wohne; oder speise, wo Madame Adelaide die Hon- neurs machte. Da sie nun eben so unziemlich fand, mit ihm gemeinschaftliche Wohnung zu haben, so stiegen die Ausgaben doppelt. Mochte sie immerhin lächelnd versichern, ihr kleiner Schatz sei groß genug, um nicht so bald erschöpft zu werden, -- immer blieb sie es doch, welche gab; -- und das fand Anton im Grunde seiner unwürdig. Möglich, daß er es nicht so streng mit dieser seiner männlichen Würde genommen hätte, wären nicht bereits einige Auftritte vorgefallen, die ihn darauf hinwiesen, daß Laura bei all' ihrer scheinbaren oder wirklichen Gleichgültigkeit gegen Mein und Dein, doch recht wohl wisse, wie sie es sei, die durch ihrer Börse Gewicht, das Gewicht der Oberherrschaft behaupte.
Durch ihr entschiedenes Ein- und Auftreten in die Garderobe, -- wie wir es am Schlusse des vori- gen Kapitels schilderten, -- war Anton, obwohl er die Aufdringlichkeit der Frau Adelaide keinesweges löblich, ja für sich nicht einmal schmeichelhaft fand, doch verletzt worden; hatte seiner Freundin auch un- umwunden eingestanden, daß sie ihn damals behandelt habe, wie einen Schulknaben. Noch schlimmer jedoch drohten sich jene Zerwürfnisse anzulassen, welche durch
Die Vagabunden. II. 2
wohne; oder ſpeiſe, wo Madame Adelaide die Hon- neurs machte. Da ſie nun eben ſo unziemlich fand, mit ihm gemeinſchaftliche Wohnung zu haben, ſo ſtiegen die Ausgaben doppelt. Mochte ſie immerhin laͤchelnd verſichern, ihr kleiner Schatz ſei groß genug, um nicht ſo bald erſchoͤpft zu werden, — immer blieb ſie es doch, welche gab; — und das fand Anton im Grunde ſeiner unwuͤrdig. Moͤglich, daß er es nicht ſo ſtreng mit dieſer ſeiner maͤnnlichen Wuͤrde genommen haͤtte, waͤren nicht bereits einige Auftritte vorgefallen, die ihn darauf hinwieſen, daß Laura bei all’ ihrer ſcheinbaren oder wirklichen Gleichguͤltigkeit gegen Mein und Dein, doch recht wohl wiſſe, wie ſie es ſei, die durch ihrer Boͤrſe Gewicht, das Gewicht der Oberherrſchaft behaupte.
Durch ihr entſchiedenes Ein- und Auftreten in die Garderobe, — wie wir es am Schluſſe des vori- gen Kapitels ſchilderten, — war Anton, obwohl er die Aufdringlichkeit der Frau Adelaide keinesweges loͤblich, ja fuͤr ſich nicht einmal ſchmeichelhaft fand, doch verletzt worden; hatte ſeiner Freundin auch un- umwunden eingeſtanden, daß ſie ihn damals behandelt habe, wie einen Schulknaben. Noch ſchlimmer jedoch drohten ſich jene Zerwuͤrfniſſe anzulaſſen, welche durch
Die Vagabunden. II. 2
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wohne; oder ſpeiſe, wo Madame Adelaide die Hon-
neurs machte. Da ſie nun eben ſo unziemlich fand,
mit ihm gemeinſchaftliche Wohnung zu haben, ſo
ſtiegen die Ausgaben doppelt. Mochte ſie immerhin
laͤchelnd verſichern, ihr kleiner Schatz ſei groß genug,
um nicht ſo bald erſchoͤpft zu werden, — immer blieb
ſie es doch, welche gab; — und das fand Anton im
Grunde ſeiner unwuͤrdig. Moͤglich, daß er es nicht ſo
ſtreng mit dieſer ſeiner maͤnnlichen Wuͤrde genommen
haͤtte, waͤren nicht bereits einige Auftritte vorgefallen,
die ihn darauf hinwieſen, daß Laura bei all’ ihrer
ſcheinbaren oder wirklichen Gleichguͤltigkeit gegen
Mein und Dein, doch recht wohl wiſſe, wie ſie es
ſei, die durch ihrer Boͤrſe Gewicht, das Gewicht der
Oberherrſchaft behaupte.
Durch ihr entſchiedenes Ein- und Auftreten in
die Garderobe, — wie wir es am Schluſſe des vori-
gen Kapitels ſchilderten, — war Anton, obwohl er
die Aufdringlichkeit der Frau Adelaide keinesweges
loͤblich, ja fuͤr ſich nicht einmal ſchmeichelhaft fand,
doch verletzt worden; hatte ſeiner Freundin auch un-
umwunden eingeſtanden, daß ſie ihn damals behandelt
habe, wie einen Schulknaben. Noch ſchlimmer jedoch
drohten ſich jene Zerwuͤrfniſſe anzulaſſen, welche durch
Die Vagabunden. II. 2
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/19>, abgerufen am 09.11.2024.
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