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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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nicht als Braut begrüßen? Ottilie, Dein Vater ist's,
der Dich ruft!" -- Jn demselben Augenblicke machte
Ottilie selbst sich Bahn durch Koch, Jäger und
Gärtner, erschien in flatterndem Nachtkleide hinter
ihrem Vater und fragte mit dem ihr eigenen, vorneh-
men Wesen: "Was steht zu Befehl? Hier bin ich!"

Sie werden sich jetzt zufrieden stellen und die
Ueberzeugung gewinnen, Herr Baron, daß Sie mir,
mehr aber noch Jhrem hochzuverehrenden Fräulein
Tochter Unrecht thaten? hub Theodor an. So gewiß
Baronesse Ottilie aus ihrem Schlafzimmer kommt,
so gewiß mir nicht die gefährliche Ehre zu Theil
wurde, sie in dem meinigen zu beherbergen; eben
so gewiß muß ich auf das Glück verzichten, die mir
dargebotene Hand derselben --

"Wer hat gewagt," unterbrach ihn Ottilie, vor
Zorn erglühend, "wer hat gewagt, meine Hand Jhnen
darzubieten? Wer überhaupt durfte über meine
Hand verfügen wollen? So weit erstrecken sich eines
Vaters Rechte nicht, und des meinigen wahrlich am
Wenigsten. Jch muß bitten, meine Herren, mich und
meine Person gänzlich aus Jhrem Spiele zu lassen;
hören Sie wohl, aus jedem: sei es auch eines um
Leben, Gut und Ehre! Denn ein solches wird, fürcht'

nicht als Braut begruͤßen? Ottilie, Dein Vater iſt’s,
der Dich ruft!“ — Jn demſelben Augenblicke machte
Ottilie ſelbſt ſich Bahn durch Koch, Jaͤger und
Gaͤrtner, erſchien in flatterndem Nachtkleide hinter
ihrem Vater und fragte mit dem ihr eigenen, vorneh-
men Weſen: „Was ſteht zu Befehl? Hier bin ich!“

Sie werden ſich jetzt zufrieden ſtellen und die
Ueberzeugung gewinnen, Herr Baron, daß Sie mir,
mehr aber noch Jhrem hochzuverehrenden Fraͤulein
Tochter Unrecht thaten? hub Theodor an. So gewiß
Baroneſſe Ottilie aus ihrem Schlafzimmer kommt,
ſo gewiß mir nicht die gefaͤhrliche Ehre zu Theil
wurde, ſie in dem meinigen zu beherbergen; eben
ſo gewiß muß ich auf das Gluͤck verzichten, die mir
dargebotene Hand derſelben —

„Wer hat gewagt,“ unterbrach ihn Ottilie, vor
Zorn ergluͤhend, „wer hat gewagt, meine Hand Jhnen
darzubieten? Wer uͤberhaupt durfte uͤber meine
Hand verfuͤgen wollen? So weit erſtrecken ſich eines
Vaters Rechte nicht, und des meinigen wahrlich am
Wenigſten. Jch muß bitten, meine Herren, mich und
meine Perſon gaͤnzlich aus Jhrem Spiele zu laſſen;
hoͤren Sie wohl, aus jedem: ſei es auch eines um
Leben, Gut und Ehre! Denn ein ſolches wird, fuͤrcht’

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[175/0191] nicht als Braut begruͤßen? Ottilie, Dein Vater iſt’s, der Dich ruft!“ — Jn demſelben Augenblicke machte Ottilie ſelbſt ſich Bahn durch Koch, Jaͤger und Gaͤrtner, erſchien in flatterndem Nachtkleide hinter ihrem Vater und fragte mit dem ihr eigenen, vorneh- men Weſen: „Was ſteht zu Befehl? Hier bin ich!“ Sie werden ſich jetzt zufrieden ſtellen und die Ueberzeugung gewinnen, Herr Baron, daß Sie mir, mehr aber noch Jhrem hochzuverehrenden Fraͤulein Tochter Unrecht thaten? hub Theodor an. So gewiß Baroneſſe Ottilie aus ihrem Schlafzimmer kommt, ſo gewiß mir nicht die gefaͤhrliche Ehre zu Theil wurde, ſie in dem meinigen zu beherbergen; eben ſo gewiß muß ich auf das Gluͤck verzichten, die mir dargebotene Hand derſelben — „Wer hat gewagt,“ unterbrach ihn Ottilie, vor Zorn ergluͤhend, „wer hat gewagt, meine Hand Jhnen darzubieten? Wer uͤberhaupt durfte uͤber meine Hand verfuͤgen wollen? So weit erſtrecken ſich eines Vaters Rechte nicht, und des meinigen wahrlich am Wenigſten. Jch muß bitten, meine Herren, mich und meine Perſon gaͤnzlich aus Jhrem Spiele zu laſſen; hoͤren Sie wohl, aus jedem: ſei es auch eines um Leben, Gut und Ehre! Denn ein ſolches wird, fuͤrcht’

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/191>, abgerufen am 24.11.2024.