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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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wie gezähmter Elephanten weiß, -- oder nicht weiß,
und ließ sich besonders zart über ihre mährchenhafte
Schamhaftigkeit aus, wobei der Kornak seinem Ge-
hülfen Jacques ungläubig zulächelte. Auch versicherte
der Dozent, daß er durch häufige Besuche dem Koloß
eben so befreundet sei, wie der Wärter; daß er sich
durchaus nicht vor seinen etwaigen Launen fürchte.
Jch mache mich anheischig, sagte er, wobei er eine
reichliche Prise Spaniol schlürfte, jede seiner Uebungen
mit ihm vorzunehmen.

"Um Gotteswillen!" baten die Damen, welche
ängstlich flehend ihre Hände erhoben: "Herr Professor,
sein Sie nicht allzukühn!"

Doch der Professor wollte darthun, daß er Muth
besitze. Er schob die goldene Tabatiere, das Geschenk
eines jüngsten Sohnes, von dem jüngsten Sohne
eines apanagirten Prinzen, dem er ein Privatissimum
über Naturkunde gelesen, in die Tasche; näherte sich
lustig dem Elephanten und klopfte diesen schäkernd
auf den Rüssel.

"Wagehals! für die Wissenschaft setzt er sein Leben
ein!" rief die älteste der Damen.

Der Elephant, angelockt vom Dufte des spanischen
Schnupftabaks, den er als Kitzel für die Zungenner-

wie gezaͤhmter Elephanten weiß, — oder nicht weiß,
und ließ ſich beſonders zart uͤber ihre maͤhrchenhafte
Schamhaftigkeit aus, wobei der Kornak ſeinem Ge-
huͤlfen Jacques unglaͤubig zulaͤchelte. Auch verſicherte
der Dozent, daß er durch haͤufige Beſuche dem Koloß
eben ſo befreundet ſei, wie der Waͤrter; daß er ſich
durchaus nicht vor ſeinen etwaigen Launen fuͤrchte.
Jch mache mich anheiſchig, ſagte er, wobei er eine
reichliche Priſe Spaniol ſchluͤrfte, jede ſeiner Uebungen
mit ihm vorzunehmen.

„Um Gotteswillen!“ baten die Damen, welche
aͤngſtlich flehend ihre Haͤnde erhoben: „Herr Profeſſor,
ſein Sie nicht allzukuͤhn!“

Doch der Profeſſor wollte darthun, daß er Muth
beſitze. Er ſchob die goldene Tabatière, das Geſchenk
eines juͤngſten Sohnes, von dem juͤngſten Sohne
eines apanagirten Prinzen, dem er ein Privatiſſimum
uͤber Naturkunde geleſen, in die Taſche; naͤherte ſich
luſtig dem Elephanten und klopfte dieſen ſchaͤkernd
auf den Ruͤſſel.

„Wagehals! fuͤr die Wiſſenſchaft ſetzt er ſein Leben
ein!“ rief die aͤlteſte der Damen.

Der Elephant, angelockt vom Dufte des ſpaniſchen
Schnupftabaks, den er als Kitzel fuͤr die Zungenner-

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[204/0206] wie gezaͤhmter Elephanten weiß, — oder nicht weiß, und ließ ſich beſonders zart uͤber ihre maͤhrchenhafte Schamhaftigkeit aus, wobei der Kornak ſeinem Ge- huͤlfen Jacques unglaͤubig zulaͤchelte. Auch verſicherte der Dozent, daß er durch haͤufige Beſuche dem Koloß eben ſo befreundet ſei, wie der Waͤrter; daß er ſich durchaus nicht vor ſeinen etwaigen Launen fuͤrchte. Jch mache mich anheiſchig, ſagte er, wobei er eine reichliche Priſe Spaniol ſchluͤrfte, jede ſeiner Uebungen mit ihm vorzunehmen. „Um Gotteswillen!“ baten die Damen, welche aͤngſtlich flehend ihre Haͤnde erhoben: „Herr Profeſſor, ſein Sie nicht allzukuͤhn!“ Doch der Profeſſor wollte darthun, daß er Muth beſitze. Er ſchob die goldene Tabatière, das Geſchenk eines juͤngſten Sohnes, von dem juͤngſten Sohne eines apanagirten Prinzen, dem er ein Privatiſſimum uͤber Naturkunde geleſen, in die Taſche; naͤherte ſich luſtig dem Elephanten und klopfte dieſen ſchaͤkernd auf den Ruͤſſel. „Wagehals! fuͤr die Wiſſenſchaft ſetzt er ſein Leben ein!“ rief die aͤlteſte der Damen. Der Elephant, angelockt vom Dufte des ſpaniſchen Schnupftabaks, den er als Kitzel fuͤr die Zungenner-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/206>, abgerufen am 01.09.2024.