Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Vertrag mit den Leuten, die sich eben so wenig Rath
wußten, wie ein Fisch auf trockenem Boden und zog
mit ihnen in die Welt. Das wäre ein Goldzug
geworden, wenn diese Wesen für ihre Produktionen
nicht immer große Gewässer gebraucht hätten, --
und die finden sich weder überall vor, noch kann man sie
mit sich führen. Zwar zeigt' ich meine Püppchen
auch in Sälen, gegen mäßiges Legegeld; aber das
lohnte nicht, warf keine Resultate ab; sie leisteten
zwischen vier Wänden nichts Besonderes, außer daß
sie lebhaft nach Thran stanken, was nicht jedes
Publikums Leidenschaft ist. Jhr Element war das
Wasser. Wo sich ein Teich, ein kleiner See in der
Nähe befand, veranstalteten wir große Vorstellungen,
sie saßen in ihren kleinen Kähnen aus Seehundsfell,
die sie sich wie einen Fußsack über die Hüften zogen
und darin umherschwammen, als ob sie selbst See-
hunde wären; eine Ansicht, zu der ich mich biswei-
len geneigt fühlte. Mit ihren Pfeilen schossen sie
nach Gänsen, wovon sie oftmals mehrere verwunde-
ten, die ich sodann verzehren mußte, wollt' ich die
Auslagen dafür nicht verlieren. Jch habe einmal
vier Wochen lang buchstäblich von Gänsefleisch gelebt,
wobei ich völlig verdummte. Städte mit Wasser

Vertrag mit den Leuten, die ſich eben ſo wenig Rath
wußten, wie ein Fiſch auf trockenem Boden und zog
mit ihnen in die Welt. Das waͤre ein Goldzug
geworden, wenn dieſe Weſen fuͤr ihre Produktionen
nicht immer große Gewaͤſſer gebraucht haͤtten, —
und die finden ſich weder uͤberall vor, noch kann man ſie
mit ſich fuͤhren. Zwar zeigt’ ich meine Puͤppchen
auch in Saͤlen, gegen maͤßiges Legegeld; aber das
lohnte nicht, warf keine Reſultate ab; ſie leiſteten
zwiſchen vier Waͤnden nichts Beſonderes, außer daß
ſie lebhaft nach Thran ſtanken, was nicht jedes
Publikums Leidenſchaft iſt. Jhr Element war das
Waſſer. Wo ſich ein Teich, ein kleiner See in der
Naͤhe befand, veranſtalteten wir große Vorſtellungen,
ſie ſaßen in ihren kleinen Kaͤhnen aus Seehundsfell,
die ſie ſich wie einen Fußſack uͤber die Huͤften zogen
und darin umherſchwammen, als ob ſie ſelbſt See-
hunde waͤren; eine Anſicht, zu der ich mich biswei-
len geneigt fuͤhlte. Mit ihren Pfeilen ſchoſſen ſie
nach Gaͤnſen, wovon ſie oftmals mehrere verwunde-
ten, die ich ſodann verzehren mußte, wollt’ ich die
Auslagen dafuͤr nicht verlieren. Jch habe einmal
vier Wochen lang buchſtaͤblich von Gaͤnſefleiſch gelebt,
wobei ich voͤllig verdummte. Staͤdte mit Waſſer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="157"/>
Vertrag mit den Leuten, die &#x017F;ich eben &#x017F;o wenig Rath<lb/>
wußten, wie ein Fi&#x017F;ch auf trockenem Boden und zog<lb/>
mit ihnen in die Welt. Das wa&#x0364;re ein Goldzug<lb/>
geworden, wenn die&#x017F;e We&#x017F;en fu&#x0364;r ihre Produktionen<lb/>
nicht immer große Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er gebraucht ha&#x0364;tten, &#x2014;<lb/>
und die finden &#x017F;ich weder u&#x0364;berall vor, noch kann man &#x017F;ie<lb/>
mit &#x017F;ich fu&#x0364;hren. Zwar zeigt&#x2019; ich meine Pu&#x0364;ppchen<lb/>
auch in Sa&#x0364;len, gegen ma&#x0364;ßiges Legegeld; aber das<lb/>
lohnte nicht, warf keine Re&#x017F;ultate ab; &#x017F;ie lei&#x017F;teten<lb/>
zwi&#x017F;chen vier Wa&#x0364;nden nichts Be&#x017F;onderes, außer daß<lb/>
&#x017F;ie lebhaft nach Thran &#x017F;tanken, was nicht jedes<lb/>
Publikums Leiden&#x017F;chaft i&#x017F;t. Jhr Element war das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er. Wo &#x017F;ich ein Teich, ein kleiner See in der<lb/>
Na&#x0364;he befand, veran&#x017F;talteten wir große Vor&#x017F;tellungen,<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;aßen in ihren kleinen Ka&#x0364;hnen aus Seehundsfell,<lb/>
die &#x017F;ie &#x017F;ich wie einen Fuß&#x017F;ack u&#x0364;ber die Hu&#x0364;ften zogen<lb/>
und darin umher&#x017F;chwammen, als ob &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t See-<lb/>
hunde wa&#x0364;ren; eine An&#x017F;icht, zu der ich mich biswei-<lb/>
len geneigt fu&#x0364;hlte. Mit ihren Pfeilen &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
nach Ga&#x0364;n&#x017F;en, wovon &#x017F;ie oftmals mehrere verwunde-<lb/>
ten, die ich &#x017F;odann verzehren mußte, wollt&#x2019; ich die<lb/>
Auslagen dafu&#x0364;r nicht verlieren. Jch habe einmal<lb/>
vier Wochen lang buch&#x017F;ta&#x0364;blich von Ga&#x0364;n&#x017F;eflei&#x017F;ch gelebt,<lb/>
wobei ich vo&#x0364;llig verdummte. Sta&#x0364;dte mit Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0159] Vertrag mit den Leuten, die ſich eben ſo wenig Rath wußten, wie ein Fiſch auf trockenem Boden und zog mit ihnen in die Welt. Das waͤre ein Goldzug geworden, wenn dieſe Weſen fuͤr ihre Produktionen nicht immer große Gewaͤſſer gebraucht haͤtten, — und die finden ſich weder uͤberall vor, noch kann man ſie mit ſich fuͤhren. Zwar zeigt’ ich meine Puͤppchen auch in Saͤlen, gegen maͤßiges Legegeld; aber das lohnte nicht, warf keine Reſultate ab; ſie leiſteten zwiſchen vier Waͤnden nichts Beſonderes, außer daß ſie lebhaft nach Thran ſtanken, was nicht jedes Publikums Leidenſchaft iſt. Jhr Element war das Waſſer. Wo ſich ein Teich, ein kleiner See in der Naͤhe befand, veranſtalteten wir große Vorſtellungen, ſie ſaßen in ihren kleinen Kaͤhnen aus Seehundsfell, die ſie ſich wie einen Fußſack uͤber die Huͤften zogen und darin umherſchwammen, als ob ſie ſelbſt See- hunde waͤren; eine Anſicht, zu der ich mich biswei- len geneigt fuͤhlte. Mit ihren Pfeilen ſchoſſen ſie nach Gaͤnſen, wovon ſie oftmals mehrere verwunde- ten, die ich ſodann verzehren mußte, wollt’ ich die Auslagen dafuͤr nicht verlieren. Jch habe einmal vier Wochen lang buchſtaͤblich von Gaͤnſefleiſch gelebt, wobei ich voͤllig verdummte. Staͤdte mit Waſſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/159
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/159>, abgerufen am 09.11.2024.