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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch]

Nun komme itzund einer herfür (fährt er fort)
und sage mir/ wie viel Kühe oder Schaafe einer müste
haben/ biß er in 5 Monaten aus Kälber und Lämmern
so viel Gelds löse/ ohne einigen seinen Kosten. Es wäre
(spricht er) meines Erachtens/ nicht gut/ daß der ge-
meine Bauersmann diesen Nutzen suchte/ dann er
würde sich zu fast darauf geben/ und die andere Vieh-
zucht (die wir auch haben müssen) verlassen. Hactenus
Generosus Baro Fugger.

Und ob auch schon die Gestütterey etwas kostet/ so
ist es doch die Nothwendigkeit/ daß man der Pferde
nicht entbehren kan/ und der Nutzen/ den man zu Fried-
und Krieges-Zeiten daraus zu nehmen hat/ so wichtig/
[Spaltenumbruch] daß alle Potentaten/ Fürsten und Herren/ ja alle Edle
und tapffere Gemüther obligirt sind/ die Pferdzucht
aller Orten/ nach möglichstem Fleiß/ entweder selbst an-
zurichten/ oder doch wenigstens zu lieben und zu befördern.
Will hier nichts melden von Nothwendigkeit der Po-
sten/ dardurch innerhalb wenig Stunden Zeitungen ein-
lauffen können/ daran Land und Leuten viel gelegen/ ja
dardurch man in kurtzer Zeit über hundert Meilen Tag
und Nacht fortreisen und zurück legen kan. Will auch
nicht melden vom Ackerbau/ da durch ein paar gute
Pferd in einem Tag mehr geackert wird/ als von vier
Ochsen/ wann sie gleich zwey Tag im Pflug gespan-
net sind.

Cap. III.
Von der Pferde Natur und Eigenschafft.
[Spaltenumbruch]

DAs Pferd ist einer hitzigen/ doch gemässigten tem-
perirten Natur/ die Hitz erscheinet aus der hurti-
gen Geschwindigkeit und unerschrockenen Kühn-
heit/ die Mässigung aber aus ihrer Sanfftmuth und Ge-
horsam. Es ist ein edelmühtig/ nützliches/ ja (wie schon
oben gesagt worden) dem Menschen ein nothwendiges
Thier/ so in bösen und guten Zeiten zum Reiten und
Fahren/ zum Ackerwerck und Kriegswesen gebraucht
und erfordert wird; und wann ein Bereiter weiß ein
großmühtiges Pferd mit gebührlicher Gelindigkeit ab-
zurichten/ so wird es wundersamen Gehorsam erweisen/
und mancherley rare Sachen lernen. Wie ich dann
Pferde gesehen/ die sich gantz bloß/ ohne Sattel und
Zaum/ allein nach der Stimm ihres Meisters (sonst
gantz ledig) herum getummelt/ auch alle andere lectio-
nes
verrichtet haben.

Und erst Anno 1677 ist im S. Michaelis Marckt
in Regenspurg ein alter Westphal gewesen/ der einen
Hechten-grauen Dunckel-Schimmel von zimlicher
Höhe gehabt/ den er (seinem Sagen nach) aus
einer Schwedischen Jnsel bekommen/ der hat acht
Füsse/ also/ daß bey allen vier Füssen inwendig/ wo die
Kegel anfangen/ ein noch kleiner Fuß/ mit Kegel und
Horn/ recht wie die andern Füsse proportionirt/ auch
mit Hufeisen beschlagen/ gehabt; doch also/ daß sie
nicht gar auf die Erden gereicht haben. Dieses Pferd/
wann man ihm einen Funfzehner gewiesen/ und für die
Augen gehalten und gefragt/ wie viel es Kreutzer halte/
hat es sanfft und gelinde mit seinem vordern Fuß (wel-
chen man begehrt hat/ mit dem rechten oder lincken)
15 Streiche auf dem Boden gethan/ hat man denn ge-
fragt/ wie viel Groschen selbiger gelte/ hat er fünf
Streiche hören lassen; dergleichen er auch mit andern
Müntzen gethan hat/ so wol auch/ wann man aus der
Karten ein Blat nach Belieben von viel oder wenigen
Augen genommen/ und ihm solche vor Augen gehalten/
hat er der Augen Zahl alsobald mit dem erforderten
Fuß angedeutet/ ob er aber solches aus der blossen Wort
Verstand/ oder viel eher aus des Reuters/ (der daneben
gestanden und es im währenden Actu allzeit bey dem
Zaum gehalten) andeutenden unvermerckten Fingerschlag/
also verrichtet habe/ will ich allhier nicht disputiren. Er
hat auch noch viel andere Geradigkeiten verrichtet/ dabey
ich mich des Platonis erinnert/ als er einmal gesehen/
daß ein Mensch die unvernünfftigen Thier in dergleichen
[Spaltenumbruch] Sachen unterrichtet/ hat er gesagt: Operam do, ut
Homines non sint Bestiae, & iste satagit, ut Bestiae
fiant homines.

Von andern/ wird das Pferd allein mit den Ele-
phanten/ die der Menschlichen Beschaffenheit am aller-
nächsten/ warm und feuchter Natur/ als der vollkom-
menesten Complexion gehalten/ wiewol in den wolge-
arteten und muthigen Pferden/ die Wärme etwas für-
schlägt/ denn solche haben eine Hoffart/ gleich manchem
Menschen/ erfreuen sich mit schönen und wolgezierten
Gezeuge/ haben Lust bey schönen grünen Wiesen/ an
Bronnquellen und Bächen zu spatziren; das Pferd
liebt guten edlen Geruch/ und fliehet alle Unsauberkeit
und Gestanck/ liebt die Musica, Trompeten/ und al-
les was hell/ laut und lieblich klinget/ dardurch sie in
Feldschlachten behertzter und frecher/ auch schneller und
hurtiger werden/ wie dann auch viel stattliche und ver-
wunderlich-künstliche Roß-Balleti zu unsern Zeiten in
frischer Gedächtnis sind.

So lieben sie auch/ gleich wie der Mensch/ trocknen
und saubern Unterstand und Lager/ sie erkennen und un-
terscheiden/ wer ihnen Gutes und Böses thut/ und sind
sonderlich die in hitzigen und trockenen Ländern gefalle-
nen Pferde scharffsinniger und artlicher/ als was im
kalten und feuchten Landen gebohren wird. Sie haben
vor andern eine fähige und wolbehaltende Gedächtnis/
daß sie das/ was man sie gelernet hat/ (wofern sie nur
in beharrlicher und gebührlicher Ubung erhalten werden)
nicht leichtlich vergessen.

Ja wann es wahr ist/ was Plinius schreibet/ ha-
ben sich Pferde gefunden/ die in den Schlachten/ Spieß
und Wehren/ so auf der Erden gelegen/ mit dem Maul
aufgehebt und ihrem Herrn dargereicht haben. Und
schreibt Paulus Venetus, wann die Tartern/ die gegen
Mitternacht ligende Völcker/ bey denen im Winter viel
Monat nacheinander Nacht ist/ berauben wollen/ weil
sie sonst in der Finstern/ den zuruck-Wege nach Hause
nicht zu finden wüsten/ setzen sie sich auf Stutten/ die
Säugfüllen haben/ lassen die Füllen bey ihren Gesellen/
an einem verwahrten Ort an den Grentzen/ und ziehen
also auf die Beute; wann sie genug gestohlen/ und wie-
der nach Hause wollen/ den Weg aber wegen Dunckel-
heit der Lufft nicht gewiß und unfehlbar treffen mögen/
lassen sie allein ihren Stutten den Zaum/ und lassen sie
lauffen/ wohin sie wollen/ die finden den Weg zu ihren

Füllen
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch]

Nun komme itzund einer herfuͤr (faͤhrt er fort)
und ſage mir/ wie viel Kuͤhe oder Schaafe einer muͤſte
haben/ biß er in 5 Monaten aus Kaͤlber und Laͤmmern
ſo viel Gelds loͤſe/ ohne einigen ſeinen Koſten. Es waͤre
(ſpricht er) meines Erachtens/ nicht gut/ daß der ge-
meine Bauersmann dieſen Nutzen ſuchte/ dann er
wuͤrde ſich zu faſt darauf geben/ und die andere Vieh-
zucht (die wir auch haben muͤſſen) verlaſſen. Hactenus
Generoſus Baro Fugger.

Und ob auch ſchon die Geſtuͤtterey etwas koſtet/ ſo
iſt es doch die Nothwendigkeit/ daß man der Pferde
nicht entbehren kan/ und der Nutzen/ den man zu Fried-
und Krieges-Zeiten daraus zu nehmen hat/ ſo wichtig/
[Spaltenumbruch] daß alle Potentaten/ Fuͤrſten und Herren/ ja alle Edle
und tapffere Gemuͤther obligirt ſind/ die Pferdzucht
aller Orten/ nach moͤglichſtem Fleiß/ entweder ſelbſt an-
zurichten/ oder doch wenigſtens zu lieben uñ zu befoͤrdern.
Will hier nichts melden von Nothwendigkeit der Po-
ſten/ dardurch innerhalb wenig Stunden Zeitungen ein-
lauffen koͤnnen/ daran Land und Leuten viel gelegen/ ja
dardurch man in kurtzer Zeit uͤber hundert Meilen Tag
und Nacht fortreiſen und zuruͤck legen kan. Will auch
nicht melden vom Ackerbau/ da durch ein paar gute
Pferd in einem Tag mehr geackert wird/ als von vier
Ochſen/ wann ſie gleich zwey Tag im Pflug geſpan-
net ſind.

Cap. III.
Von der Pferde Natur und Eigenſchafft.
[Spaltenumbruch]

DAs Pferd iſt einer hitzigen/ doch gemaͤſſigten tem-
perirten Natur/ die Hitz erſcheinet aus der hurti-
gen Geſchwindigkeit und unerſchrockenen Kuͤhn-
heit/ die Maͤſſigung aber aus ihrer Sanfftmuth und Ge-
horſam. Es iſt ein edelmuͤhtig/ nuͤtzliches/ ja (wie ſchon
oben geſagt worden) dem Menſchen ein nothwendiges
Thier/ ſo in boͤſen und guten Zeiten zum Reiten und
Fahren/ zum Ackerwerck und Kriegsweſen gebraucht
und erfordert wird; und wann ein Bereiter weiß ein
großmuͤhtiges Pferd mit gebuͤhrlicher Gelindigkeit ab-
zurichten/ ſo wird es wunderſamen Gehorſam erweiſen/
und mancherley rare Sachen lernen. Wie ich dann
Pferde geſehen/ die ſich gantz bloß/ ohne Sattel und
Zaum/ allein nach der Stimm ihres Meiſters (ſonſt
gantz ledig) herum getummelt/ auch alle andere lectio-
nes
verrichtet haben.

Und erſt Anno 1677 iſt im S. Michaelis Marckt
in Regenſpurg ein alter Weſtphal geweſen/ der einen
Hechten-grauen Dunckel-Schimmel von zimlicher
Hoͤhe gehabt/ den er (ſeinem Sagen nach) aus
einer Schwediſchen Jnſel bekommen/ der hat acht
Fuͤſſe/ alſo/ daß bey allen vier Fuͤſſen inwendig/ wo die
Kegel anfangen/ ein noch kleiner Fuß/ mit Kegel und
Horn/ recht wie die andern Fuͤſſe proportionirt/ auch
mit Hufeiſen beſchlagen/ gehabt; doch alſo/ daß ſie
nicht gar auf die Erden gereicht haben. Dieſes Pferd/
wann man ihm einen Funfzehner gewieſen/ und fuͤr die
Augen gehalten und gefragt/ wie viel es Kreutzer halte/
hat es ſanfft und gelinde mit ſeinem vordern Fuß (wel-
chen man begehrt hat/ mit dem rechten oder lincken)
15 Streiche auf dem Boden gethan/ hat man denn ge-
fragt/ wie viel Groſchen ſelbiger gelte/ hat er fuͤnf
Streiche hoͤren laſſen; dergleichen er auch mit andern
Muͤntzen gethan hat/ ſo wol auch/ wann man aus der
Karten ein Blat nach Belieben von viel oder wenigen
Augen genommen/ und ihm ſolche vor Augen gehalten/
hat er der Augen Zahl alſobald mit dem erforderten
Fuß angedeutet/ ob er aber ſolches aus der bloſſen Wort
Verſtand/ oder viel eher aus des Reuters/ (der daneben
geſtanden und es im waͤhrenden Actu allzeit bey dem
Zaum gehalten) andeutendẽ unvermercktẽ Fingerſchlag/
alſo verrichtet habe/ will ich allhier nicht diſputiren. Er
hat auch noch viel andere Geradigkeiten verrichtet/ dabey
ich mich des Platonis erinnert/ als er einmal geſehen/
daß ein Menſch die unvernuͤnfftigen Thier in dergleichen
[Spaltenumbruch] Sachen unterrichtet/ hat er geſagt: Operam do, ut
Homines non ſint Beſtiæ, & iſte ſatagit, ut Beſtiæ
fiant homines.

Von andern/ wird das Pferd allein mit den Ele-
phanten/ die der Menſchlichen Beſchaffenheit am aller-
naͤchſten/ warm und feuchter Natur/ als der vollkom-
meneſten Complexion gehalten/ wiewol in den wolge-
arteten und muthigen Pferden/ die Waͤrme etwas fuͤr-
ſchlaͤgt/ denn ſolche haben eine Hoffart/ gleich manchem
Menſchen/ erfreuen ſich mit ſchoͤnen und wolgezierten
Gezeuge/ haben Luſt bey ſchoͤnen gruͤnen Wieſen/ an
Bronnquellen und Baͤchen zu ſpatziren; das Pferd
liebt guten edlen Geruch/ und fliehet alle Unſauberkeit
und Geſtanck/ liebt die Muſica, Trompeten/ und al-
les was hell/ laut und lieblich klinget/ dardurch ſie in
Feldſchlachten behertzter und frecher/ auch ſchneller und
hurtiger werden/ wie dann auch viel ſtattliche und ver-
wunderlich-kuͤnſtliche Roß-Balleti zu unſern Zeiten in
friſcher Gedaͤchtnis ſind.

So lieben ſie auch/ gleich wie der Menſch/ trocknen
und ſaubern Unterſtand und Lager/ ſie erkennen und un-
terſcheiden/ wer ihnen Gutes und Boͤſes thut/ und ſind
ſonderlich die in hitzigen und trockenen Laͤndern gefalle-
nen Pferde ſcharffſinniger und artlicher/ als was im
kalten und feuchten Landen gebohren wird. Sie haben
vor andern eine faͤhige und wolbehaltende Gedaͤchtnis/
daß ſie das/ was man ſie gelernet hat/ (wofern ſie nur
in beharrlicher und gebuͤhrlicher Ubung erhalten werden)
nicht leichtlich vergeſſen.

Ja wann es wahr iſt/ was Plinius ſchreibet/ ha-
ben ſich Pferde gefunden/ die in den Schlachten/ Spieß
und Wehren/ ſo auf der Erden gelegen/ mit dem Maul
aufgehebt und ihrem Herrn dargereicht haben. Und
ſchreibt Paulus Venetus, wann die Tartern/ die gegen
Mitternacht ligende Voͤlcker/ bey denen im Winter viel
Monat nacheinander Nacht iſt/ berauben wollen/ weil
ſie ſonſt in der Finſtern/ den zuruck-Wege nach Hauſe
nicht zu finden wuͤſten/ ſetzen ſie ſich auf Stutten/ die
Saͤugfuͤllen haben/ laſſen die Fuͤllen bey ihren Geſellen/
an einem verwahrten Ort an den Grentzen/ und ziehen
alſo auf die Beute; wann ſie genug geſtohlen/ und wie-
der nach Hauſe wollen/ den Weg aber wegen Dunckel-
heit der Lufft nicht gewiß und unfehlbar treffen moͤgen/
laſſen ſie allein ihren Stutten den Zaum/ und laſſen ſie
lauffen/ wohin ſie wollen/ die finden den Weg zu ihren

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[118/0136] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Nun komme itzund einer herfuͤr (faͤhrt er fort) und ſage mir/ wie viel Kuͤhe oder Schaafe einer muͤſte haben/ biß er in 5 Monaten aus Kaͤlber und Laͤmmern ſo viel Gelds loͤſe/ ohne einigen ſeinen Koſten. Es waͤre (ſpricht er) meines Erachtens/ nicht gut/ daß der ge- meine Bauersmann dieſen Nutzen ſuchte/ dann er wuͤrde ſich zu faſt darauf geben/ und die andere Vieh- zucht (die wir auch haben muͤſſen) verlaſſen. Hactenus Generoſus Baro Fugger. Und ob auch ſchon die Geſtuͤtterey etwas koſtet/ ſo iſt es doch die Nothwendigkeit/ daß man der Pferde nicht entbehren kan/ und der Nutzen/ den man zu Fried- und Krieges-Zeiten daraus zu nehmen hat/ ſo wichtig/ daß alle Potentaten/ Fuͤrſten und Herren/ ja alle Edle und tapffere Gemuͤther obligirt ſind/ die Pferdzucht aller Orten/ nach moͤglichſtem Fleiß/ entweder ſelbſt an- zurichten/ oder doch wenigſtens zu lieben uñ zu befoͤrdern. Will hier nichts melden von Nothwendigkeit der Po- ſten/ dardurch innerhalb wenig Stunden Zeitungen ein- lauffen koͤnnen/ daran Land und Leuten viel gelegen/ ja dardurch man in kurtzer Zeit uͤber hundert Meilen Tag und Nacht fortreiſen und zuruͤck legen kan. Will auch nicht melden vom Ackerbau/ da durch ein paar gute Pferd in einem Tag mehr geackert wird/ als von vier Ochſen/ wann ſie gleich zwey Tag im Pflug geſpan- net ſind. Cap. III. Von der Pferde Natur und Eigenſchafft. DAs Pferd iſt einer hitzigen/ doch gemaͤſſigten tem- perirten Natur/ die Hitz erſcheinet aus der hurti- gen Geſchwindigkeit und unerſchrockenen Kuͤhn- heit/ die Maͤſſigung aber aus ihrer Sanfftmuth und Ge- horſam. Es iſt ein edelmuͤhtig/ nuͤtzliches/ ja (wie ſchon oben geſagt worden) dem Menſchen ein nothwendiges Thier/ ſo in boͤſen und guten Zeiten zum Reiten und Fahren/ zum Ackerwerck und Kriegsweſen gebraucht und erfordert wird; und wann ein Bereiter weiß ein großmuͤhtiges Pferd mit gebuͤhrlicher Gelindigkeit ab- zurichten/ ſo wird es wunderſamen Gehorſam erweiſen/ und mancherley rare Sachen lernen. Wie ich dann Pferde geſehen/ die ſich gantz bloß/ ohne Sattel und Zaum/ allein nach der Stimm ihres Meiſters (ſonſt gantz ledig) herum getummelt/ auch alle andere lectio- nes verrichtet haben. Und erſt Anno 1677 iſt im S. Michaelis Marckt in Regenſpurg ein alter Weſtphal geweſen/ der einen Hechten-grauen Dunckel-Schimmel von zimlicher Hoͤhe gehabt/ den er (ſeinem Sagen nach) aus einer Schwediſchen Jnſel bekommen/ der hat acht Fuͤſſe/ alſo/ daß bey allen vier Fuͤſſen inwendig/ wo die Kegel anfangen/ ein noch kleiner Fuß/ mit Kegel und Horn/ recht wie die andern Fuͤſſe proportionirt/ auch mit Hufeiſen beſchlagen/ gehabt; doch alſo/ daß ſie nicht gar auf die Erden gereicht haben. Dieſes Pferd/ wann man ihm einen Funfzehner gewieſen/ und fuͤr die Augen gehalten und gefragt/ wie viel es Kreutzer halte/ hat es ſanfft und gelinde mit ſeinem vordern Fuß (wel- chen man begehrt hat/ mit dem rechten oder lincken) 15 Streiche auf dem Boden gethan/ hat man denn ge- fragt/ wie viel Groſchen ſelbiger gelte/ hat er fuͤnf Streiche hoͤren laſſen; dergleichen er auch mit andern Muͤntzen gethan hat/ ſo wol auch/ wann man aus der Karten ein Blat nach Belieben von viel oder wenigen Augen genommen/ und ihm ſolche vor Augen gehalten/ hat er der Augen Zahl alſobald mit dem erforderten Fuß angedeutet/ ob er aber ſolches aus der bloſſen Wort Verſtand/ oder viel eher aus des Reuters/ (der daneben geſtanden und es im waͤhrenden Actu allzeit bey dem Zaum gehalten) andeutendẽ unvermercktẽ Fingerſchlag/ alſo verrichtet habe/ will ich allhier nicht diſputiren. Er hat auch noch viel andere Geradigkeiten verrichtet/ dabey ich mich des Platonis erinnert/ als er einmal geſehen/ daß ein Menſch die unvernuͤnfftigen Thier in dergleichen Sachen unterrichtet/ hat er geſagt: Operam do, ut Homines non ſint Beſtiæ, & iſte ſatagit, ut Beſtiæ fiant homines. Von andern/ wird das Pferd allein mit den Ele- phanten/ die der Menſchlichen Beſchaffenheit am aller- naͤchſten/ warm und feuchter Natur/ als der vollkom- meneſten Complexion gehalten/ wiewol in den wolge- arteten und muthigen Pferden/ die Waͤrme etwas fuͤr- ſchlaͤgt/ denn ſolche haben eine Hoffart/ gleich manchem Menſchen/ erfreuen ſich mit ſchoͤnen und wolgezierten Gezeuge/ haben Luſt bey ſchoͤnen gruͤnen Wieſen/ an Bronnquellen und Baͤchen zu ſpatziren; das Pferd liebt guten edlen Geruch/ und fliehet alle Unſauberkeit und Geſtanck/ liebt die Muſica, Trompeten/ und al- les was hell/ laut und lieblich klinget/ dardurch ſie in Feldſchlachten behertzter und frecher/ auch ſchneller und hurtiger werden/ wie dann auch viel ſtattliche und ver- wunderlich-kuͤnſtliche Roß-Balleti zu unſern Zeiten in friſcher Gedaͤchtnis ſind. So lieben ſie auch/ gleich wie der Menſch/ trocknen und ſaubern Unterſtand und Lager/ ſie erkennen und un- terſcheiden/ wer ihnen Gutes und Boͤſes thut/ und ſind ſonderlich die in hitzigen und trockenen Laͤndern gefalle- nen Pferde ſcharffſinniger und artlicher/ als was im kalten und feuchten Landen gebohren wird. Sie haben vor andern eine faͤhige und wolbehaltende Gedaͤchtnis/ daß ſie das/ was man ſie gelernet hat/ (wofern ſie nur in beharrlicher und gebuͤhrlicher Ubung erhalten werden) nicht leichtlich vergeſſen. Ja wann es wahr iſt/ was Plinius ſchreibet/ ha- ben ſich Pferde gefunden/ die in den Schlachten/ Spieß und Wehren/ ſo auf der Erden gelegen/ mit dem Maul aufgehebt und ihrem Herrn dargereicht haben. Und ſchreibt Paulus Venetus, wann die Tartern/ die gegen Mitternacht ligende Voͤlcker/ bey denen im Winter viel Monat nacheinander Nacht iſt/ berauben wollen/ weil ſie ſonſt in der Finſtern/ den zuruck-Wege nach Hauſe nicht zu finden wuͤſten/ ſetzen ſie ſich auf Stutten/ die Saͤugfuͤllen haben/ laſſen die Fuͤllen bey ihren Geſellen/ an einem verwahrten Ort an den Grentzen/ und ziehen alſo auf die Beute; wann ſie genug geſtohlen/ und wie- der nach Hauſe wollen/ den Weg aber wegen Dunckel- heit der Lufft nicht gewiß und unfehlbar treffen moͤgen/ laſſen ſie allein ihren Stutten den Zaum/ und laſſen ſie lauffen/ wohin ſie wollen/ die finden den Weg zu ihren Fuͤllen

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/136>, abgerufen am 24.11.2024.