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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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einen Menschen begraben lasse, soll er nicht wie ein
Hund verscharrt werden. Keine Nasenquetsche! Einen
ordentlichen Sarg, mit hohem Deckel, wie sich's
gehört.

"Nu, nu, Korbmacherjunge," nahm Fiebig das
Wort, "nicht so heftig. Meint' ich's doch gut mit Dir;
Du hast ja selber nichts? Die Nasenquetsche käme
auf's halbe Geld zu stehen. Soll ich etwa auch
Eichenholz nehmen?"

Warum nicht gar. Haltet mich nicht für Nar-
ren, Fiebig. Nehmt leichtes dünnes Tannenholz.
Wird ja doch Alles wieder Staub, Mensch wie Sarg.
Streicht ihn schwarz an, -- nicht gelb, hört ihr? --
Schwarz! Das schickt sich für den schwarzen Wolf-
gang. Und malt keine Todtenköpfe darauf, keine
Knochen und solche Dinge. Wozu?

"Na, schon recht Anton, werd's besorgen. Geh'
gleich d'rüber her, daß ihr ihn heut Abend holen
könnt, sonst holen ihn euch die Raben fort: ein Gal-
genvogel den andern."

Antons menschenfreundlicher Fürsorge blieb jetzt
noch der schwerste Gang: zum Todtengräber. Das
war ein roher Kerl. Mit guten Worten mochte der

einen Menſchen begraben laſſe, ſoll er nicht wie ein
Hund verſcharrt werden. Keine Naſenquetſche! Einen
ordentlichen Sarg, mit hohem Deckel, wie ſich’s
gehoͤrt.

„Nu, nu, Korbmacherjunge,“ nahm Fiebig das
Wort, „nicht ſo heftig. Meint’ ich’s doch gut mit Dir;
Du haſt ja ſelber nichts? Die Naſenquetſche kaͤme
auf’s halbe Geld zu ſtehen. Soll ich etwa auch
Eichenholz nehmen?“

Warum nicht gar. Haltet mich nicht fuͤr Nar-
ren, Fiebig. Nehmt leichtes duͤnnes Tannenholz.
Wird ja doch Alles wieder Staub, Menſch wie Sarg.
Streicht ihn ſchwarz an, — nicht gelb, hoͤrt ihr? —
Schwarz! Das ſchickt ſich fuͤr den ſchwarzen Wolf-
gang. Und malt keine Todtenkoͤpfe darauf, keine
Knochen und ſolche Dinge. Wozu?

„Na, ſchon recht Anton, werd’s beſorgen. Geh’
gleich d’ruͤber her, daß ihr ihn heut Abend holen
koͤnnt, ſonſt holen ihn euch die Raben fort: ein Gal-
genvogel den andern.“

Antons menſchenfreundlicher Fuͤrſorge blieb jetzt
noch der ſchwerſte Gang: zum Todtengraͤber. Das
war ein roher Kerl. Mit guten Worten mochte der

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[151/0167] einen Menſchen begraben laſſe, ſoll er nicht wie ein Hund verſcharrt werden. Keine Naſenquetſche! Einen ordentlichen Sarg, mit hohem Deckel, wie ſich’s gehoͤrt. „Nu, nu, Korbmacherjunge,“ nahm Fiebig das Wort, „nicht ſo heftig. Meint’ ich’s doch gut mit Dir; Du haſt ja ſelber nichts? Die Naſenquetſche kaͤme auf’s halbe Geld zu ſtehen. Soll ich etwa auch Eichenholz nehmen?“ Warum nicht gar. Haltet mich nicht fuͤr Nar- ren, Fiebig. Nehmt leichtes duͤnnes Tannenholz. Wird ja doch Alles wieder Staub, Menſch wie Sarg. Streicht ihn ſchwarz an, — nicht gelb, hoͤrt ihr? — Schwarz! Das ſchickt ſich fuͤr den ſchwarzen Wolf- gang. Und malt keine Todtenkoͤpfe darauf, keine Knochen und ſolche Dinge. Wozu? „Na, ſchon recht Anton, werd’s beſorgen. Geh’ gleich d’ruͤber her, daß ihr ihn heut Abend holen koͤnnt, ſonſt holen ihn euch die Raben fort: ein Gal- genvogel den andern.“ Antons menſchenfreundlicher Fuͤrſorge blieb jetzt noch der ſchwerſte Gang: zum Todtengraͤber. Das war ein roher Kerl. Mit guten Worten mochte der

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/167>, abgerufen am 25.05.2024.