Pierre und Jean erklärten Anton, daß nichts mehr zu retten sei. Wer sich in den Brand werfen wolle, müsse mit verbrennen und vorher von den halbgebra- tenen Bestien zerrissen werden. Die Klagetöne der letzteren waren aber schon verstummt. Einigemale nur sah man, wie im Wirbel der Flamme empor- getrieben, einen bunten Ara oder anderen Vogel hoch oben erscheinen, um auf der Spitze einer Feuersäule durch die Gluth verzehrt zu werden. Die herrlichen Geschöpfe! Sie erinnerten an die Mythe vom Phö- nix, -- nur daß sie leider nicht, wie dieser, aus der Asche neu aufleben durften!
Wirthsleute, mit Knecht und Magd, hatten ihr bewegliches Eigenthum in's Freie gerettet. Kühe und Schafe waren natürlich verbrannt; von Men- schen Keiner. Sie besprachen sich, seitab von der auf ihrer Kasse thronenden Thierführerin, in eine dro- hende Gruppe vereiniget, berathend, was sie zur Ent- schädigung fordern, -- oder was sie mit Gewalt nehmen würden.
Anton wagte nicht, weder an jene Leute, noch an seine Damen das Wort zu richten. Einem überwie- senen Verbrecher ähnlich stand er da. Er hielt sich selbst für den strafbarsten Mordbrenner, der jemals
Pierre und Jean erklaͤrten Anton, daß nichts mehr zu retten ſei. Wer ſich in den Brand werfen wolle, muͤſſe mit verbrennen und vorher von den halbgebra- tenen Beſtien zerriſſen werden. Die Klagetoͤne der letzteren waren aber ſchon verſtummt. Einigemale nur ſah man, wie im Wirbel der Flamme empor- getrieben, einen bunten Ara oder anderen Vogel hoch oben erſcheinen, um auf der Spitze einer Feuerſaͤule durch die Gluth verzehrt zu werden. Die herrlichen Geſchoͤpfe! Sie erinnerten an die Mythe vom Phoͤ- nix, — nur daß ſie leider nicht, wie dieſer, aus der Aſche neu aufleben durften!
Wirthsleute, mit Knecht und Magd, hatten ihr bewegliches Eigenthum in’s Freie gerettet. Kuͤhe und Schafe waren natuͤrlich verbrannt; von Men- ſchen Keiner. Sie beſprachen ſich, ſeitab von der auf ihrer Kaſſe thronenden Thierfuͤhrerin, in eine dro- hende Gruppe vereiniget, berathend, was ſie zur Ent- ſchaͤdigung fordern, — oder was ſie mit Gewalt nehmen wuͤrden.
Anton wagte nicht, weder an jene Leute, noch an ſeine Damen das Wort zu richten. Einem uͤberwie- ſenen Verbrecher aͤhnlich ſtand er da. Er hielt ſich ſelbſt fuͤr den ſtrafbarſten Mordbrenner, der jemals
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Pierre und Jean erklaͤrten Anton, daß nichts mehr
zu retten ſei. Wer ſich in den Brand werfen wolle,
muͤſſe mit verbrennen und vorher von den halbgebra-
tenen Beſtien zerriſſen werden. Die Klagetoͤne der
letzteren waren aber ſchon verſtummt. Einigemale
nur ſah man, wie im Wirbel der Flamme empor-
getrieben, einen bunten Ara oder anderen Vogel hoch
oben erſcheinen, um auf der Spitze einer Feuerſaͤule
durch die Gluth verzehrt zu werden. Die herrlichen
Geſchoͤpfe! Sie erinnerten an die Mythe vom Phoͤ-
nix, — nur daß ſie leider nicht, wie dieſer, aus der
Aſche neu aufleben durften!
Wirthsleute, mit Knecht und Magd, hatten ihr
bewegliches Eigenthum in’s Freie gerettet. Kuͤhe
und Schafe waren natuͤrlich verbrannt; von Men-
ſchen Keiner. Sie beſprachen ſich, ſeitab von der auf
ihrer Kaſſe thronenden Thierfuͤhrerin, in eine dro-
hende Gruppe vereiniget, berathend, was ſie zur Ent-
ſchaͤdigung fordern, — oder was ſie mit Gewalt
nehmen wuͤrden.
Anton wagte nicht, weder an jene Leute, noch an
ſeine Damen das Wort zu richten. Einem uͤberwie-
ſenen Verbrecher aͤhnlich ſtand er da. Er hielt ſich
ſelbſt fuͤr den ſtrafbarſten Mordbrenner, der jemals
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/341>, abgerufen am 24.11.2024.
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