immer 'was Besonderes vorstellen! Schlagen Sie sich das aus den Gedanken. Hier fehlt's nicht an hübschen Mädchen und Sie werden bald nicht wissen, wohin zuerst schauen? Vor allen Dingen aber sehen Sie nach Jhrem Fuchs, daß Sie den wieder in die Reihe bringen. Felix muß ein anderes Pferd bekom- men. Sie treten morgen auf; der Zettel ist schon in der Druckerei. Jhre Koffers stehen bei mir.
Anton hatte doch bereits so viel Herrschaft über sich und seine Gefühle gewonnen, daß er den Aus- bruch heftigen Schmerzes zurückhielt, bis er sich allein befand. Allein zu sein; mit anderen Menschen so we- nig als denkbar in Berührung zu gerathen, erschien ihm jetzt das einzig Wünschenswerthe. Deshalb auch überwand er den Widerwillen, der sich in ihm regte, von dem Golde, welches die grausame Freundin ihm zurückgelassen, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Der Widerwille gegen ein Zusammen-leben, wohnen, verkehren mit anderen Eleven und Hausgenossen der Direktion war doch noch größer, steigerte sich jetzt bis zum Abscheu; -- und in dieser Noth ergriff er von zwei Uebeln das geringere. Er miethete ein bescheide- nes, vier Treppen hoch gelegenes, deshalb stilles Dachstübchen, aus dessen kleinen Fenstern sein trübes
immer ’was Beſonderes vorſtellen! Schlagen Sie ſich das aus den Gedanken. Hier fehlt’s nicht an huͤbſchen Maͤdchen und Sie werden bald nicht wiſſen, wohin zuerſt ſchauen? Vor allen Dingen aber ſehen Sie nach Jhrem Fuchs, daß Sie den wieder in die Reihe bringen. Felix muß ein anderes Pferd bekom- men. Sie treten morgen auf; der Zettel iſt ſchon in der Druckerei. Jhre Koffers ſtehen bei mir.
Anton hatte doch bereits ſo viel Herrſchaft uͤber ſich und ſeine Gefuͤhle gewonnen, daß er den Aus- bruch heftigen Schmerzes zuruͤckhielt, bis er ſich allein befand. Allein zu ſein; mit anderen Menſchen ſo we- nig als denkbar in Beruͤhrung zu gerathen, erſchien ihm jetzt das einzig Wuͤnſchenswerthe. Deshalb auch uͤberwand er den Widerwillen, der ſich in ihm regte, von dem Golde, welches die grauſame Freundin ihm zuruͤckgelaſſen, ſeine Beduͤrfniſſe zu befriedigen. Der Widerwille gegen ein Zuſammen-leben, wohnen, verkehren mit anderen Eleven und Hausgenoſſen der Direktion war doch noch groͤßer, ſteigerte ſich jetzt bis zum Abſcheu; — und in dieſer Noth ergriff er von zwei Uebeln das geringere. Er miethete ein beſcheide- nes, vier Treppen hoch gelegenes, deshalb ſtilles Dachſtuͤbchen, aus deſſen kleinen Fenſtern ſein truͤbes
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0168"n="166"/>
immer ’was Beſonderes vorſtellen! Schlagen Sie<lb/>ſich das aus den Gedanken. Hier fehlt’s nicht an<lb/>
huͤbſchen Maͤdchen und Sie werden bald nicht wiſſen,<lb/>
wohin zuerſt ſchauen? Vor allen Dingen aber ſehen<lb/>
Sie nach Jhrem Fuchs, daß Sie den wieder in die<lb/>
Reihe bringen. Felix muß ein anderes Pferd bekom-<lb/>
men. Sie treten morgen auf; der Zettel iſt ſchon in<lb/>
der Druckerei. Jhre Koffers ſtehen bei mir.</p><lb/><p>Anton hatte doch bereits ſo viel Herrſchaft uͤber<lb/>ſich und ſeine Gefuͤhle gewonnen, daß er den Aus-<lb/>
bruch heftigen Schmerzes zuruͤckhielt, bis er ſich allein<lb/>
befand. Allein zu ſein; mit anderen Menſchen ſo we-<lb/>
nig als denkbar in Beruͤhrung zu gerathen, erſchien<lb/>
ihm jetzt das einzig Wuͤnſchenswerthe. Deshalb auch<lb/>
uͤberwand er den Widerwillen, der ſich in ihm regte,<lb/>
von dem Golde, welches die grauſame Freundin<lb/>
ihm zuruͤckgelaſſen, ſeine Beduͤrfniſſe zu befriedigen.<lb/>
Der Widerwille gegen ein Zuſammen-leben, wohnen,<lb/>
verkehren mit anderen Eleven und Hausgenoſſen der<lb/>
Direktion war doch noch groͤßer, ſteigerte ſich jetzt bis<lb/>
zum Abſcheu; — und in dieſer Noth ergriff er von<lb/>
zwei Uebeln das geringere. Er miethete ein beſcheide-<lb/>
nes, vier Treppen hoch gelegenes, deshalb ſtilles<lb/>
Dachſtuͤbchen, aus deſſen kleinen Fenſtern ſein truͤbes<lb/></p></div></body></text></TEI>
[166/0168]
immer ’was Beſonderes vorſtellen! Schlagen Sie
ſich das aus den Gedanken. Hier fehlt’s nicht an
huͤbſchen Maͤdchen und Sie werden bald nicht wiſſen,
wohin zuerſt ſchauen? Vor allen Dingen aber ſehen
Sie nach Jhrem Fuchs, daß Sie den wieder in die
Reihe bringen. Felix muß ein anderes Pferd bekom-
men. Sie treten morgen auf; der Zettel iſt ſchon in
der Druckerei. Jhre Koffers ſtehen bei mir.
Anton hatte doch bereits ſo viel Herrſchaft uͤber
ſich und ſeine Gefuͤhle gewonnen, daß er den Aus-
bruch heftigen Schmerzes zuruͤckhielt, bis er ſich allein
befand. Allein zu ſein; mit anderen Menſchen ſo we-
nig als denkbar in Beruͤhrung zu gerathen, erſchien
ihm jetzt das einzig Wuͤnſchenswerthe. Deshalb auch
uͤberwand er den Widerwillen, der ſich in ihm regte,
von dem Golde, welches die grauſame Freundin
ihm zuruͤckgelaſſen, ſeine Beduͤrfniſſe zu befriedigen.
Der Widerwille gegen ein Zuſammen-leben, wohnen,
verkehren mit anderen Eleven und Hausgenoſſen der
Direktion war doch noch groͤßer, ſteigerte ſich jetzt bis
zum Abſcheu; — und in dieſer Noth ergriff er von
zwei Uebeln das geringere. Er miethete ein beſcheide-
nes, vier Treppen hoch gelegenes, deshalb ſtilles
Dachſtuͤbchen, aus deſſen kleinen Fenſtern ſein truͤbes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/168>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.