Bemühung, sich anderen Menschen ähnlich, durch Gebrauch der Zunge mitzutheilen nahm sichtbar alle zu diesem Experiment gehörige, in Fett vergrabenen Muskeln in Anspruch. Schon wurden einzelne Sil- ben, wie das Echo eines Taubstummen-Jnstitutes hörbar .... da erschien, aus dem Boden gewachsen, ein mit buntgetiegertem Seehund-Fell bekleideter, wildbärtiger, weindunstender Mensch; ein Mensch, der offenbar eben so berechtiget war, den Riesen zu spielen, als Schkramprl es je gewesen; letzterem außerdem noch an kräftiger Fülle weit überlegen. Bei seinem Anblick verstummte jeder fernere Sprachversuch im Munde der Dame. Die Fett-Wogen flossen in ihr Bett zurück; das Gesicht stellte sein Lächeln ein; die Feuerfunken darin erloschen wieder.
Beide Riesen standen einander gegenüber und maßen sich wie zwei alte, erprobte Feinde.
Jch dachte nicht, daß der so nahe sei? flüsterte Schkramprl Anton auf Deutsch zu.
"Will der Herr unsere Thiere sehen?" fragte der getiegerte Seehund mit einer Baßstimme, deren Tiefe einen furchtbaren Gegensatz zu Schkramprl's gebro- chenem Falsett bildete.
Jch danke, nein! erwiederte Anton; und nicht
Bemuͤhung, ſich anderen Menſchen aͤhnlich, durch Gebrauch der Zunge mitzutheilen nahm ſichtbar alle zu dieſem Experiment gehoͤrige, in Fett vergrabenen Muskeln in Anſpruch. Schon wurden einzelne Sil- ben, wie das Echo eines Taubſtummen-Jnſtitutes hoͤrbar .... da erſchien, aus dem Boden gewachſen, ein mit buntgetiegertem Seehund-Fell bekleideter, wildbaͤrtiger, weindunſtender Menſch; ein Menſch, der offenbar eben ſo berechtiget war, den Rieſen zu ſpielen, als Schkramprl es je geweſen; letzterem außerdem noch an kraͤftiger Fuͤlle weit uͤberlegen. Bei ſeinem Anblick verſtummte jeder fernere Sprachverſuch im Munde der Dame. Die Fett-Wogen floſſen in ihr Bett zuruͤck; das Geſicht ſtellte ſein Laͤcheln ein; die Feuerfunken darin erloſchen wieder.
Beide Rieſen ſtanden einander gegenuͤber und maßen ſich wie zwei alte, erprobte Feinde.
Jch dachte nicht, daß der ſo nahe ſei? fluͤſterte Schkramprl Anton auf Deutſch zu.
„Will der Herr unſere Thiere ſehen?“ fragte der getiegerte Seehund mit einer Baßſtimme, deren Tiefe einen furchtbaren Gegenſatz zu Schkramprl’s gebro- chenem Falſett bildete.
Jch danke, nein! erwiederte Anton; und nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0199"n="197"/>
Bemuͤhung, ſich anderen Menſchen aͤhnlich, durch<lb/>
Gebrauch der Zunge mitzutheilen nahm ſichtbar alle<lb/>
zu dieſem Experiment gehoͤrige, in Fett vergrabenen<lb/>
Muskeln in Anſpruch. Schon wurden einzelne Sil-<lb/>
ben, wie das Echo eines Taubſtummen-Jnſtitutes<lb/>
hoͤrbar .... da erſchien, aus dem Boden gewachſen,<lb/>
ein mit buntgetiegertem Seehund-Fell bekleideter,<lb/>
wildbaͤrtiger, weindunſtender Menſch; ein Menſch,<lb/>
der offenbar eben ſo berechtiget war, den Rieſen zu<lb/>ſpielen, als Schkramprl es je geweſen; letzterem<lb/>
außerdem noch an kraͤftiger Fuͤlle weit uͤberlegen. Bei<lb/>ſeinem Anblick verſtummte jeder fernere Sprachverſuch<lb/>
im Munde der Dame. Die Fett-Wogen floſſen in<lb/>
ihr Bett zuruͤck; das Geſicht ſtellte ſein Laͤcheln ein;<lb/>
die Feuerfunken darin erloſchen wieder.</p><lb/><p>Beide Rieſen ſtanden einander gegenuͤber und<lb/>
maßen ſich wie zwei alte, erprobte Feinde.</p><lb/><p>Jch dachte nicht, daß <hirendition="#g">der</hi>ſo nahe ſei? fluͤſterte<lb/>
Schkramprl Anton auf Deutſch zu.</p><lb/><p>„Will der Herr unſere Thiere ſehen?“ fragte der<lb/>
getiegerte Seehund mit einer Baßſtimme, deren Tiefe<lb/>
einen furchtbaren Gegenſatz zu Schkramprl’s gebro-<lb/>
chenem Falſett bildete.</p><lb/><p>Jch danke, nein! erwiederte Anton; und nicht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[197/0199]
Bemuͤhung, ſich anderen Menſchen aͤhnlich, durch
Gebrauch der Zunge mitzutheilen nahm ſichtbar alle
zu dieſem Experiment gehoͤrige, in Fett vergrabenen
Muskeln in Anſpruch. Schon wurden einzelne Sil-
ben, wie das Echo eines Taubſtummen-Jnſtitutes
hoͤrbar .... da erſchien, aus dem Boden gewachſen,
ein mit buntgetiegertem Seehund-Fell bekleideter,
wildbaͤrtiger, weindunſtender Menſch; ein Menſch,
der offenbar eben ſo berechtiget war, den Rieſen zu
ſpielen, als Schkramprl es je geweſen; letzterem
außerdem noch an kraͤftiger Fuͤlle weit uͤberlegen. Bei
ſeinem Anblick verſtummte jeder fernere Sprachverſuch
im Munde der Dame. Die Fett-Wogen floſſen in
ihr Bett zuruͤck; das Geſicht ſtellte ſein Laͤcheln ein;
die Feuerfunken darin erloſchen wieder.
Beide Rieſen ſtanden einander gegenuͤber und
maßen ſich wie zwei alte, erprobte Feinde.
Jch dachte nicht, daß der ſo nahe ſei? fluͤſterte
Schkramprl Anton auf Deutſch zu.
„Will der Herr unſere Thiere ſehen?“ fragte der
getiegerte Seehund mit einer Baßſtimme, deren Tiefe
einen furchtbaren Gegenſatz zu Schkramprl’s gebro-
chenem Falſett bildete.
Jch danke, nein! erwiederte Anton; und nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/199>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.