so anmuthvollen Dame zu dienen, würd' ich es mit allen Krähen, Dohlen und Raben aufnehmen, zehn Meilen weit um Liebenau. Es ist mir schon genug, den ehrlichen Koko wieder bei ihr zu wissen, denn ich, auf meinen Reisen, würde doch nur schlecht für ihn haben sorgen können."
Sie machen große Reise, mein Herr? fragte Madame Simonelli; und wohin, s'il vous plait?
"Ach -- weit! Ja, sehr weit!"
Als Anton diese ein wenig in's Allgemeine schweifende Erklärung gab, soll sein Gesicht eben nicht den Ausdruck besonderen Scharfsinnes zur Schau getragen haben. Er pflegt in vertraulichen Stunden zu bekennen, daß er sich niemals in seinem ganzen Leben so dumm vorgekommen sei. Um nur etwas zu beginnen, was ihm über diese peinliche Lage forthelfen möge, fing er abermals an, nach seiner Börse zu suchen, wobei er die Versicherung ertheilte, er wünsche ein Billet für den ersten Platz zu lösen. Er suchte, er suchte -- umsonst, die Börse war verloren!
Sein Silbergeld; die Goldpfennige aus den ver- einten Sparbüchsen; die Zauber-Münzen, deren Werth ihm der neuen Welt Pforten zu öffnen, seine
ſo anmuthvollen Dame zu dienen, wuͤrd’ ich es mit allen Kraͤhen, Dohlen und Raben aufnehmen, zehn Meilen weit um Liebenau. Es iſt mir ſchon genug, den ehrlichen Koko wieder bei ihr zu wiſſen, denn ich, auf meinen Reiſen, wuͤrde doch nur ſchlecht fuͤr ihn haben ſorgen koͤnnen.“
Sie machen große Reiſe, mein Herr? fragte Madame Simonelli; und wohin, s’il vous plait?
„Ach — weit! Ja, ſehr weit!“
Als Anton dieſe ein wenig in’s Allgemeine ſchweifende Erklaͤrung gab, ſoll ſein Geſicht eben nicht den Ausdruck beſonderen Scharfſinnes zur Schau getragen haben. Er pflegt in vertraulichen Stunden zu bekennen, daß er ſich niemals in ſeinem ganzen Leben ſo dumm vorgekommen ſei. Um nur etwas zu beginnen, was ihm uͤber dieſe peinliche Lage forthelfen moͤge, fing er abermals an, nach ſeiner Boͤrſe zu ſuchen, wobei er die Verſicherung ertheilte, er wuͤnſche ein Billet fuͤr den erſten Platz zu loͤſen. Er ſuchte, er ſuchte — umſonſt, die Boͤrſe war verloren!
Sein Silbergeld; die Goldpfennige aus den ver- einten Sparbuͤchſen; die Zauber-Muͤnzen, deren Werth ihm der neuen Welt Pforten zu oͤffnen, ſeine
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ſo anmuthvollen Dame zu dienen, wuͤrd’ ich es mit
allen Kraͤhen, Dohlen und Raben aufnehmen, zehn
Meilen weit um Liebenau. Es iſt mir ſchon genug,
den ehrlichen Koko wieder bei ihr zu wiſſen, denn
ich, auf meinen Reiſen, wuͤrde doch nur ſchlecht fuͤr
ihn haben ſorgen koͤnnen.“
Sie machen große Reiſe, mein Herr? fragte
Madame Simonelli; und wohin, s’il vous plait?
„Ach — weit! Ja, ſehr weit!“
Als Anton dieſe ein wenig in’s Allgemeine
ſchweifende Erklaͤrung gab, ſoll ſein Geſicht eben
nicht den Ausdruck beſonderen Scharfſinnes zur
Schau getragen haben. Er pflegt in vertraulichen
Stunden zu bekennen, daß er ſich niemals in ſeinem
ganzen Leben ſo dumm vorgekommen ſei. Um nur
etwas zu beginnen, was ihm uͤber dieſe peinliche
Lage forthelfen moͤge, fing er abermals an, nach
ſeiner Boͤrſe zu ſuchen, wobei er die Verſicherung
ertheilte, er wuͤnſche ein Billet fuͤr den erſten Platz
zu loͤſen. Er ſuchte, er ſuchte — umſonſt, die Boͤrſe
war verloren!
Sein Silbergeld; die Goldpfennige aus den ver-
einten Sparbuͤchſen; die Zauber-Muͤnzen, deren
Werth ihm der neuen Welt Pforten zu oͤffnen, ſeine
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/261>, abgerufen am 23.11.2024.
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