Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Exklusivität gewiß behagen. Jch will's ihr so beschrei-
ben, daß sie einwilliget, sich von mir hinführen zu
lassen."


"Weh' mir, was hab' ich gethan. Und wer
konnte das ahnen?

Warum auch sitzt Herr Vlämert so fest über sei-
nem Othello, daß er selbst .... diesen Satz darf ich
nicht ausschreiben; schon indem ich ihn weiter denke,
erregt er mir Entsetzen.

Dieser geduldige, immer lächelnde Jeantet mit
seinem dicken Haarzopf! Wenn er wüßte, was er
angerichtet hat!

Madame begab sich gestern in meiner Begleitung
allein dahin, um die Kanarienvögel zu sehen. Unser
Herr hatte sich nicht bewegen lassen mitzugehen, weil
er erklärte: das wären Narrheiten. Es war in aller
Frühe, ehe noch bei uns die Kasse geöffnet wird.
Herr Jeantet wollte so gefällig sein für Madame eine
Extra-Vorstellung zu geben und deshalb befanden sich
unglücklicher Weise keine Zuschauer dort, außer uns.

Anfänglich ging Alles gut. Frau Käthchen freute
sich wie ein Kind an den allerliebsten Thieren. Sie
redete nicht; wie es überhaupt in ihrem Wesen liegt,

Exkluſivitaͤt gewiß behagen. Jch will’s ihr ſo beſchrei-
ben, daß ſie einwilliget, ſich von mir hinfuͤhren zu
laſſen.“


„Weh’ mir, was hab’ ich gethan. Und wer
konnte das ahnen?

Warum auch ſitzt Herr Vlaͤmert ſo feſt uͤber ſei-
nem Othello, daß er ſelbſt .... dieſen Satz darf ich
nicht ausſchreiben; ſchon indem ich ihn weiter denke,
erregt er mir Entſetzen.

Dieſer geduldige, immer laͤchelnde Jeantet mit
ſeinem dicken Haarzopf! Wenn er wuͤßte, was er
angerichtet hat!

Madame begab ſich geſtern in meiner Begleitung
allein dahin, um die Kanarienvoͤgel zu ſehen. Unſer
Herr hatte ſich nicht bewegen laſſen mitzugehen, weil
er erklaͤrte: das waͤren Narrheiten. Es war in aller
Fruͤhe, ehe noch bei uns die Kaſſe geoͤffnet wird.
Herr Jeantet wollte ſo gefaͤllig ſein fuͤr Madame eine
Extra-Vorſtellung zu geben und deshalb befanden ſich
ungluͤcklicher Weiſe keine Zuſchauer dort, außer uns.

Anfaͤnglich ging Alles gut. Frau Kaͤthchen freute
ſich wie ein Kind an den allerliebſten Thieren. Sie
redete nicht; wie es uͤberhaupt in ihrem Weſen liegt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="diaryEntry">
            <p><pb facs="#f0239" n="237"/>
Exklu&#x017F;ivita&#x0364;t gewiß behagen. Jch will&#x2019;s ihr &#x017F;o be&#x017F;chrei-<lb/>
ben, daß &#x017F;ie einwilliget, &#x017F;ich von mir hinfu&#x0364;hren zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</p>
          </div><lb/>
          <div type="diaryEntry">
            <dateline> <hi rendition="#et">M. vom 28. Augu&#x017F;t.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x201E;Weh&#x2019; mir, was hab&#x2019; ich gethan. Und wer<lb/>
konnte das ahnen?</p><lb/>
            <p>Warum auch &#x017F;itzt Herr Vla&#x0364;mert &#x017F;o fe&#x017F;t u&#x0364;ber &#x017F;ei-<lb/>
nem Othello, daß er &#x017F;elb&#x017F;t .... die&#x017F;en Satz darf ich<lb/>
nicht aus&#x017F;chreiben; &#x017F;chon indem ich ihn weiter denke,<lb/>
erregt er mir Ent&#x017F;etzen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er geduldige, immer la&#x0364;chelnde Jeantet mit<lb/>
&#x017F;einem dicken Haarzopf! Wenn er wu&#x0364;ßte, was er<lb/>
angerichtet hat!</p><lb/>
            <p>Madame begab &#x017F;ich ge&#x017F;tern in meiner Begleitung<lb/>
allein dahin, um die Kanarienvo&#x0364;gel zu &#x017F;ehen. Un&#x017F;er<lb/>
Herr hatte &#x017F;ich nicht bewegen la&#x017F;&#x017F;en mitzugehen, weil<lb/>
er erkla&#x0364;rte: das wa&#x0364;ren Narrheiten. Es war in aller<lb/>
Fru&#x0364;he, ehe noch bei uns die Ka&#x017F;&#x017F;e geo&#x0364;ffnet wird.<lb/>
Herr Jeantet wollte &#x017F;o gefa&#x0364;llig &#x017F;ein fu&#x0364;r Madame eine<lb/>
Extra-Vor&#x017F;tellung zu geben und deshalb befanden &#x017F;ich<lb/>
unglu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e keine Zu&#x017F;chauer dort, außer uns.</p><lb/>
            <p>Anfa&#x0364;nglich ging Alles gut. Frau Ka&#x0364;thchen freute<lb/>
&#x017F;ich wie ein Kind an den allerlieb&#x017F;ten Thieren. Sie<lb/>
redete nicht; wie es u&#x0364;berhaupt in ihrem We&#x017F;en liegt,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0239] Exkluſivitaͤt gewiß behagen. Jch will’s ihr ſo beſchrei- ben, daß ſie einwilliget, ſich von mir hinfuͤhren zu laſſen.“ M. vom 28. Auguſt. „Weh’ mir, was hab’ ich gethan. Und wer konnte das ahnen? Warum auch ſitzt Herr Vlaͤmert ſo feſt uͤber ſei- nem Othello, daß er ſelbſt .... dieſen Satz darf ich nicht ausſchreiben; ſchon indem ich ihn weiter denke, erregt er mir Entſetzen. Dieſer geduldige, immer laͤchelnde Jeantet mit ſeinem dicken Haarzopf! Wenn er wuͤßte, was er angerichtet hat! Madame begab ſich geſtern in meiner Begleitung allein dahin, um die Kanarienvoͤgel zu ſehen. Unſer Herr hatte ſich nicht bewegen laſſen mitzugehen, weil er erklaͤrte: das waͤren Narrheiten. Es war in aller Fruͤhe, ehe noch bei uns die Kaſſe geoͤffnet wird. Herr Jeantet wollte ſo gefaͤllig ſein fuͤr Madame eine Extra-Vorſtellung zu geben und deshalb befanden ſich ungluͤcklicher Weiſe keine Zuſchauer dort, außer uns. Anfaͤnglich ging Alles gut. Frau Kaͤthchen freute ſich wie ein Kind an den allerliebſten Thieren. Sie redete nicht; wie es uͤberhaupt in ihrem Weſen liegt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/239
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/239>, abgerufen am 18.05.2024.