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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Ziererei, den natürlichsten Anstand bezeichnend. Die
kleinen Füße schienen, in dünneren Schuhen als
jemals ein Liebenauer Bursche besessen, einherschrei-
tend, selbst zu zweifeln, ob sie Boden genug fassen
könnten, der ihnen anvertrauten Person das rechte
Gleichgewicht zu erhalten? Doch ging es herrlich und
Anton wandelte auf ihnen muthig einher.

Die Großmutter schaute ihm lange nach, dann
erlaubte sie sich die unbescheidene Frage: Du lieber
Gott, was wolltest Du mit dem Jungen neben den
Dorflümmeln?

Jm Schlosse hatten sie den großen Saal des Erd-
geschosses geöffnet, gelüftet, ausgeputzt, für Tanz und
Lustbarkeit. Das Mittagsmahl war beendet. Theodor,
neben Ottilien gesetzt, und an besseren Wein im väter-
lichen Hause gewöhnt, hatte des Barons Ermunte-
rungen zum Trinken eben so unbeachtet gelassen, als
Ottilie die liebevoll an sie gestellten Aufforderungen:
zuvorkommend und kokett zu sein. Sie gaben ein
stummes Paar ab. Desto lauter wurden die Anderen.
Sie konnten kaum den Beginn des Tanzes mehr
erwarten.

Die Pflicht der Schloßfräulein, altherkömmlichem
Brauche gemäß, sich einigemale mit den Pferde- und

Ziererei, den natuͤrlichſten Anſtand bezeichnend. Die
kleinen Fuͤße ſchienen, in duͤnneren Schuhen als
jemals ein Liebenauer Burſche beſeſſen, einherſchrei-
tend, ſelbſt zu zweifeln, ob ſie Boden genug faſſen
koͤnnten, der ihnen anvertrauten Perſon das rechte
Gleichgewicht zu erhalten? Doch ging es herrlich und
Anton wandelte auf ihnen muthig einher.

Die Großmutter ſchaute ihm lange nach, dann
erlaubte ſie ſich die unbeſcheidene Frage: Du lieber
Gott, was wollteſt Du mit dem Jungen neben den
Dorfluͤmmeln?

Jm Schloſſe hatten ſie den großen Saal des Erd-
geſchoſſes geoͤffnet, geluͤftet, ausgeputzt, fuͤr Tanz und
Luſtbarkeit. Das Mittagsmahl war beendet. Theodor,
neben Ottilien geſetzt, und an beſſeren Wein im vaͤter-
lichen Hauſe gewoͤhnt, hatte des Barons Ermunte-
rungen zum Trinken eben ſo unbeachtet gelaſſen, als
Ottilie die liebevoll an ſie geſtellten Aufforderungen:
zuvorkommend und kokett zu ſein. Sie gaben ein
ſtummes Paar ab. Deſto lauter wurden die Anderen.
Sie konnten kaum den Beginn des Tanzes mehr
erwarten.

Die Pflicht der Schloßfraͤulein, altherkoͤmmlichem
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[130/0146] Ziererei, den natuͤrlichſten Anſtand bezeichnend. Die kleinen Fuͤße ſchienen, in duͤnneren Schuhen als jemals ein Liebenauer Burſche beſeſſen, einherſchrei- tend, ſelbſt zu zweifeln, ob ſie Boden genug faſſen koͤnnten, der ihnen anvertrauten Perſon das rechte Gleichgewicht zu erhalten? Doch ging es herrlich und Anton wandelte auf ihnen muthig einher. Die Großmutter ſchaute ihm lange nach, dann erlaubte ſie ſich die unbeſcheidene Frage: Du lieber Gott, was wollteſt Du mit dem Jungen neben den Dorfluͤmmeln? Jm Schloſſe hatten ſie den großen Saal des Erd- geſchoſſes geoͤffnet, geluͤftet, ausgeputzt, fuͤr Tanz und Luſtbarkeit. Das Mittagsmahl war beendet. Theodor, neben Ottilien geſetzt, und an beſſeren Wein im vaͤter- lichen Hauſe gewoͤhnt, hatte des Barons Ermunte- rungen zum Trinken eben ſo unbeachtet gelaſſen, als Ottilie die liebevoll an ſie geſtellten Aufforderungen: zuvorkommend und kokett zu ſein. Sie gaben ein ſtummes Paar ab. Deſto lauter wurden die Anderen. Sie konnten kaum den Beginn des Tanzes mehr erwarten. Die Pflicht der Schloßfraͤulein, altherkoͤmmlichem Brauche gemaͤß, ſich einigemale mit den Pferde- und

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/146>, abgerufen am 09.11.2024.