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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Abbildung]
Cap. XLI.
Von den Stangen/ Künreiffen/ Cavezzon/ und dem Sattel.
[Spaltenumbruch]

DJe angebohrne Eigenschafft eines jeden Pfer-
des/ so bald sie einem der Reuterey-Verständi-
gen unter die Augen kommt/ bezeuget bald/ ob
ihm die Natur einen solchen schönen wol-formirten Hals
und Kopf gegeben/ daß nichts auszustellen/ oder zu ver-
bessern/ oder ob/ wie an den meisten/ der Kopf und Hals
entweder zu viel übersich/ oder zu viel untersich/ oder sonst
ungestaltig getragen werde/ da muß nun ein Reuter/ wie
oben bey den Mundstücken gedacht/ wann es nöthig/ ein
Pferd übersich/ untersich/ oder herbey zu zäumen; auch
darzu taugliche Stangen erwehlen/ und sie dem Mund-
stück gleich accommodiren.

Den jungen Pferden brauchet man meistentheils im
Anfang gerade Stangen/ und lieber zu lang/ als zu kurtz/
damit sie desto eher/ durch Mittel des Cavezzons, vom
Hals und Kopf stät gemacht werden.

Die Jtaliäner haben die Stangen in 11 unter-
schiedliche Glieder eingetheilet; Andere aber machen die
Theilung nur auf drey Stuck/ als 1 auf das Theil/ wo
das Mundstuck eingeschraubt ist/ 2 auf das Theil der
Stangen/ was oberhalb des Mundstücks hinauf gehet/
worein das Hauptgestell eingegürtet wird; und 3 auf
das Theil/ so unterhalb des Mundstücks abwärts ge-
het/ darein unten die Zügel angemacht sind.

Die obern Augen oder Löcher/ darein man die
Hauptgestelle gürtet/ sollen zimlich weit und rund aus ge-
feilet seyn/ daß die Riemen darinn Raum haben/ und die
Hacken an den Künreiffen recht ligen können/ und an
ihren gebührenden Ort kommen mögen. Zu dem sollen
die Stangen oben/ wann sie hoch sind/ von des Pferdes
Kopf ein wenig auswärts hindan gebogen seyn/ damit
[Spaltenumbruch] sie das Pferd oberhalb dem Maul an dem Backen nicht
wund machen/ und dienet solches auswärts-biegen auch
darzu/ daß sich die Stangen unten nicht so leichtlich über-
einander schräncken.

Die geschraubten Stangen sind zwar wol gut/ daß
man/ wann ein Mundstück untauglich/ bald ein anders
und bessers einschrauben kan; wann aber die Schrau-
ben nicht absonderlich wol gemacht und verwahret sind/
giebt es im Reiten Unordnung und Verhinderung/
darum sollen sie vom Zapffen und Bögen driefach seyn/
damit sie desto fester halten/ sicherer sind die ungeschraub-
ten Stangen/ und fügen sich besser an die Lefftzen/ den
Nasriemen am Haubtgestelle muß man weder zu fest
noch zu wenig zugürten/ weil eines und das andere
schädlich.

Wann das oberste Theil der Stangen/ welches die
Jtaliäner l'occhio nennen/ gar zu hoch ist/ erhebt es des
Pferdes Hals und Kopf/ wiewol Pirro Antonio Fer-
raro
das Widerspiel schliesset; weil aber die Betrach-
tung der Stangen ein weitläuffiges Werck/ kan der
günstige Leser die bewährten Reitbücher in Teutscher/
Frantzösisch und Weischer Sprach/ weiter consulti-
ren.

Nur dieses will ich aus Herrn Löhneisen noch bey-
fügen/ wie man aus einer jeden Stangen Proportion
die Wirckung erkennen kan/ wann man ein Lineal an
dem Stengel/ darinn das Mundstuck eingeschraubt oder
eingemacht/ welches die Welschen Bastone nennen/
gleich abwärts richtet/ und sihet/ daß das Lineal gleich
durch; das Löchlein/ darinn das unterste Kettlein ligt/
Diametraliter durchschneidet/ so zäumet dieselbe Stan-

ge her-
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Abbildung]
Cap. XLI.
Von den Stangen/ Kuͤnreiffen/ Cavezzon/ und dem Sattel.
[Spaltenumbruch]

DJe angebohrne Eigenſchafft eines jeden Pfer-
des/ ſo bald ſie einem der Reuterey-Verſtaͤndi-
gen unter die Augen kommt/ bezeuget bald/ ob
ihm die Natur einen ſolchen ſchoͤnen wol-formirten Hals
und Kopf gegeben/ daß nichts auszuſtellen/ oder zu ver-
beſſern/ oder ob/ wie an den meiſten/ der Kopf und Hals
entweder zu viel uͤberſich/ oder zu viel unterſich/ oder ſonſt
ungeſtaltig getragen werde/ da muß nun ein Reuter/ wie
oben bey den Mundſtuͤcken gedacht/ wann es noͤthig/ ein
Pferd uͤberſich/ unterſich/ oder herbey zu zaͤumen; auch
darzu taugliche Stangen erwehlen/ und ſie dem Mund-
ſtuͤck gleich accommodiren.

Den jungen Pferden brauchet man meiſtentheils im
Anfang gerade Stangen/ und lieber zu lang/ als zu kurtz/
damit ſie deſto eher/ durch Mittel des Cavezzons, vom
Hals und Kopf ſtaͤt gemacht werden.

Die Jtaliaͤner haben die Stangen in 11 unter-
ſchiedliche Glieder eingetheilet; Andere aber machen die
Theilung nur auf drey Stuck/ als 1 auf das Theil/ wo
das Mundſtuck eingeſchraubt iſt/ 2 auf das Theil der
Stangen/ was oberhalb des Mundſtuͤcks hinauf gehet/
worein das Hauptgeſtell eingeguͤrtet wird; und 3 auf
das Theil/ ſo unterhalb des Mundſtuͤcks abwaͤrts ge-
het/ darein unten die Zuͤgel angemacht ſind.

Die obern Augen oder Loͤcher/ darein man die
Hauptgeſtelle guͤrtet/ ſollen zimlich weit und rund aus ge-
feilet ſeyn/ daß die Riemen darinn Raum haben/ und die
Hacken an den Kuͤnreiffen recht ligen koͤnnen/ und an
ihren gebuͤhrenden Ort kommen moͤgen. Zu dem ſollen
die Stangen oben/ wann ſie hoch ſind/ von des Pferdes
Kopf ein wenig auswaͤrts hindan gebogen ſeyn/ damit
[Spaltenumbruch] ſie das Pferd oberhalb dem Maul an dem Backen nicht
wund machen/ und dienet ſolches auswaͤrts-biegen auch
darzu/ daß ſich die Stangen unten nicht ſo leichtlich uͤber-
einander ſchraͤncken.

Die geſchraubten Stangen ſind zwar wol gut/ daß
man/ wann ein Mundſtuͤck untauglich/ bald ein anders
und beſſers einſchrauben kan; wann aber die Schrau-
ben nicht abſonderlich wol gemacht und verwahret ſind/
giebt es im Reiten Unordnung und Verhinderung/
darum ſollen ſie vom Zapffen und Boͤgen driefach ſeyn/
damit ſie deſto feſter halten/ ſicherer ſind die ungeſchraub-
ten Stangen/ und fuͤgen ſich beſſer an die Lefftzen/ den
Nasriemen am Haubtgeſtelle muß man weder zu feſt
noch zu wenig zuguͤrten/ weil eines und das andere
ſchaͤdlich.

Wann das oberſte Theil der Stangen/ welches die
Jtaliaͤner l’occhio nennen/ gar zu hoch iſt/ erhebt es des
Pferdes Hals und Kopf/ wiewol Pirro Antonio Fer-
raro
das Widerſpiel ſchlieſſet; weil aber die Betrach-
tung der Stangen ein weitlaͤuffiges Werck/ kan der
guͤnſtige Leſer die bewaͤhrten Reitbuͤcher in Teutſcher/
Frantzoͤſiſch und Weiſcher Sprach/ weiter conſulti-
ren.

Nur dieſes will ich aus Herꝛn Loͤhneiſen noch bey-
fuͤgen/ wie man aus einer jeden Stangen Proportion
die Wirckung erkennen kan/ wann man ein Lineal an
dem Stengel/ darinn das Mundſtuck eingeſchraubt oder
eingemacht/ welches die Welſchen Baſtone nennen/
gleich abwaͤrts richtet/ und ſihet/ daß das Lineal gleich
durch; das Loͤchlein/ darinn das unterſte Kettlein ligt/
Diametraliter durchſchneidet/ ſo zaͤumet dieſelbe Stan-

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[160/0178] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens [Abbildung] Cap. XLI. Von den Stangen/ Kuͤnreiffen/ Cavezzon/ und dem Sattel. DJe angebohrne Eigenſchafft eines jeden Pfer- des/ ſo bald ſie einem der Reuterey-Verſtaͤndi- gen unter die Augen kommt/ bezeuget bald/ ob ihm die Natur einen ſolchen ſchoͤnen wol-formirten Hals und Kopf gegeben/ daß nichts auszuſtellen/ oder zu ver- beſſern/ oder ob/ wie an den meiſten/ der Kopf und Hals entweder zu viel uͤberſich/ oder zu viel unterſich/ oder ſonſt ungeſtaltig getragen werde/ da muß nun ein Reuter/ wie oben bey den Mundſtuͤcken gedacht/ wann es noͤthig/ ein Pferd uͤberſich/ unterſich/ oder herbey zu zaͤumen; auch darzu taugliche Stangen erwehlen/ und ſie dem Mund- ſtuͤck gleich accommodiren. Den jungen Pferden brauchet man meiſtentheils im Anfang gerade Stangen/ und lieber zu lang/ als zu kurtz/ damit ſie deſto eher/ durch Mittel des Cavezzons, vom Hals und Kopf ſtaͤt gemacht werden. Die Jtaliaͤner haben die Stangen in 11 unter- ſchiedliche Glieder eingetheilet; Andere aber machen die Theilung nur auf drey Stuck/ als 1 auf das Theil/ wo das Mundſtuck eingeſchraubt iſt/ 2 auf das Theil der Stangen/ was oberhalb des Mundſtuͤcks hinauf gehet/ worein das Hauptgeſtell eingeguͤrtet wird; und 3 auf das Theil/ ſo unterhalb des Mundſtuͤcks abwaͤrts ge- het/ darein unten die Zuͤgel angemacht ſind. Die obern Augen oder Loͤcher/ darein man die Hauptgeſtelle guͤrtet/ ſollen zimlich weit und rund aus ge- feilet ſeyn/ daß die Riemen darinn Raum haben/ und die Hacken an den Kuͤnreiffen recht ligen koͤnnen/ und an ihren gebuͤhrenden Ort kommen moͤgen. Zu dem ſollen die Stangen oben/ wann ſie hoch ſind/ von des Pferdes Kopf ein wenig auswaͤrts hindan gebogen ſeyn/ damit ſie das Pferd oberhalb dem Maul an dem Backen nicht wund machen/ und dienet ſolches auswaͤrts-biegen auch darzu/ daß ſich die Stangen unten nicht ſo leichtlich uͤber- einander ſchraͤncken. Die geſchraubten Stangen ſind zwar wol gut/ daß man/ wann ein Mundſtuͤck untauglich/ bald ein anders und beſſers einſchrauben kan; wann aber die Schrau- ben nicht abſonderlich wol gemacht und verwahret ſind/ giebt es im Reiten Unordnung und Verhinderung/ darum ſollen ſie vom Zapffen und Boͤgen driefach ſeyn/ damit ſie deſto feſter halten/ ſicherer ſind die ungeſchraub- ten Stangen/ und fuͤgen ſich beſſer an die Lefftzen/ den Nasriemen am Haubtgeſtelle muß man weder zu feſt noch zu wenig zuguͤrten/ weil eines und das andere ſchaͤdlich. Wann das oberſte Theil der Stangen/ welches die Jtaliaͤner l’occhio nennen/ gar zu hoch iſt/ erhebt es des Pferdes Hals und Kopf/ wiewol Pirro Antonio Fer- raro das Widerſpiel ſchlieſſet; weil aber die Betrach- tung der Stangen ein weitlaͤuffiges Werck/ kan der guͤnſtige Leſer die bewaͤhrten Reitbuͤcher in Teutſcher/ Frantzoͤſiſch und Weiſcher Sprach/ weiter conſulti- ren. Nur dieſes will ich aus Herꝛn Loͤhneiſen noch bey- fuͤgen/ wie man aus einer jeden Stangen Proportion die Wirckung erkennen kan/ wann man ein Lineal an dem Stengel/ darinn das Mundſtuck eingeſchraubt oder eingemacht/ welches die Welſchen Baſtone nennen/ gleich abwaͤrts richtet/ und ſihet/ daß das Lineal gleich durch; das Loͤchlein/ darinn das unterſte Kettlein ligt/ Diametraliter durchſchneidet/ ſo zaͤumet dieſelbe Stan- ge her-

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/178>, abgerufen am 24.11.2024.