Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.leise-klagender Stimme ein Selbstgespräch; eine Rede- Während sie im Freien also mit sich allein redete, Wenn's nun wirklich keine Täuschung wäre? -- leiſe-klagender Stimme ein Selbſtgeſpraͤch; eine Rede- Waͤhrend ſie im Freien alſo mit ſich allein redete, Wenn’s nun wirklich keine Taͤuſchung waͤre? — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="78"/> leiſe-klagender Stimme ein Selbſtgeſpraͤch; eine Rede-<lb/> uͤbung, in deren verſchiedenſten Formen ſie uͤber-<lb/> haupt ſtark war: Das wußt’ ich ja, daß es ſo gehen<lb/> wuͤrde. Der boͤſe Geiſt des Vaters regt ſich in ihm,<lb/> ſammt der leichtſinnigen Empfindſamkeit der Mutter.<lb/> — Nach des <hi rendition="#g">Herren</hi> Tochter wagt er die Blicke zu<lb/> wenden! — O mein Schoͤpfer, wenn ſie doch auf den<lb/> Kanzeln nicht immer von Verfuͤhrung und boͤſen Bei-<lb/> ſpielen predigen wollten! Der ſchlimmſte Verfuͤhrer<lb/> wohnt in den Menſchen ſelber und Satan braucht<lb/> nicht erſt von Außen anzupochen, weil er mit ihnen,<lb/> in ihnen geboren wird. — Moͤchte mir nicht auch<lb/> unſer Herr Paſtor die Erbſuͤnde abſtreiten? — Da<lb/> haben wir’s ja; was iſt denn hier Anderes im Spiel?<lb/> — Hat er je etwas der Art geſehen? Ganz von ſelbſt<lb/> iſt er auf ſolche Spruͤnge gekommen. — Nein, Herr<lb/> Paſtor, meine Erbſuͤnde laß’ ich mir nicht nehmen. — —</p><lb/> <p>Waͤhrend ſie im Freien alſo mit ſich allein redete,<lb/> that Anton im Stuͤbchen desgleichen:</p><lb/> <p>Wenn’s nun wirklich keine Taͤuſchung waͤre? —<lb/> Wenn <hi rendition="#g">ſie</hi> mir wirklich und wahrhaftig eine Kußhand<lb/> zugeworfen? — Sie, die mich immer ſpoͤttiſch behan-<lb/> delt und ſeit einem Jahr gar ſo kalt und ſtolz gegen<lb/> mich iſt? — Was wuͤrde das beweiſen? — Daß ſie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0094]
leiſe-klagender Stimme ein Selbſtgeſpraͤch; eine Rede-
uͤbung, in deren verſchiedenſten Formen ſie uͤber-
haupt ſtark war: Das wußt’ ich ja, daß es ſo gehen
wuͤrde. Der boͤſe Geiſt des Vaters regt ſich in ihm,
ſammt der leichtſinnigen Empfindſamkeit der Mutter.
— Nach des Herren Tochter wagt er die Blicke zu
wenden! — O mein Schoͤpfer, wenn ſie doch auf den
Kanzeln nicht immer von Verfuͤhrung und boͤſen Bei-
ſpielen predigen wollten! Der ſchlimmſte Verfuͤhrer
wohnt in den Menſchen ſelber und Satan braucht
nicht erſt von Außen anzupochen, weil er mit ihnen,
in ihnen geboren wird. — Moͤchte mir nicht auch
unſer Herr Paſtor die Erbſuͤnde abſtreiten? — Da
haben wir’s ja; was iſt denn hier Anderes im Spiel?
— Hat er je etwas der Art geſehen? Ganz von ſelbſt
iſt er auf ſolche Spruͤnge gekommen. — Nein, Herr
Paſtor, meine Erbſuͤnde laß’ ich mir nicht nehmen. — —
Waͤhrend ſie im Freien alſo mit ſich allein redete,
that Anton im Stuͤbchen desgleichen:
Wenn’s nun wirklich keine Taͤuſchung waͤre? —
Wenn ſie mir wirklich und wahrhaftig eine Kußhand
zugeworfen? — Sie, die mich immer ſpoͤttiſch behan-
delt und ſeit einem Jahr gar ſo kalt und ſtolz gegen
mich iſt? — Was wuͤrde das beweiſen? — Daß ſie
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/94>, abgerufen am 16.02.2025. |