müthig dahin wandelnden und dirigirenden bon homme von Gatten das Engagement der Jartour lediglich gestattet, weil diese ihr an Teint, Fülle, Koketterie leicht besiegbar schien und weil sie der Hoffnung lebte, sie werde der Bescheidenen den Sie- geskranz eben so leicht vom Haupte reißen, als sie aus der gleichnamigen, volltönenden "Adelaide," bereits eine demüthig klingende "Adele" gemacht. Auch gab man der Armen schlechte Pferde, placirte sie unvortheilhaft, gestattete ihr nicht darzustellen was sie wünschte, kurz legte ihr jedes Hinderniß in den Weg, wodurch man aber dennoch nicht dazu gelangte, sie in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Wäh- rend die Parthei der Madame Adelaide sich bei deren erquälten und einförmigen Attitüden die Hände wund klatschte, blieb die Mehrzahl der Zuschauer kalt. Dagegen bei der Jartour, wo niemand aus dem Direktions-Winkel das Zeichen gab, erhoben sich alle Unbefangenen zu lautem, vielstimmigem Lobe.
Das ärgerte die Prinzipalin. Wäre etwas im Stande gewesen, sie abzumagern, dieser Aerger müßt' es auf die Länge gethan haben. Sie jedoch war sich am Besten bewußt, daß ihr Fleisch sie zu dem machte, was sie ihren Verehrern galt; sie wollte es a tout
muͤthig dahin wandelnden und dirigirenden bon homme von Gatten das Engagement der Jartour lediglich geſtattet, weil dieſe ihr an Teint, Fuͤlle, Koketterie leicht beſiegbar ſchien und weil ſie der Hoffnung lebte, ſie werde der Beſcheidenen den Sie- geskranz eben ſo leicht vom Haupte reißen, als ſie aus der gleichnamigen, volltoͤnenden „Adelaide,“ bereits eine demuͤthig klingende „Adele“ gemacht. Auch gab man der Armen ſchlechte Pferde, placirte ſie unvortheilhaft, geſtattete ihr nicht darzuſtellen was ſie wuͤnſchte, kurz legte ihr jedes Hinderniß in den Weg, wodurch man aber dennoch nicht dazu gelangte, ſie in der oͤffentlichen Meinung herabzuſetzen. Waͤh- rend die Parthei der Madame Adelaide ſich bei deren erquaͤlten und einfoͤrmigen Attituͤden die Haͤnde wund klatſchte, blieb die Mehrzahl der Zuſchauer kalt. Dagegen bei der Jartour, wo niemand aus dem Direktions-Winkel das Zeichen gab, erhoben ſich alle Unbefangenen zu lautem, vielſtimmigem Lobe.
Das aͤrgerte die Prinzipalin. Waͤre etwas im Stande geweſen, ſie abzumagern, dieſer Aerger muͤßt’ es auf die Laͤnge gethan haben. Sie jedoch war ſich am Beſten bewußt, daß ihr Fleiſch ſie zu dem machte, was ſie ihren Verehrern galt; ſie wollte es à tout
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[21/0023]
muͤthig dahin wandelnden und dirigirenden bon
homme von Gatten das Engagement der Jartour
lediglich geſtattet, weil dieſe ihr an Teint, Fuͤlle,
Koketterie leicht beſiegbar ſchien und weil ſie der
Hoffnung lebte, ſie werde der Beſcheidenen den Sie-
geskranz eben ſo leicht vom Haupte reißen, als ſie
aus der gleichnamigen, volltoͤnenden „Adelaide,“
bereits eine demuͤthig klingende „Adele“ gemacht.
Auch gab man der Armen ſchlechte Pferde, placirte
ſie unvortheilhaft, geſtattete ihr nicht darzuſtellen was
ſie wuͤnſchte, kurz legte ihr jedes Hinderniß in den
Weg, wodurch man aber dennoch nicht dazu gelangte,
ſie in der oͤffentlichen Meinung herabzuſetzen. Waͤh-
rend die Parthei der Madame Adelaide ſich bei deren
erquaͤlten und einfoͤrmigen Attituͤden die Haͤnde wund
klatſchte, blieb die Mehrzahl der Zuſchauer kalt.
Dagegen bei der Jartour, wo niemand aus dem
Direktions-Winkel das Zeichen gab, erhoben ſich alle
Unbefangenen zu lautem, vielſtimmigem Lobe.
Das aͤrgerte die Prinzipalin. Waͤre etwas im
Stande geweſen, ſie abzumagern, dieſer Aerger muͤßt’
es auf die Laͤnge gethan haben. Sie jedoch war ſich
am Beſten bewußt, daß ihr Fleiſch ſie zu dem machte,
was ſie ihren Verehrern galt; ſie wollte es à tout
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/23>, abgerufen am 21.11.2024.
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