Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

zeugung, es bliebe ihm nichts Anderes mehr übrig;
als ein Dienst niedrigster Gattung, im Lande der
Zigeuner.

Da prangte zuvörderst der "Feuerkönig," glim-
mende Kohlen verschluckend, flüssiges Siegellack
naschend, siedendes Oel wider brennenden Durst
schlürfend; seine Fußsohlen mit glühend-rothen Eisen
kitzelnd; und diesem verbunden eine "Minerva," den
zarten Leib mit gewichtigem Ambos belastet, auf
welchem vier Cyklopen furchtbare Waffen schmiedeten.
War das Portrait, welches, die Göttin darstellend,
in Lebensgröße neben jenem des feuer-beherrschenden
Gatten hing, einigermaßen getroffen, so konnte das
lebende Urbild sehr wohl die vom Gewicht des Ambos
zwar zerschmetterte, aber dennoch wieder zusammen-
geschmiedete Mutter des Riesen Schkramprl sein.
Zum Erstenmale, seitdem er in L. weilte, glitt ein
Lächeln über Anton's verkümmerte Züge, wie er
Schkramprl's gedachte und ihrer gemeinschaftlichen
Schnee-Wanderung. Wo mag der lange Schlagetodt
jetzt seine Lügen debütiren, murmelte er, bedächtig weiter
schreitend, vor sich hin und eh' er noch ausgemurmelt
stieß er fast mit der Nase an eine kleine Bude, von

Die Vagabunden. II. 12

zeugung, es bliebe ihm nichts Anderes mehr uͤbrig;
als ein Dienſt niedrigſter Gattung, im Lande der
Zigeuner.

Da prangte zuvoͤrderſt der „Feuerkoͤnig,“ glim-
mende Kohlen verſchluckend, fluͤſſiges Siegellack
naſchend, ſiedendes Oel wider brennenden Durſt
ſchluͤrfend; ſeine Fußſohlen mit gluͤhend-rothen Eiſen
kitzelnd; und dieſem verbunden eine „Minerva,“ den
zarten Leib mit gewichtigem Ambos belaſtet, auf
welchem vier Cyklopen furchtbare Waffen ſchmiedeten.
War das Portrait, welches, die Goͤttin darſtellend,
in Lebensgroͤße neben jenem des feuer-beherrſchenden
Gatten hing, einigermaßen getroffen, ſo konnte das
lebende Urbild ſehr wohl die vom Gewicht des Ambos
zwar zerſchmetterte, aber dennoch wieder zuſammen-
geſchmiedete Mutter des Rieſen Schkramprl ſein.
Zum Erſtenmale, ſeitdem er in L. weilte, glitt ein
Laͤcheln uͤber Anton’s verkuͤmmerte Zuͤge, wie er
Schkramprl’s gedachte und ihrer gemeinſchaftlichen
Schnee-Wanderung. Wo mag der lange Schlagetodt
jetzt ſeine Luͤgen debuͤtiren, murmelte er, bedaͤchtig weiter
ſchreitend, vor ſich hin und eh’ er noch ausgemurmelt
ſtieß er faſt mit der Naſe an eine kleine Bude, von

Die Vagabunden. II. 12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="177"/>
zeugung, es bliebe ihm nichts Anderes mehr u&#x0364;brig;<lb/>
als ein Dien&#x017F;t niedrig&#x017F;ter Gattung, im Lande der<lb/>
Zigeuner.</p><lb/>
        <p>Da prangte zuvo&#x0364;rder&#x017F;t der &#x201E;Feuerko&#x0364;nig,&#x201C; glim-<lb/>
mende Kohlen ver&#x017F;chluckend, flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Siegellack<lb/>
na&#x017F;chend, &#x017F;iedendes Oel wider brennenden Dur&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;rfend; &#x017F;eine Fuß&#x017F;ohlen mit glu&#x0364;hend-rothen Ei&#x017F;en<lb/>
kitzelnd; und die&#x017F;em verbunden eine &#x201E;Minerva,&#x201C; den<lb/>
zarten Leib mit gewichtigem Ambos bela&#x017F;tet, auf<lb/>
welchem vier Cyklopen furchtbare Waffen &#x017F;chmiedeten.<lb/>
War das Portrait, welches, die Go&#x0364;ttin dar&#x017F;tellend,<lb/>
in Lebensgro&#x0364;ße neben jenem des feuer-beherr&#x017F;chenden<lb/>
Gatten hing, einigermaßen getroffen, &#x017F;o konnte das<lb/>
lebende Urbild &#x017F;ehr wohl die vom Gewicht des Ambos<lb/>
zwar zer&#x017F;chmetterte, aber dennoch wieder zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;chmiedete Mutter des Rie&#x017F;en Schkramprl &#x017F;ein.<lb/>
Zum Er&#x017F;tenmale, &#x017F;eitdem er in L. weilte, glitt ein<lb/>
La&#x0364;cheln u&#x0364;ber Anton&#x2019;s verku&#x0364;mmerte Zu&#x0364;ge, wie er<lb/>
Schkramprl&#x2019;s gedachte und ihrer gemein&#x017F;chaftlichen<lb/>
Schnee-Wanderung. Wo mag der lange Schlagetodt<lb/>
jetzt &#x017F;eine Lu&#x0364;gen debu&#x0364;tiren, murmelte er, beda&#x0364;chtig weiter<lb/>
&#x017F;chreitend, vor &#x017F;ich hin und eh&#x2019; er noch ausgemurmelt<lb/>
&#x017F;tieß er fa&#x017F;t mit der Na&#x017F;e an eine kleine Bude, von<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Die Vagabunden. <hi rendition="#aq">II.</hi> 12</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0179] zeugung, es bliebe ihm nichts Anderes mehr uͤbrig; als ein Dienſt niedrigſter Gattung, im Lande der Zigeuner. Da prangte zuvoͤrderſt der „Feuerkoͤnig,“ glim- mende Kohlen verſchluckend, fluͤſſiges Siegellack naſchend, ſiedendes Oel wider brennenden Durſt ſchluͤrfend; ſeine Fußſohlen mit gluͤhend-rothen Eiſen kitzelnd; und dieſem verbunden eine „Minerva,“ den zarten Leib mit gewichtigem Ambos belaſtet, auf welchem vier Cyklopen furchtbare Waffen ſchmiedeten. War das Portrait, welches, die Goͤttin darſtellend, in Lebensgroͤße neben jenem des feuer-beherrſchenden Gatten hing, einigermaßen getroffen, ſo konnte das lebende Urbild ſehr wohl die vom Gewicht des Ambos zwar zerſchmetterte, aber dennoch wieder zuſammen- geſchmiedete Mutter des Rieſen Schkramprl ſein. Zum Erſtenmale, ſeitdem er in L. weilte, glitt ein Laͤcheln uͤber Anton’s verkuͤmmerte Zuͤge, wie er Schkramprl’s gedachte und ihrer gemeinſchaftlichen Schnee-Wanderung. Wo mag der lange Schlagetodt jetzt ſeine Luͤgen debuͤtiren, murmelte er, bedaͤchtig weiter ſchreitend, vor ſich hin und eh’ er noch ausgemurmelt ſtieß er faſt mit der Naſe an eine kleine Bude, von Die Vagabunden. II. 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/179
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/179>, abgerufen am 18.12.2024.