paar Thaler mitbringt, auf daß Du friedlich lebest und dereinst im Frieden sterbest. Alles Andere ist dummes Zeug.
"Jch, heirathen, Großmutter? Niemals! Und eines dummen Bauern Kind obenein? Erst gar nicht. So lange Du lebst, bleiben wir beide beisammen: ich bin zufrieden mit meiner Alten; verlange mir keine andere nicht. Und solltest Du früher sterben als ich, was ja noch gar nicht ausgemacht ist, dann geh' ich auf und davon, schaue mich in der Welt um und -- und das Uebrige wird sich finden!"
Und willst nicht wieder nach Liebenau heimkehren in unser stilles Häuschen?
"Wenigstens nicht früher, als bis der Jemand, der in mir steckt, herausgekommen ist und sich zeigen kann. Das ist mein Vorsatz, so gewiß Tieletunke" ... hier hielt er plötzlich inne und begann auf's Neue emsig zu arbeiten.
Die Alte war im Begriff, zu entgegnen. Doch that sie sich Gewalt an, stand auf, legte ihre Arbeit bedächtig zusammen und ging hinaus, ohne weiter eine Silbe zu sprechen. Draußen, nachdem sie die Hausthür hinter sich angezogen, setzte sie sich auf das Bänkchen hinten im kleinen Garten und begann mit
paar Thaler mitbringt, auf daß Du friedlich lebeſt und dereinſt im Frieden ſterbeſt. Alles Andere iſt dummes Zeug.
„Jch, heirathen, Großmutter? Niemals! Und eines dummen Bauern Kind obenein? Erſt gar nicht. So lange Du lebſt, bleiben wir beide beiſammen: ich bin zufrieden mit meiner Alten; verlange mir keine andere nicht. Und ſollteſt Du fruͤher ſterben als ich, was ja noch gar nicht ausgemacht iſt, dann geh’ ich auf und davon, ſchaue mich in der Welt um und — und das Uebrige wird ſich finden!“
Und willſt nicht wieder nach Liebenau heimkehren in unſer ſtilles Haͤuschen?
„Wenigſtens nicht fruͤher, als bis der Jemand, der in mir ſteckt, herausgekommen iſt und ſich zeigen kann. Das iſt mein Vorſatz, ſo gewiß Tieletunke“ ... hier hielt er ploͤtzlich inne und begann auf’s Neue emſig zu arbeiten.
Die Alte war im Begriff, zu entgegnen. Doch that ſie ſich Gewalt an, ſtand auf, legte ihre Arbeit bedaͤchtig zuſammen und ging hinaus, ohne weiter eine Silbe zu ſprechen. Draußen, nachdem ſie die Hausthuͤr hinter ſich angezogen, ſetzte ſie ſich auf das Baͤnkchen hinten im kleinen Garten und begann mit
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paar Thaler mitbringt, auf daß Du friedlich lebeſt
und dereinſt im Frieden ſterbeſt. Alles Andere iſt
dummes Zeug.
„Jch, heirathen, Großmutter? Niemals! Und
eines dummen Bauern Kind obenein? Erſt gar nicht.
So lange Du lebſt, bleiben wir beide beiſammen:
ich bin zufrieden mit meiner Alten; verlange mir
keine andere nicht. Und ſollteſt Du fruͤher ſterben als
ich, was ja noch gar nicht ausgemacht iſt, dann geh’
ich auf und davon, ſchaue mich in der Welt um und
— und das Uebrige wird ſich finden!“
Und willſt nicht wieder nach Liebenau heimkehren
in unſer ſtilles Haͤuschen?
„Wenigſtens nicht fruͤher, als bis der Jemand,
der in mir ſteckt, herausgekommen iſt und ſich zeigen
kann. Das iſt mein Vorſatz, ſo gewiß Tieletunke“ ...
hier hielt er ploͤtzlich inne und begann auf’s Neue
emſig zu arbeiten.
Die Alte war im Begriff, zu entgegnen. Doch
that ſie ſich Gewalt an, ſtand auf, legte ihre Arbeit
bedaͤchtig zuſammen und ging hinaus, ohne weiter
eine Silbe zu ſprechen. Draußen, nachdem ſie die
Hausthuͤr hinter ſich angezogen, ſetzte ſie ſich auf das
Baͤnkchen hinten im kleinen Garten und begann mit
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/93>, abgerufen am 21.11.2024.
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