Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Vergleichung zwischen den Personen des jüngsten
Freifräuleins von Kannabich und Madame Laura
Amelot übergegangen.

Einen gefährlicheren Uebergang konnt' es für ihn
kaum geben.

Jetzt darf ich nicht länger verschweigen, daß ich
ein rein gehaltenes, sauber geschriebenes, blätterreiches
Manuskript besitze, aus welchem ich schöpfe: Anton's
Tagebuch! Selbstgeständnisse nennt er's.

Wir werden künftig erfahren, wie ich dazu ge-
langte. Er hat damit angefangen, auf einzelne Blät-
ter die Eindrücke niederzuschreiben, die allerlei Erleb-
nisse auf ihn gemacht. Das hat er schon in Liebenau
gethan und auf Reisen fortgesetzt. Erst später hat er
das Vorhandene zu einem Ganzen gesammelt.

Gewiß könnt' ich mir meine biographische Arbeit
oft gar sehr erleichtern, wenn ich daraus wörtlich ab-
schriebe. Doch da ein solches Verfahren dem Buche
nachtheilig werden müßte, durch einseitige Auffassun-
gen und -- vorzüglich im Beginn seiner Erfahrungen,
-- noch sehr beschränkte Lebensansichten, hab' ich
vorgezogen als Autor das Wort zu nehmen und im
Namen meines Helden zu sprechen. Manche Zustände
aber eignen sich besser, Denjenigen selbst-redend ein-

Vergleichung zwiſchen den Perſonen des juͤngſten
Freifraͤuleins von Kannabich und Madame Laura
Amelot uͤbergegangen.

Einen gefaͤhrlicheren Uebergang konnt’ es fuͤr ihn
kaum geben.

Jetzt darf ich nicht laͤnger verſchweigen, daß ich
ein rein gehaltenes, ſauber geſchriebenes, blaͤtterreiches
Manuſkript beſitze, aus welchem ich ſchoͤpfe: Anton’s
Tagebuch! Selbſtgeſtaͤndniſſe nennt er’s.

Wir werden kuͤnftig erfahren, wie ich dazu ge-
langte. Er hat damit angefangen, auf einzelne Blaͤt-
ter die Eindruͤcke niederzuſchreiben, die allerlei Erleb-
niſſe auf ihn gemacht. Das hat er ſchon in Liebenau
gethan und auf Reiſen fortgeſetzt. Erſt ſpaͤter hat er
das Vorhandene zu einem Ganzen geſammelt.

Gewiß koͤnnt’ ich mir meine biographiſche Arbeit
oft gar ſehr erleichtern, wenn ich daraus woͤrtlich ab-
ſchriebe. Doch da ein ſolches Verfahren dem Buche
nachtheilig werden muͤßte, durch einſeitige Auffaſſun-
gen und — vorzuͤglich im Beginn ſeiner Erfahrungen,
— noch ſehr beſchraͤnkte Lebensanſichten, hab’ ich
vorgezogen als Autor das Wort zu nehmen und im
Namen meines Helden zu ſprechen. Manche Zuſtaͤnde
aber eignen ſich beſſer, Denjenigen ſelbſt-redend ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0299" n="283"/>
Vergleichung zwi&#x017F;chen den Per&#x017F;onen des ju&#x0364;ng&#x017F;ten<lb/>
Freifra&#x0364;uleins von Kannabich und Madame Laura<lb/>
Amelot u&#x0364;bergegangen.</p><lb/>
        <p>Einen gefa&#x0364;hrlicheren Uebergang konnt&#x2019; es fu&#x0364;r ihn<lb/>
kaum geben.</p><lb/>
        <p>Jetzt darf ich nicht la&#x0364;nger ver&#x017F;chweigen, daß ich<lb/>
ein rein gehaltenes, &#x017F;auber ge&#x017F;chriebenes, bla&#x0364;tterreiches<lb/>
Manu&#x017F;kript be&#x017F;itze, aus welchem ich &#x017F;cho&#x0364;pfe: Anton&#x2019;s<lb/>
Tagebuch! Selb&#x017F;tge&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e nennt er&#x2019;s.</p><lb/>
        <p>Wir werden ku&#x0364;nftig erfahren, wie ich dazu ge-<lb/>
langte. Er hat damit angefangen, auf einzelne Bla&#x0364;t-<lb/>
ter die Eindru&#x0364;cke niederzu&#x017F;chreiben, die allerlei Erleb-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e auf ihn gemacht. Das hat er &#x017F;chon in Liebenau<lb/>
gethan und auf Rei&#x017F;en fortge&#x017F;etzt. Er&#x017F;t &#x017F;pa&#x0364;ter hat er<lb/>
das Vorhandene zu einem Ganzen ge&#x017F;ammelt.</p><lb/>
        <p>Gewiß ko&#x0364;nnt&#x2019; ich mir meine biographi&#x017F;che Arbeit<lb/>
oft gar &#x017F;ehr erleichtern, wenn ich daraus wo&#x0364;rtlich ab-<lb/>
&#x017F;chriebe. Doch da ein &#x017F;olches Verfahren dem Buche<lb/>
nachtheilig werden mu&#x0364;ßte, durch ein&#x017F;eitige Auffa&#x017F;&#x017F;un-<lb/>
gen und &#x2014; vorzu&#x0364;glich im Beginn &#x017F;einer Erfahrungen,<lb/>
&#x2014; noch &#x017F;ehr be&#x017F;chra&#x0364;nkte Lebensan&#x017F;ichten, hab&#x2019; ich<lb/>
vorgezogen als Autor das Wort zu nehmen und im<lb/>
Namen meines Helden zu &#x017F;prechen. Manche Zu&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
aber eignen &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er, Denjenigen &#x017F;elb&#x017F;t-redend ein-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0299] Vergleichung zwiſchen den Perſonen des juͤngſten Freifraͤuleins von Kannabich und Madame Laura Amelot uͤbergegangen. Einen gefaͤhrlicheren Uebergang konnt’ es fuͤr ihn kaum geben. Jetzt darf ich nicht laͤnger verſchweigen, daß ich ein rein gehaltenes, ſauber geſchriebenes, blaͤtterreiches Manuſkript beſitze, aus welchem ich ſchoͤpfe: Anton’s Tagebuch! Selbſtgeſtaͤndniſſe nennt er’s. Wir werden kuͤnftig erfahren, wie ich dazu ge- langte. Er hat damit angefangen, auf einzelne Blaͤt- ter die Eindruͤcke niederzuſchreiben, die allerlei Erleb- niſſe auf ihn gemacht. Das hat er ſchon in Liebenau gethan und auf Reiſen fortgeſetzt. Erſt ſpaͤter hat er das Vorhandene zu einem Ganzen geſammelt. Gewiß koͤnnt’ ich mir meine biographiſche Arbeit oft gar ſehr erleichtern, wenn ich daraus woͤrtlich ab- ſchriebe. Doch da ein ſolches Verfahren dem Buche nachtheilig werden muͤßte, durch einſeitige Auffaſſun- gen und — vorzuͤglich im Beginn ſeiner Erfahrungen, — noch ſehr beſchraͤnkte Lebensanſichten, hab’ ich vorgezogen als Autor das Wort zu nehmen und im Namen meines Helden zu ſprechen. Manche Zuſtaͤnde aber eignen ſich beſſer, Denjenigen ſelbſt-redend ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/299
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/299>, abgerufen am 24.11.2024.