sie Antons Erzählung vernahm. Denn zweifelsohne wäre dann von ihr ein Mandat ausgegangen alle zur Sippschaft Corvus cornix und Corvus corone gehörigen Jndividuen mit Krieg zu überziehen, mit Stumpf, Stiel und Federkiel auszurotten; und gegenwärtig noch lebende Krähen würden wahrschein- licherweise nicht dazu gelangt sein, diese "süße Ge- wohnheit des Daseins" zu genießen. Eben so feurig aber, als ihr gerechter Zorn gegen die ungastlichen Bewohner des Eichbergs, entbrannte auch ihre Dankbarkeit für den Jüngling, der am Wehrlosen zum rettenden Ritter geworden. Sie wußte nicht, wie sie das kund geben sollte? Ein Geldgeschenk an- zubieten wagte sie nicht. Jn Anton's Benehmen lag bei aller Seltsamkeit seines Eintritts und trotz des Bündels auf seinen Schultern, die Unmöglich- keit, daß eine feine und zartfühlende Frau ihn so hätte abfinden wollen? Sie wechselte einige Worte mit Madame Simonelli, worauf diese, in der deutschen Sprache genugsam geübt, zu ihm sagte: Meine Tochter, Madame Amelot, fragt mich, was sie thun darf, um ihnen zu zeigen, mein Herr, wie reconnais[-] sante sie ist, von Jhrer großen Gefälligkeit.
"O mein Himmel," erwiederte Anton, "um einer
ſie Antons Erzaͤhlung vernahm. Denn zweifelsohne waͤre dann von ihr ein Mandat ausgegangen alle zur Sippſchaft Corvus cornix und Corvus corone gehoͤrigen Jndividuen mit Krieg zu uͤberziehen, mit Stumpf, Stiel und Federkiel auszurotten; und gegenwaͤrtig noch lebende Kraͤhen wuͤrden wahrſchein- licherweiſe nicht dazu gelangt ſein, dieſe „ſuͤße Ge- wohnheit des Daſeins“ zu genießen. Eben ſo feurig aber, als ihr gerechter Zorn gegen die ungaſtlichen Bewohner des Eichbergs, entbrannte auch ihre Dankbarkeit fuͤr den Juͤngling, der am Wehrloſen zum rettenden Ritter geworden. Sie wußte nicht, wie ſie das kund geben ſollte? Ein Geldgeſchenk an- zubieten wagte ſie nicht. Jn Anton’s Benehmen lag bei aller Seltſamkeit ſeines Eintritts und trotz des Buͤndels auf ſeinen Schultern, die Unmoͤglich- keit, daß eine feine und zartfuͤhlende Frau ihn ſo haͤtte abfinden wollen? Sie wechſelte einige Worte mit Madame Simonelli, worauf dieſe, in der deutſchen Sprache genugſam geuͤbt, zu ihm ſagte: Meine Tochter, Madame Amelot, fragt mich, was ſie thun darf, um ihnen zu zeigen, mein Herr, wie reconnais[-] sante ſie iſt, von Jhrer großen Gefaͤlligkeit.
„O mein Himmel,“ erwiederte Anton, „um einer
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ſie Antons Erzaͤhlung vernahm. Denn zweifelsohne
waͤre dann von ihr ein Mandat ausgegangen alle zur
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Stumpf, Stiel und Federkiel auszurotten; und
gegenwaͤrtig noch lebende Kraͤhen wuͤrden wahrſchein-
licherweiſe nicht dazu gelangt ſein, dieſe „ſuͤße Ge-
wohnheit des Daſeins“ zu genießen. Eben ſo feurig
aber, als ihr gerechter Zorn gegen die ungaſtlichen
Bewohner des Eichbergs, entbrannte auch ihre
Dankbarkeit fuͤr den Juͤngling, der am Wehrloſen
zum rettenden Ritter geworden. Sie wußte nicht,
wie ſie das kund geben ſollte? Ein Geldgeſchenk an-
zubieten wagte ſie nicht. Jn Anton’s Benehmen
lag bei aller Seltſamkeit ſeines Eintritts und trotz
des Buͤndels auf ſeinen Schultern, die Unmoͤglich-
keit, daß eine feine und zartfuͤhlende Frau ihn ſo
haͤtte abfinden wollen? Sie wechſelte einige Worte
mit Madame Simonelli, worauf dieſe, in der deutſchen
Sprache genugſam geuͤbt, zu ihm ſagte: Meine
Tochter, Madame Amelot, fragt mich, was ſie thun
darf, um ihnen zu zeigen, mein Herr, wie reconnais-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/260>, abgerufen am 23.11.2024.
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