſt/
ſind zwo geiſtliche/ aber kraͤfftige und gewaltige
[Spaltenumbruch] Seulen/ die Geſundheit zu unterſtuͤtzen; denn weil die-
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[161/0179] Anderes Buch/ Haus-Vatter. Cap. LXVI. Von den Gemuͤhts-Bewegungen. DJe nahe Verbindung und Vereinigung Leibes und der Seelen machen/ daß wie eines des an- dern Wolergehens ſich erfreuet/ und theilhafftig macht: Alſo auch eines des andern Bewegungen/ und Zufaͤlle mit fuͤhlet und empfindet; und wie der weiſe Plato in Charmide vermeldet/ daß ſehr viel ſchaͤdliche und gewaltſame Kranckheiten des Leibes von dem Gemuͤth ihren Urſprung haben. Denn (ſagt er) weil das Ge- muͤth die hoͤchſte Herrſchafft uͤber den Leib hat/ kan es ſolchen nach Gefallen bewegen/ wie ein Kriegs- Obriſter ſeine untergebene Voͤlcker. Und wiewol die- ſe Paſſionen zweyerley Sachen uͤbel leiden koͤnnen/ eine gar zu ſorgfaͤltige Nachforſchung/ und eine allzu freye ob ſchon freundliche Ermahnung/ wie Herr Bacon de augmentis ſcient. fol. 454. bezeuget; ſo ſoll doch ein jeder vernuͤnfftiger Menſch dieſes zu verhuͤten/ in ſich ſelbſt und ſeine Paſſionen inquiriren/ was gut oder boͤs/ ſchaͤdlich oder nuͤtzlich unterſcheiden; deren Gewalt und Ungeſtuͤmm mit Vernunfft und Goͤttlichen Beyſtan- des Huͤlfnehmung brechen und zaͤumen; der nach Gottes Ebenbild erſchaffenen Seelen allezeit den Zuͤgel in der Hand laſſen/ und ſeinen Begierden/ ſo viel menſchlicher Schwachheit moͤglich/ die Meiſterſchafft entziehen. Denn gar aus dem Hertzen ſolche mit den Stoicis reiſſen wollen/ iſt ſo wol der Natur/ als der Ver- nunfft zu wieder; perdifficile eſt prorſus hominem exuere, ſagt Zeno bey dem Laërtio. Die Gemuͤths- Bewegungen/ ſind gleichſam wie Nerven/ die dem Leibe die Fuͤhlung und die Beweglichkeit austheilen; weil ſie des Geiſtes Nerven und Spann-Adern wol heiſſen moͤgen/ dardurch er zur gebuͤhrlichen Thaͤtigkeit ſich entſchlieſſet/ und ermannet/ und ein Menſch/ der gantz ohne alle Affecten lebete/ waͤre wie ein Schiff auf dem Meer ohne Wind und Ruder/ denn dieſe treiben an/ etwas zu verrichten/ wann nur die Vernunfft/ als der obriſte Schiff-Meiſter/ das Ruder wol und recht ge- brauchet/ Virtus ergo, ſecundum Ariſtotelem, non in Stoicâ Affectuum privatione, ſed moderatione con- ſiſtit. Vor allen andern ſchaͤdlichen Affecten iſt die unnuͤtze hefftige Sorge und Kuͤmmernis/ Carnifices illæ & (ut Comicus vocat) exanimales curæ, die einem Menſchen das Leben leicht verkuͤrtzen/ verſauren und ver- bittern/ weil ſie auch ein Urſach ſind der Traurigkeit/ die den Leib ausdoͤrret/ den natuͤrlichen Lebens-Balſam austilgt und erkaͤltet/ das Alterthum vor der Zeit/ und auch den Tod ſelbſt an ſich ziehet/ weil es des Gebluͤts gute Eigenſchafft verderbet/ das Hertz preſſet/ die Gei- ſter vernebelt/ und zu allem undienlich machet/ der Schlaff wird genommen/ wegen der Einbildungen Agi- tation, die Verdauung wird verhindert/ weil die Lebens- Geiſter anderwerts ſich befinden. Alſo auch die Furcht beſorget nicht allein das Gegenwaͤrtige/ ſondern auch das Zukuͤnfftige/ vermuthet wol manchesmal ein Un- gluͤck/ ſo niebegegnen wird/ und wird mehr von der Ein- bildung des Boͤſen/ als dem Boͤſen ſelbſt geplagt/ alle Sinne werden dardurch zerſtoͤret und geblendet/ die Geiſter und das Gebluͤt erkaͤltet/ wie auch nicht weni- ger die allzugroſſe/ unvermeinte/ zu gaͤhe verkuͤndete und geſchehene Freude/ einem Menſchen das Leben rauben kan; denn das Hertz wird dardurch gleichſam uͤber- ſchuͤttet/ und erſtecket/ daß es durch allzuhefftige Dilata- tion alle Geiſter und die Lebens-Waͤrm ausduͤnſtet: Alſo auch iſt der uͤbermaͤſſige und den Chriſten nicht ge- ziemende Haß und Neid billich zu fliehen. Vitam tibi dedit amor parentum (ſagt Marſ. Ficinus in Præfatio- ne lib. 3. de vitâ) eam viciſſim demit odium atq́ue dolor. Nicht weniger iſt die ungebuͤhrliche Liebe einem dapffern Gemuͤthe vornemlich zu fliehen/ weil ſie alle Lie- be zur Tugend beraubet/ alle Zucht und Erbarkeit mit Fuͤſſen tritt/ die Vernunfft blind/ und die Billigkeit ſter- ben machet/ die Leibes-Staͤrcke ſchwaͤchet/ das Gemuͤthe gleichſam caſtriret/ in alle Schande ſich ſtuͤrtzet/ den ehrlichen guten Namen verachtet und beklecket/ Mattig- keiten/ Ohnmachten/ Schlag-Fluͤſſe/ Laͤhmungen und al- le Cruditeten anzuͤndet/ die haͤßliche Wolluſt gebieret/ und dardurch den Menſchen in zeitlich- und ewiges Ver- derben ſtuͤrtzet. Alle nun dieſe ſchaͤdliche Paſſionen ver- wirren die Oeconomiam des menſchlichen Gehirns/ ſonderlich die Phantaſia. Daher ſich/ um weltliche zeit- liche Verluſt und ungluͤckliche Begebnis nicht allzuviel zu betruͤben oder zu erſchrecken/ wann man denckt/ daß nichts ohne den Goͤttlichen allerbeſten Willen geſchehen/ und der Hertz-treue GOtt alles aͤndern und zu guten En- de wenden und lencken kan. Dabey das vornehmſte Mittel auch das Gebet iſt/ daß ein Chriſt GOtt hertzlich anruffet/ Er wolle ihm den Heil. Geiſt/ den Geiſt der Freuden und des Troſtes/ der Weißheit und der Staͤr- cke verleyhẽ/ ſich Seinem Willẽ gedultig zu unterwerffen/ gedencken/ daß alles zeitlich iſt; daß die himmliſche Freude uͤberſchwenglich alles von GOTT zugeordnete und gedultig ertragne Leyden dieſer Welt dort vergel- ten werde; daß die Traurigkeit/ Haß und Neid/ von dem boͤſen Feinde entſpringe/ von dem man nichts nachahmen/ ſondern vielmehr dem gedultigen Laͤmmlein Chriſto nachfolgen/ und ſein Creutz Jhme willig nach- tragen ſolle/ damit man auch dort mit Jhm aus Gna- den/ und durch Sein Verdienſt/ moͤge gekroͤnet werden. Cap. LXVII. Eine vornehme Stuͤtzen und Erhaltung der Geſundheit/ iſt ein froͤlich/ Gott-trauendes und das Beſte hoffendes Gemuͤthe. EJne allzeit das Beſte hoffende uñ Gott vertrauen- de Seele/ und ein froͤlich und vergnuͤgter Geiſt/ ſind zwo geiſtliche/ aber kraͤfftige und gewaltige Seulen/ die Geſundheit zu unterſtuͤtzen; denn weil die- ſe in der Kammer des Hirns ſich aufhalten/ erleuchten und erquicken ſie alle ſinnliche und leibliche Kraͤfften/ wegen X

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/179>, abgerufen am 24.11.2024.