guten Gründen, wie ich vermuthe. Deshalb auch verspreche ich Jhnen feierlich, im Angesicht jener ehren- werthen Zcugen, Jhrer Tochter Ottilie meine Hand als Gatte zu reichen --
"An diese Brust, braver Junge! Jhr habt's gehört: sie ist jetzt seine Braut. An meine Brust!" --
Wofern sie sich zur Zeit bei mir befindet!
"So ist's abgemacht! Jch weiß Alles. Jch ver- zeihe euch, ich segne euch. Dort im Kabinet steckt sie; wir haben sie draußen lachen hören, als sie sich ver- steckte. Komm' heraus, Tieletunke, komm', daß Dein Vater Dich segne!"
Nasus machte Miene, in's Kabinet zu gehen. Theodor vertrat ihm den Weg. Es entspann sich eine Art von Balgerei, die anfänglich Seitens des Barones den Anflug liebevoll-väterlichen Scherzes trug, durch Theodors ernsten Widerstand bald eine fast bedenkliche Wendung nahm. Mit Reden und Gegenreden verstrich die Zeit. Aus heftigem Wort- wechsel wurde lautes Geschrei und dies drang durch die offene Thür in die leeren öden Gänge, erst alle Fledermäuse, endlich die Schläferinnen des Hauses aufjagend. Jn demselben Augenblicke, wo Nasus in höchster Wuth brüllte: "Warum soll ich mein Kind
guten Gruͤnden, wie ich vermuthe. Deshalb auch verſpreche ich Jhnen feierlich, im Angeſicht jener ehren- werthen Zcugen, Jhrer Tochter Ottilie meine Hand als Gatte zu reichen —
„So iſt’s abgemacht! Jch weiß Alles. Jch ver- zeihe euch, ich ſegne euch. Dort im Kabinet ſteckt ſie; wir haben ſie draußen lachen hoͤren, als ſie ſich ver- ſteckte. Komm’ heraus, Tieletunke, komm’, daß Dein Vater Dich ſegne!“
Naſus machte Miene, in’s Kabinet zu gehen. Theodor vertrat ihm den Weg. Es entſpann ſich eine Art von Balgerei, die anfaͤnglich Seitens des Barones den Anflug liebevoll-vaͤterlichen Scherzes trug, durch Theodors ernſten Widerſtand bald eine faſt bedenkliche Wendung nahm. Mit Reden und Gegenreden verſtrich die Zeit. Aus heftigem Wort- wechſel wurde lautes Geſchrei und dies drang durch die offene Thuͤr in die leeren oͤden Gaͤnge, erſt alle Fledermaͤuſe, endlich die Schlaͤferinnen des Hauſes aufjagend. Jn demſelben Augenblicke, wo Naſus in hoͤchſter Wuth bruͤllte: „Warum ſoll ich mein Kind
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guten Gruͤnden, wie ich vermuthe. Deshalb auch
verſpreche ich Jhnen feierlich, im Angeſicht jener ehren-
werthen Zcugen, Jhrer Tochter Ottilie meine Hand
als Gatte zu reichen —
„An dieſe Bruſt, braver Junge! Jhr habt’s
gehoͤrt: ſie iſt jetzt ſeine Braut. An meine Bruſt!“ —
Wofern ſie ſich zur Zeit bei mir befindet!
„So iſt’s abgemacht! Jch weiß Alles. Jch ver-
zeihe euch, ich ſegne euch. Dort im Kabinet ſteckt ſie;
wir haben ſie draußen lachen hoͤren, als ſie ſich ver-
ſteckte. Komm’ heraus, Tieletunke, komm’, daß Dein
Vater Dich ſegne!“
Naſus machte Miene, in’s Kabinet zu gehen.
Theodor vertrat ihm den Weg. Es entſpann ſich
eine Art von Balgerei, die anfaͤnglich Seitens des
Barones den Anflug liebevoll-vaͤterlichen Scherzes
trug, durch Theodors ernſten Widerſtand bald eine
faſt bedenkliche Wendung nahm. Mit Reden und
Gegenreden verſtrich die Zeit. Aus heftigem Wort-
wechſel wurde lautes Geſchrei und dies drang durch
die offene Thuͤr in die leeren oͤden Gaͤnge, erſt alle
Fledermaͤuſe, endlich die Schlaͤferinnen des Hauſes
aufjagend. Jn demſelben Augenblicke, wo Naſus in
hoͤchſter Wuth bruͤllte: „Warum ſoll ich mein Kind
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/190>, abgerufen am 16.02.2025.
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