Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Sphäre ist's nichts mit der Sentimentalität. Wenn
Sie das Rüsselthier bewundern mögen, werd' ich Sie
an der Kasse präsentiren, damit Sie kein Geld aus-
zugeben brauchen. Jch muß zu meiner Privat-Vor-
stellung: zwei Stunden sind herum. Les affaires
avant tout!"



Einundvierzigstes Kapitel.

Ein Elephant und ein Professor. -- Herr Terzy und seine Schüler. -- Ein
Wachsfigurenkabinet. -- Wie Anton ein Unterkommen findet.

Was man von früh'ster Kindheit auf als groß,
als ungeheuer zu denken gewöhnt ist; woran die
Phantasie, wie an einem Wundermächtigen ihre Bil-
dungskraft geübt; das, wenn es dann im reiferen
Leben uns wirklich vor Augen tritt, erscheint uns
gering, befriediget unsere Erwartungen nicht, weil es
hinter den schwärmerischen Träumen weit zurückbleibt.
So ergeht es uns leider mit den wichtigsten Dingen,
die des Menschen ganzes Geschick aufwiegen; --
warum sollte es Anton mit dem Elephanten anders
ergehen?

"Das ist ein Elephant?" sprach er, fast gering-
schätzend, wie er vor ihm stand; "ich hätte mir ihn
viel größer gedacht!"

Sphaͤre iſt’s nichts mit der Sentimentalitaͤt. Wenn
Sie das Ruͤſſelthier bewundern moͤgen, werd’ ich Sie
an der Kaſſe praͤſentiren, damit Sie kein Geld aus-
zugeben brauchen. Jch muß zu meiner Privat-Vor-
ſtellung: zwei Stunden ſind herum. Les affaires
avant tout!“



Einundvierzigſtes Kapitel.

Ein Elephant und ein Profeſſor. — Herr Terzy und ſeine Schüler. — Ein
Wachsfigurenkabinet. — Wie Anton ein Unterkommen findet.

Was man von fruͤh’ſter Kindheit auf als groß,
als ungeheuer zu denken gewoͤhnt iſt; woran die
Phantaſie, wie an einem Wundermaͤchtigen ihre Bil-
dungskraft geuͤbt; das, wenn es dann im reiferen
Leben uns wirklich vor Augen tritt, erſcheint uns
gering, befriediget unſere Erwartungen nicht, weil es
hinter den ſchwaͤrmeriſchen Traͤumen weit zuruͤckbleibt.
So ergeht es uns leider mit den wichtigſten Dingen,
die des Menſchen ganzes Geſchick aufwiegen; —
warum ſollte es Anton mit dem Elephanten anders
ergehen?

Das iſt ein Elephant?“ ſprach er, faſt gering-
ſchaͤtzend, wie er vor ihm ſtand; „ich haͤtte mir ihn
viel groͤßer gedacht!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0204" n="202"/>
Spha&#x0364;re i&#x017F;t&#x2019;s nichts mit der Sentimentalita&#x0364;t. Wenn<lb/>
Sie das Ru&#x0364;&#x017F;&#x017F;elthier bewundern mo&#x0364;gen, werd&#x2019; ich Sie<lb/>
an der Ka&#x017F;&#x017F;e pra&#x0364;&#x017F;entiren, damit Sie kein Geld aus-<lb/>
zugeben brauchen. Jch muß zu meiner Privat-Vor-<lb/>
&#x017F;tellung: zwei Stunden &#x017F;ind herum. <hi rendition="#aq">Les affaires<lb/>
avant tout!&#x201C;</hi></p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Einundvierzig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c">Ein Elephant und ein Profe&#x017F;&#x017F;or. &#x2014; Herr Terzy und &#x017F;eine Schüler. &#x2014; Ein<lb/>
Wachsfigurenkabinet. &#x2014; Wie Anton ein Unterkommen findet.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Was man von fru&#x0364;h&#x2019;&#x017F;ter Kindheit auf als groß,<lb/>
als ungeheuer zu denken gewo&#x0364;hnt i&#x017F;t; woran die<lb/>
Phanta&#x017F;ie, wie an einem Wunderma&#x0364;chtigen ihre Bil-<lb/>
dungskraft geu&#x0364;bt; das, wenn es dann im reiferen<lb/>
Leben uns wirklich vor Augen tritt, er&#x017F;cheint uns<lb/>
gering, befriediget un&#x017F;ere Erwartungen nicht, weil es<lb/>
hinter den &#x017F;chwa&#x0364;rmeri&#x017F;chen Tra&#x0364;umen weit zuru&#x0364;ckbleibt.<lb/>
So ergeht es uns leider mit den wichtig&#x017F;ten Dingen,<lb/>
die des Men&#x017F;chen ganzes Ge&#x017F;chick aufwiegen; &#x2014;<lb/>
warum &#x017F;ollte es Anton mit dem Elephanten anders<lb/>
ergehen?</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Das</hi> i&#x017F;t ein Elephant?&#x201C; &#x017F;prach er, fa&#x017F;t gering-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzend, wie er vor ihm &#x017F;tand; &#x201E;ich ha&#x0364;tte mir ihn<lb/>
viel gro&#x0364;ßer gedacht!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0204] Sphaͤre iſt’s nichts mit der Sentimentalitaͤt. Wenn Sie das Ruͤſſelthier bewundern moͤgen, werd’ ich Sie an der Kaſſe praͤſentiren, damit Sie kein Geld aus- zugeben brauchen. Jch muß zu meiner Privat-Vor- ſtellung: zwei Stunden ſind herum. Les affaires avant tout!“ Einundvierzigſtes Kapitel. Ein Elephant und ein Profeſſor. — Herr Terzy und ſeine Schüler. — Ein Wachsfigurenkabinet. — Wie Anton ein Unterkommen findet. Was man von fruͤh’ſter Kindheit auf als groß, als ungeheuer zu denken gewoͤhnt iſt; woran die Phantaſie, wie an einem Wundermaͤchtigen ihre Bil- dungskraft geuͤbt; das, wenn es dann im reiferen Leben uns wirklich vor Augen tritt, erſcheint uns gering, befriediget unſere Erwartungen nicht, weil es hinter den ſchwaͤrmeriſchen Traͤumen weit zuruͤckbleibt. So ergeht es uns leider mit den wichtigſten Dingen, die des Menſchen ganzes Geſchick aufwiegen; — warum ſollte es Anton mit dem Elephanten anders ergehen? „Das iſt ein Elephant?“ ſprach er, faſt gering- ſchaͤtzend, wie er vor ihm ſtand; „ich haͤtte mir ihn viel groͤßer gedacht!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/204
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/204>, abgerufen am 22.11.2024.